Die leise Stimme des Todes (German Edition)
Kontaktwunde handelte. Der polizeilich nicht registrierte Fremde ohne Ausweispapiere war offensichtlich hingerichtet worden. Die einzigen Hinweise, die die Untersuchung des Leichnams erbringen würde, waren die miserablen Amalgamplomben und die schlecht behandelten Zähne, aus denen man schloss, dass es sich bei dem Toten um einen Bürger eines ehemaligen Ostblocklandes handelte. Ein Projektil würde aus dem Kopf des Opfers geborgen, aber die Kugel wäre dermaßen deformiert, dass man sich nicht einmal über das Kaliber der verwendeten Waffe sicher sein konnte. Eventuell eine .38er. Mehr sollte die Polizei niemals erfahren. Der Fall würde zu den Akten gelegt werden.
Fric hatte in letzter Zeit zu viele Fehler gemacht. Man hatte ihn erschossen und dafür gesorgt, dass es keine verwertbaren Spuren gab.
11. Kapitel
Das Telefon schnarrte und riss Katherine aus ihren Gedanken.
„Dr. Tallet“, meldete sie sich.
„Hallo, Katherine“, sagte eine nur allzu bekannte Stimme.
„Hallo, Vater.“
Katherine fiel plötzlich ein, dass er heute Geburtstag hatte.
„Ich wünsche dir alles Gute zum Geburtstag.“ Die Worte klangen kläglich und steigerten ihre Scham zusätzlich.
„Danke. Hast du es dir noch einmal überlegt?“
Plötzlich war da der Wunsch, allem zu entfliehen, ihre Grübeleien hinter sich zu lassen und mit jemandem zu sprechen, der von Medizin keine Ahnung hatte.
„Ja! Ich würde mich gern mit dir treffen“, sagte sie leise.
„Ein schöneres Geschenk kannst du mir gar nicht machen.“ Die Freude in seiner Stimme rührte Katherine. „Sollen wir essen gehen?“
Allein der Gedanke ließ ihren Magen knurren. Sie hatte seit dem Frühstück nichts mehr zu sich genommen.
„Sehr gern. Wohin möchtest du?“
„Entscheide du.“
„Gut. Was hältst du vom Da Domenico ?“
Katherine überlegte, ob ihr der Name etwas sagen sollte und glaubte, sich an ein gemütliches italienisches Restaurant zu erinnern.
„In Ordnung. Um acht?“
„Soll ich dich abholen?“
„Nein, ich bin in der Stadt. Treffen wir uns dort.“
„Ich freue mich.“
„Ich mich auch“, antwortete Katherine und bemerkte zu ihrer eigenen Überraschung, dass es die Wahrheit war.
„Es läuft nicht gut“, fauchte Gaster. Sein Gesicht schwebte nur wenige Zentimeter vor Rico Sandens Augen. Der Geruch von Pfefferminzpastillen drang in dessen Nase. „Es läuft überhaupt nicht gut.“
Sanden versuchte, sich seinen Ekel nicht anmerken zu lassen und ruhig zu bleiben.
„Fric hat versagt.“
Gaster rückte noch näher. Sein Finger bohrte sich in Sandens Brust.
„ Du hast versagt! Fric war dein Mann. Du hast ihn angeschleppt und behauptet, er wäre ein Profi. Seit geraumer Zeit baust du nur Scheiße!“
Die Wände des Hotelzimmers, in dem sie sich wie üblich trafen, rückten in weite Ferne und nur noch Gaster füllte sein Sichtfeld aus. Rico Sanden konnte jede Pore, jede Unreinheit in der Haut des anderen wahrnehmen. Er fühlte sich abgestoßen und fasziniert zugleich. Niemals zuvor war ihm Gaster so nahe gekommen. Die winzigen Details machten ihn zu einem menschlichen Wesen und weniger Furcht einflößend. Menschen konnte man töten, und Sanden hatte schon oft getötet. Meistens für Geld, aber wenige Male auch aus purem Vergnügen. Er dachte an die junge thailändische Prostituierte, die er in Köln erdrosselt hatte, und der Gedanke ließ einen Schauer über seinen Rücken laufen.
„Keller stirbt noch in dieser Woche. Ich werde persönlich dafür sorgen, dass nichts schief geht.“
„Ach ja? Das hast du das letzte Mal auch behauptet.“
„Willst du es tun?“
Er wusste, das Gaster so etwas nicht bringen würde. Thomas Gaster war einer der Drahtzieher der Organisation. Der Mann, der die Absprachen mit den Kunden traf. Die Schmutzarbeit überließ er anderen.
„Dein Ton gefällt mir nicht“, zischte Gaster. Auf seiner Stirn erschien ein Schweißtropfen, der langsam zur Nasenspitze hinunter rann.
Sanden spürte, dass er zu weit gegangen war. Eines Tages würde es zu einer Konfrontation zwischen ihnen beiden kommen, das ahnten beide, aber nicht heute. Sanden erhob sich aus dem Sessel, indem er sich fast um den anderen herumwand.
„Ich habe zu tun.“
Gaster fühlte, dass er für heute den Sieg davongetragen hatte, und genoss seinen Triumph.
„Tu es gut!“
Mark hatte zwei Stunden damit zugebracht, seine Wohnung nach weiteren Wanzen abzusuchen, war aber nicht fündig geworden. Inzwischen stand fast kein
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