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Die Leidenschaft des Cervantes

Die Leidenschaft des Cervantes

Titel: Die Leidenschaft des Cervantes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaime Manrique
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der im Mittelmeer Jagd auf Sklaven machte. Selbst die Tapfersten unter uns bekamen es mit der Angst zu tun. Kapitän Arana befahl, an seinem Posten stehend: »Alle Frauen und Kinder müssen sofort ihre Kabinen unter Deck aufsuchen und die Türen verriegeln. Und um der Liebe Gottes willen«, fuhr er fort, »ich bitte Euch, sie verriegelt zu lassen. Öffnet sie erst, wenn unser Schicksal entschieden ist und Ihr Anweisungen von unseren Leuten bekommt.«
    Die Frauen packten ihre Kinder und stürzten mit rauschenden Kleidern in ihre Kajüten, dabei riefen sie: »Beschütze uns, heilige Muttergottes! Heilige Jungfrau Maria, verlass uns nicht!«
    Wir griffen nach unseren Pistolen, machten die Musketen schussbereit, schwangen Dolche und zogen die Schwerter aus der Scheide, um uns, unsere Frauen und Kinder zu verteidigen. Ich drehte mich zu Rodrigo. »Wenn es zum Kampf kommt, lass uns zusammenbleiben«, sagte ich. Die Aussicht auf ein Gefecht begeisterte meinen Bruder mehr, als dass sie ihm Angst bereitete. Er war zum Soldaten geboren. In seinen Pupillen funkelte das Feuer, das ich bei Schlachten in den Augen vieler Soldaten gesehen hatte. Die Cervantes waren allesamt heißblütig, impulsiv und leicht erregbar, aber Rodrigo war der Furchtloseste von uns allen. Die Vorstellung, in einer Schlacht zu sterben, erschreckte ihn nicht. Er war jung, gesund und kräftig und konnte sich besser verteidigen als ich, dennoch erwachte in mir der Beschützerinstinkt. »Selbst mit meinem nutzlosen Arm bekämpfe ich die Korsaren bis auf den Tod«, schwor ich mir.
    Unter Deck befahl der Bootsmann den Ruderern, schneller und noch schneller zu rudern, um den Abstand zwischen uns und den Algeriern zu vergrößern, und tatsächlich entfernten wir uns von ihnen. Gerade, als es den Anschein hatte, dass wir den Korsaren entkommen und nicht gekapert würden, feuerten sie zwei gewaltige Kanonen ab. Der erste Schuss verfehlte unser Schiff zwar, aber der zweite traf den Mast, der in der Mitte entzweibarst. Brauner Rauch stieg auf und ließ uns alle keuchend nach Luft ringen, dennoch gelang es uns zu rufen: »Für Christus! Für die einzig wahre Religion! Für die Ehre des Königs! Für Spanien!« Zwei unserer Männer lagen erschlagen unter dem abgebrochenen Mast in einer Lache von grellrotem Blut, in der ihre Eingeweide trieben. Vor meinem inneren Auge zogen Bilder von Lepanto vorbei.
    Die Algerier ließen eine Flottille von Booten zu Wasser, besetzt mit Hunderten von Männern, die wild auf uns zuruderten. Die fünfzig Mann, die zur Verteidigung der Sol zur Verfügung standen, hatten keine Chance gegen das Heer von Korsaren, das auf uns zuhielt. Wir würden niedergemetzelt werden.
    Kapitän Aranas volltönende Stimme erhob sich über den Tumult unserer Leute: »Widersetzt euch nicht. Wenn wir uns wehren, schlachten sie uns alle ab. Wir sind in der Unterzahl. Hört auf mich, wehrt euch nicht.«
    Ein paar Stimmen riefen: »Lieber tot als ein Sklave!«
    Kapitän Arana wiederholte flehentlich: »Um der Frauen und Kinder willen, wehrt euch nicht. Um der Unschuldigen willen müssen wir uns ergeben. Betet zu unserem Herrn Jesus Christus, er möge uns gnädig sein. Das ist unsere einzige Rettung.«
    Ohne auf Widerstand zu stoßen, enterten die Korsaren El Sol und brüllten: »Tod den Christen! Jetzt seid ihr unsere Sklaven!«, verfluchten das Christentum und König Felipe. Während wir Männer im Kreis zusammengetrieben wurden, bellte ein Abtrünniger, der Spanisch sprach: »Wenn euch euer Leben lieb ist, werft eure Waffen zu Boden. Dieses Schiff untersteht jetzt dem Kommando von Arnaut Mamí. Von jetzt an seid ihr sein Besitz.«
    Mamí war ein Albaner und im ganzen Mittelmeer berüchtigt wegen seiner barbarischen Grausamkeit. Unter seinen Korsaren war er unschwer auszumachen: Er überragte die meisten von ihnen um Haupteslänge, war stämmig, hatte langes, blondes Haar und große, blaue Augen, die wie Eis wirkten. Seine Lippen waren zu einem hämischen Grinsen verzogen. Während er in schlechtem Spanisch Beleidigungen knurrte, packte er zwei junge Besatzungsmitglieder aus unserer Mannschaft, zog seinen Krummsäbel aus der Scheide und trieb dem Einen die Spitze in die Kehle. Als der Matrose in einem Schwall Blut aufs Deck fiel, zog Arnaut Mamí seinen Säbel heraus und köpfte den sterbenden Jungen mit einem Streich. Den zweiten Matrosen – der sich vor Benommenheit nicht vom Fleck gerührt hatte – ereilte das gleiche Schicksal. Dann stieß Mamí die Köpfe

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