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Die Leichenstadt

Die Leichenstadt

Titel: Die Leichenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Angst haben müssen, aber mein Leben war nicht unmittelbar bedroht, und bei mir siegte, ehrlich gesagt, auch die Neugierde. Ich hatte viel von den Großen Alten gehört und wollte endlich wissen, woran ich bei ihnen war.
    Die nahe Zukunft würde es zeigen.
    Fast in Griffweite lag das Ufer des Sees vor uns. Noch ein paar Sekunden, dann würde unser Boot auflaufen.
    Schon schabte der Kiel des Nachens über den Sand. Wir hörten das knirschende Geräusch, es gab einen Ruck, dann konnten wir an Land klettern.
    Doreen Delano stand zuerst auf. Der Nachen schaukelte ein wenig, als sie leichtfüßig an Land sprang.
    Ich folgte ihr gemächlicher. Als ich meine Füße auf den Strand setzte, spürte ich schon die unheimliche Bedrohung.
    Sie lauerte überall in dieser Höhle, war wie ein gefräßiges Tier, das seinen Rachen bereits aufgerissen hatte und nur auf den günstigen Moment wartet, um zuschnappen zu können.
    Ich dachte wieder an die Spinnen und an den gefährlichen Treibsand, aus dem mich Doreen befreit hatte, doch hier brauchte ich diese Befürchtung nicht zu haben, ich konnte normal laufen und schaute Doreen entgegen, die nach ein paar Schritten stehengeblieben war und sich umgedreht hatte.
    »Weshalb zögerst du?«
    Ich blieb stehen und ließ die Arme locker am Körper herabhängen. »Ich fragte mich, weshalb ich noch lebe und nicht so geworden war wie die anderen.«
    »Deshalb«, erwiderte sie, streckte den rechten Arm aus und deutete auf meine Brust, wo das Kreuz hing.
    »Schützt es mich?«
    »Ja, es liegt gewissermaßen ein magischer Schirm um deine Person. Sonst könntest du das grüne Licht nicht aushalten, das dich schon die ganze Zeit über umgibt.«
    »Das ist wahr.« Nach diesen Worten bückte ich mich, schob meine rechte Hand in den Sand und ließ ihn durch meine Finger rieseln. Er war sehr fein und fiel wie Staub dem Boden entgegen.
    »Komm mit, John Sinclair, die Gräber warten!«
    Da hatte Doreen die richtigen Worte gefunden. Es warteten die Gräber. Hoffentlich nicht auf mich.
    Wir gingen.
    Tatsächlich wuchtete sich geradeaus die Felswand in die Höhe, aber vor ihr, da sah ich gewaltige Klötze. Man konnte sie als riesige, viereckige Kästen aus Stein bezeichnen, auf denen eine ungeheuer schwere und dicke Platte lag.
    Die Kästen standen nebeneinander. Sie bildeten eine lange Reihe. Ich wollte sie zählen und bekam sie nicht einmal in mein Blickfeld, so groß und lang war die Reihe.
    »Es sind sechs«, sagte Doreen Delano.
    »Und darin liegen die Großen Alten?«
    »Ja, ihr Geist ist dort begraben, damit er die Unendlichkeit überlebt«, erwiderte sie philosophisch. Mit dieser Antwort konnte ich wirklich nicht viel anfangen und folgte der Frau, die sich nach rechts gewandt hatte, um die Reihe der Gräber abzugehen. Vor dem letzten blieb sie stehen.
    »Fangen wir hier an?«
    Sie nickte, drehte sich um, ging einige Schritte zurück und winkte dann mit beiden Händen. Gefahr!
    Ich glaubte fest daran, denn die Bewegungen der Frau erinnerten mich an Signale.
    Es waren auch welche, und sie galten meinen vier besonderen Freunden - den Hütern der Leichenstadt!
    ***
    Sie waren also noch da. Wie hätte ich je etwas anderes annehmen können. Und sie traten aus dem Schatten dieser riesigen Wand, wo sie gelauert haben mußten.
    Dabei hatten sie sich so verteilt, daß sie zwischen dem ersten und dem letzten Grab standen.
    Der Schädel des Flammenkopfes leuchtete innerhalb des grünen Lichtscheins seltsam fahl. Von seinem Gesicht konnte ich nichts sehen. Es lag im Widerschein des Feuers.
    Ein Stück weiter sah ich den Mann, durch dessen Körper die Knochen grün schimmerten, und neben ihm stand das Wesen mit den rötlichblonden Haaren, dem Fellkörper und der dunklen Brille, die auf dem gesichtslosen Gegenstand saß, der wohl seinen Kopf darstellen sollte.
    Auch den vierten sah ich. Halb Mensch, halb Raubtier. Die glühenden Augen überstrahlten selbst den grünen Schein. Sein Gebiß leuchtete, und er stand zum Sprung geduckt in der Wand.
    Diese vier gefährlichen Dämonen hüteten nicht nur die Leichenstadt selbst, sondern auch die Gräber der Großen Alten. Sie achteten darauf, daß nur der die Grabstätten erreichen konnte, der auch würdig genug war.
    Oder sterben sollte!
    Meine Blicke glitten von einem zum anderen. Damals in Spanien, da hatte ich wirkliche Angst verspürt. Hier seltsamerweise nicht. Vielleicht deshalb, weil ich mich an diese Dimension schon zu sehr gewöhnt hatte, und mir auch das Auftreten

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