Die Leichenstadt
nickte mir zu.
Ja, ich war hier und wollte die Gelegenheit nutzen. Langsam ging ich vor, wurde dann in meinen Bewegungen schnell, als ich rasch die Kette mit dem Kreuz über meinen Kopf streifte.
»Was soll das?« schrie sie.
Ich gab keine Antwort, stand bereits an dem Sarg, beugte mich vor und streckte gleichzeitig auch das Kreuz über den Rand des gewaltigen Steinsarkophags.
Ein Stöhnen drang mir aus der dunklen, unheilschwangeren Tiefe entgegen. So etwas hatte ich noch nie in meinem Leben gehört. Was dort begraben lag, konnte ich nicht erkennen, nur entfernt glaubte ich, ein unheimliches Glosen zu sehen, das mich an ein gewaltiges Auge erinnerte.
»Der Namenlose wird dich…« Weiter sprach Doreen nicht, denn plötzlich reagierte mein Kreuz. Ohne daß ich etwas gesagt hatte, spalteten sich mehrere Blitze ab, fuhren in das über der Platte liegende blaue Licht hinein und neutralisierten es. Die Platte fiel nach unten.
Und ich stand genau im Weg!
***
»Das darf doch nicht wahr sein. Ihr?« Suko war echt überrascht, und er zeigte dies auch.
Beide nickten. Kara schritt vor, und Myxin, der kleine Magier, schloß die Tür.
Schwester Bonifatia war völlig aus dem Häuschen. Sie schüttelte verständnislos den Kopf, rieb sich über die Augen und konnte einfach nichts begreifen. Zu seltsam kam ihr alles vor, und zu seltsam waren auch die beiden Neuankömmlinge.
Da sah sie einmal die Frau. Eine schöne Frau mit einem schmalen Gesicht, langen dunklen Haaren und faszinierenden Augen, die rechts und links der beiden hochstehenden Wangenknochen aus der hellen Haut leuchteten. Damit die Haare nicht in das Gesicht fielen, hatte die Frau sich ein goldenes Stirnband umgeschlungen, das die schwarze Flut zusammenhielt. Sie trug ein grünes Kleid, das bis auf die Knöchel reichte und wie mehrere aufeinandergelegte Schärpen den gesamten Körper bedeckte. In Höhe der Taille wurde es von einem Gürtel gehalten. Den Gürtel zierte eine Scheide, und aus ihr ragte der Griff eines schmalen, leicht gebogenen Schwerts.
Ihr Begleiter war kleiner. Er trug einen dunklen Mantel. Den Gesichtsausdruck konnte man als offen und ehrlich bezeichnen, das Gesicht wirkte ein wenig spitz, und die Haare waren dunkel, ebenso die Augen. Zudem schimmerte die Haut des Mannes ähnlich wie das Licht, das sich in den Tunnel zurückgezogen hatte.
Schwester Bonifatia wandte sich an Suko. »Wer… wer sind die beiden?«
»Zwei sehr gute Freunde von mir.«
»Aber ihre Aufmachung…«
Da lachte der Inspektor und unterbrach somit die Schwester. »In der Tat ist sie ein wenig seltsam, aber die beiden Wesen vor ihnen, Kara und Myxin, haben schon vor mehr als 10 000 Jahren in Atlantis gelebt. Nur ist er damals in einen langen, langen Schlaf versetzt worden, aus dem John Sinclair und ich ihn erst vor wenigen Jahren weckten.«
»Ein Magier?« hauchte die Schwester. »Und die Frau ist über 10 000 Jahre alt? Ich… ich begreife das nicht.« Sie ging rückwärts und ließ sich auf einen Stuhl fallen. »Das muß ein Traum sein, aber…«
»Nehmen Sie es so, wie es ist, meine Liebe«, sagte Suko mit ruhiger Stimme. »Kara und Myxin sind Gegner des Bösen, das müßte Ihnen genügen, um sie als Freunde anzusehen.«
»Natürlich…«
Für Suko war die Vorstellung der Freunde damit erledigt. Er gab beiden die Hand, verbunden mit einem hörbaren Aufatmen. »Es ist bestimmt kein Zufall, daß ihr hergekommen seid - oder?«
»Nein, das nicht.«
»Und woher kamt ihr?«
Myxin, der auch die erste Antwort gegeben hatte, sagte: »Die flammenden Steine gaben uns die Warnung.«
»Wieso?«
Diesmal sprach Kara. »Sie glühten plötzlich auf, für uns war es ein Beweis, daß magische Kräfte freigeworden waren. Ich führte sofort eine Beschwörung durch, spürte selbst die starke Magie und konnte feststellen, daß es eine Dimensionsüberlappung gegeben hatte, ausgelöst durch eine Person, die mit anderen Personen in einer fremdem Dimension Kontakt aufnahm.«
»Jennifer!« stieß Suko hervor.
»Wie?«
»Sie hat den Kontakt zu ihren Eltern aufgenommen, die in der Leichenstadt gefangen sind.«
»Die Leichenstadt!« hauchte Kara. »Ich habe es geahnt. Sie ist sichtbar geworden.« Blitzschnell schob sie Suko zur Seite und schaute auf die Öffnung in der Wand. »Da liegt der Weg zu ihr!«
Für einen Moment schloß der Chinese die Augen. »Du meinst also, daß wir in die Leichenstadt gelangen, wenn wir in diesen Dimensionstunnel hineingehen?«
»So ist
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