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Die leise Stimme des Todes (German Edition)

Die leise Stimme des Todes (German Edition)

Titel: Die leise Stimme des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kenlock
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kommen, Blut zu spenden oder einen Organspenderausweis auszufüllen. Allein seine Angst, sich bei einer Blutspende mit Aids zu infizieren, grenzte schon an eine Phobie.
    Mark ging zum Fenster hinüber, stützte sich auf die Fensterbank und starrte in die hereinbrechende Nacht hinaus. Noch war es hell genug, dass er bis zum NKD-Kaufhaus hinübersehen konnte, aber bald würde die Dunkelheit ein samtenes Tuch über die Stadt legen.
    Pauls Worte kreisten noch immer in seinem Kopf. Aus irgendeinem Grund, den Mark nicht verstand, hatten sie etwas in ihm zum Vibrieren gebracht. Er konnte es nicht fassen, nicht die Hand darauf legen, aber es war da - eine Antwort auf seine Fragen. Mark kam sich vor wie ein Teilnehmer bei einer Gameshow, den man aufgefordert hatte, seine Hand in einen Kasten zu stecken und den dort befindlichen Gegenstand durch Abtasten zu erraten.
    Letztendlich gibt es immer etwas, um das einen jemand beneidet, nur weiß man nichts davon. Neid ist ein Gefühl, das im Stillen blüht.
    Es war ein Spiel, bei dem man Wichtiges von Unwichtigem trennen musste. Mark begann es zu spielen. Und dann lag es vor ihm.
    Jemand ... Neid ...
    Du bist der erste Organspender, den ich kennen lerne.
    Er hielt erschrocken die Luft an.
    Konnte es sein? Wollte man ihn töten, um an seine Organe zu kommen? Verrückt! Vollkommen absurd! Aber zum ersten Mal, seit dem Unfall mit dem Lieferwagen, ergab alles einen Sinn!
    Er besaß nichts, das für jemand anderes von Wert sein konnte - außer seinem Körper. Seine Blutgruppe war selten und er befand sich in einem guten Gesundheitszustand.
    Mark ließ seinen Blick über die Hausdächer wandern. Vielleicht gab es dort draußen jemanden, der die gleiche seltene Blutgruppe wie er selbst hatte, todkrank war und dringend eine Transplantation benötigte, um zu überleben. Vielleicht konnte und wollte dieser Jemand nicht warten, bis auf «normale» Art und Weise ein Spenderorgan für ihn bereitstand, und hatte beschlossen, dafür zu sorgen, dass er sein neues Herz oder seine neue Niere oder was auch immer auf der Stelle erhielt.
    Je länger sich Mark an diesem Gedanken festbiss, desto überzeugender erschien er ihm. Das Abhörmikrofon, mit dem man jeden seiner Schritte überwachte. Die als Unfälle getarnten Mordversuche. Jetzt war auch klar, warum ihm die andere Seite nicht einfach eine Kugel in den Kopf jagte. Wenn sein Tod als Mord erkannt wurde, würde die Polizei seinen Körper als Beweismittel ansehen. Eine Autopsie würde vorgenommen werden müssen, er kam als Organspender nicht mehr in Frage. Wenn er mit seiner Theorie recht hatte, dann galt es für die andere Seite um jeden Preis zu vermeiden, dass sein Tod als etwas anderes als ein Unfall betrachtet wurde. Und noch ein Umstand war für sie wichtig: Er musste so sterben, dass seine inneren Organe keinen Schaden nahmen, denn sonst wäre alles vergebens gewesen.
    Der Anschlag im Hallenbad war clever gewesen. Ein Schlag auf den Kopf, das Opfer ertrank und alle Organe blieben im bestmöglichen Zustand. Der inszenierte Zusammenstoß mit dem Lieferwagen war da schon sehr viel heikler gewesen.
    Das Organ, hinter dem sie her waren, konnte also nicht eine Niere, Leber oder Ähnliches sein. Bei einem so heftigen Zusammenprall hätte er sich eine Niere quetschten oder einen Leberriss zuziehen können. Welches Organ konnte es sonst sein?
    Das Herz! Es musste das Herz sein! Dieses entscheidende Organ lag gut geschützt hinter einem stabilen Ring aus Rippen, dem Brustkorb.
    „Das ist es!“, sagte er laut zu sich selbst.
    Während er weiter über seine Theorie nachdachte, wanderte sein Blick über die Fassade des Nachbarhauses. Zunächst bemerkte er es nicht, aber dann fiel ihm auf, dass sich etwas verändert hatte.
    Die Gardinen hinter dem Fenster der gegenüberliegenden Wohnung waren verschwunden.
     
    Der Mann, der die Gardinen abgenommen und alle Spuren aus der leer stehenden Wohnung entfernt hatte, die beweisen konnten, dass der Raum als Beobachtungsposten benutzt worden war, trieb fünfzehn Kilometer außerhalb von München mit dem Gesicht nach unten in einem Baggersee. Vasec Fric war tot.
    Seine Stirn zierte ein hässliches Loch, aus dem noch immer Blut in das Wasser floss und seinen Körper mit einem hellroten Schleier umgab. Die Polizei würde den Ermordeten am nächsten Morgen bergen, nachdem ein Angler die Leiche entdeckt hatte. In der Pathologie würde man anhand der Schmauchspuren auf der Kopfhaut feststellen, dass es sich um eine

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