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Die Leiden eines Chinesen in China

Die Leiden eines Chinesen in China

Titel: Die Leiden eines Chinesen in China Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Wahrscheinlich aber zerstreute der bald in Form einer halben Scheibe aufgehende Mond die seinen Dünste und beleuchtete die ganze Umgebung.
    »Die Dschonke ist fern von uns! meldete Fry.
    – Die Schurken schlafen noch, meinte Craig, und werden nicht daran gedacht haben, die Brise zu benützen.
    – Wenn es Ihnen beliebt?« erinnerte Kin-Fo, indem er die Schote anzog und das Segel wieder in den Wind brachte.
    Die Anderen folgten seinem Beispiele und schwammen, getrieben von dem etwas kräftigeren Winde, in der früheren Richtung weiter.
    Sie segelten nach Westen. Der im Osten aufgehende Mond konnte ihre Augen also nicht unmittelbar treffen; er mußte aber mit seinen ersten Strahlen den gegenüberliegenden Horizont erleuchten, und ihnen lag natürlich weit mehr daran, den letzteren genau erkennen zu können. Vielleicht zeigte er doch statt der Kreislinie an der Grenze zwischen Himmel und Wasser ein unebenes Profil mit helleren und dunkleren Stellen. Die Skaphander hofften, sich darüber nicht täuschen zu können. Sie konnten ja nichts anderes vor sich haben als die Küste des Himmlischen Reiches, und wo sie daselbst auch landeten, überall winkte ihnen die Rettung. Die Küste ist übrigens offen und hat fast gar keine Brandung.
    Eine Gefahr beim Landen hatte man also nicht zu fürchten. Einmal am Ufer, wollte man sich dann überlegen, was weiter zu thun sei.
    Gegen drei Viertel zwölf Uhr durchdrang ein schwacher Lichtschein die Dünste am Zenith. Das Viertel des Mondes stieg langsam über die Wasserlinie empor.
    Weder Kin-Fo, noch einer seiner Gefährten wandte sich nach rückwärts. Die noch mehr zunehmende Brise, welche den Himmel reinigte, trieb sie ja mit einer gewissen Geschwindigkeit dahin. Sie bemerkten aber, daß es allmälich heller wurde.
    Gleichzeitig erschienen die Sternbilder deutlicher. Der Wind verjagte den Nebel und die Wellen spielten lebhafter um die Kopftheile der Skaphander.
    Bald erleuchtete die Mondscheibe, von der kupferrothen Farbe in’s Weißliche übergehend, den ganzen Himmel.
    Plötzlich entfuhr Craig’s Munde ein kräftiger amerikanischer Fluch:
    »Da ist die Dschonke!« rief er.
    Alle hielten an.
    »Die Segel herunter!« befahl Fry.
    Sofort sanken die vier Focksegel herab und die Stöcke wurden aus den Dillen genommen.
    Kin-Fo und seine Begleiter richteten sich auf und sahen hinter sich.
    Da trieb die »Sam-Yep« kaum eine Meile von ihnen entfernt, mit allen Segeln, wie ein schwarzes Gespenst am erleuchteten Horizont.
    In der That, das war die Dschonke! Auch sie hatte die günstige Brise nicht ungenützt gelassen. Kapitän Yin mochte das Verschwinden Kin-Fos bemerkt haben, ohne zu begreifen, wie es ihm möglich geworden sei, zu entfliehen. Jedenfalls versuchte er jetzt, in Uebereinstimmung mit seinen Spießgesellen aus dem Raume, auf gut Glück den Flüchtling wiederzufinden, und vor Ablauf einer Viertelstunde konnten Kin-Fo, Soun, Craig und Fry den Räubern wieder in die Hände gefallen sein.
    Immerhin war kaum anzunehmen, daß sie bei dem Mondlichte, das auf der Wasserwüste ruhte, schon gesehen worden seien.
    »Die Köpfe herunter!« rief Craig, der durch dieses Mittel noch entrinnen zu können hoffte.
     

    »Dieser Schurke von Kapitän!« (S. 178.)
     
    Man verstand ihn. Sofort ließ man aus dem Apparate einen Theil der Luft entweichen und die vier Skaphander sanken um so viel tiefer, daß nur noch der Kopf mit der Kappe darüber das Wasser überragte. Nun galt es, sich still zu verhalten und auf jede Fortbewegung zu verzichten.
    Die Dschonke näherte sich sehr schnell. Ihre hohen Segel warfen einen schwarzen Schlagschatten auf das Wasser.
     

    Alle flossen neben einander hin. (S. 181.)
     
    Nach fünf Minuten war die »Sam-Yep« kaum noch eine halbe Meile entfernt. Auf dem Verdeck liefen die Matrosen hin und her. Am Achter stand der Kapitän selbst am Steuer. Hatte er wirklich die Absicht, die Flüchtlinge zu verfolgen, oder suchte er sich nur am Winde zu erhalten? Niemand vermochte das zu entscheiden. Plötzlich vernahm man lautes Geschrei. Auf dem Deck der »Sam-Yep« erschienen eine Menge Menschen. Der Lärm nahm zu.
    Offenbar handelte es sich um einen Kampf zwischen den falschen Todten aus dem Raume und der Mannschaft des Schiffes.
    Warum entstand aber dieser Kampf? Sollten die Spitzbuben, die Matrosen und Seeräuber, doch nicht unter einer Decke stecken?
    Deutlich hörten Kin-Fo und seine Genossen einerseits wildes Zurufen, andererseits schmerzliches, verzweifelndes

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