Die leise Stimme des Todes (German Edition)
anstrengend, und wir sollten ausgeruht sein. Außerdem könnte ich ein wenig Schlaf gebrauchen.“
„Schmerzt deine Wunde?“
„Etwas“, gab Mark zu.
„Ich könnte dir ein Schmerzmittel verabreichen.“
Er schüttelte energisch den Kopf. „Nein, zu viele Medikamente würden mich benommen machen. Für das, was wir vorhaben, brauche ich einen klaren Verstand. Lass uns schlafen.“
„Es gibt hier nur ein Bett.“
Mark schlug die Decke einladend zurück. „Dann werden wir es uns teilen müssen.“
Die Nacht brach langsam herein. Mark lag auf dem Rücken. Einen Arm hinter dem Kopf, starrte er im Halbdunkel zur Decke und ließ seinen Gedanken freien Lauf. Neben ihm atmete Katherine leise und regelmäßig. Sie hatte sich wie ein kleines Kind zusammengerollt. Von Zeit zu Zeit bewegte sie sich unruhig, dann fragte sich Mark, ob sie unter Albträumen litt, aber meistens lag sie ruhig neben ihm.
Mark dachte an die Ereignisse der letzten Wochen, die ihn schließlich hierher gebracht hatten. So vieles war geschehen. Nun lag er auf einem Bett, neben einer Frau, die er erst Stunden zuvor kennengelernt hatte, und plante einen Einbruch. Sein Leben stand Kopf.
Sein Verhältnis zu Paul hatte sich verändert und würde nie mehr so sein wie zuvor. In der Stunde der Not hatte ihre Freundschaft die Prüfung nicht bestanden, aber Mark grollte ihm nicht. Vielleicht hätte ich mich genauso verhalten, dachte er. Es wird sich zeigen, ob es für uns noch einen gemeinsamen Weg gibt.
Aber nicht nur Beziehungen mussten neu überdacht werden, es war sein ganzes Leben, das sich durch die Ereignisse verändert hatte und das neu gelebt werden wollte.
„Schläfst du?“, fragte eine Stimme leise neben ihm.
Mark wandte Katherine den Kopf zu, konnte aber nur einen Teil ihres Gesichtes ausmachen. Ihre Augen betrachteten ihn seltsam, fast so, als sähe sie ihn zum ersten Mal.
„Nein. Mir geht zu vieles durch den Kopf.“
„Mhm“, machte sie.
„Und du? Kannst du nicht schlafen?“, fragte er.
„Ich habe ein wenig gedöst, aber so richtig schlafen konnte ich nicht. Wieviel Uhr ist es?“
Mark blickte auf die Leuchtziffern seiner Armbanduhr. „Kurz nach zehn.“
Mark legte seinen Arm um sie und dann geschah etwas Wunderbares. Ihre Lippen fanden zueinander. Keiner von beiden hatte es darauf angelegt, es war fast, als würden ihre Münder ein Eigenleben führen.
Mark konnte spüren, wie Erregung seinen Körper durchflutete; aber Katherine schien es ebenfalls zu fühlen und löste sich von ihm.
„Nein“, sagte sie ruhig. „Ich möchte das nicht. Ich weiß nicht, warum das jetzt passiert ist, aber dies ist nicht der Ort und die Zeit.“
Obwohl Mark wusste, dass sie recht hatte, enttäuschte ihn ihre Reaktion. Als sie von ihm zurückwich, blieb ein Gefühl der Leere zurück. Für einen kurzen Moment hatte er diese Welt verlassen und sich in etwas verloren, das die Schatten, die über seinem Leben lagen, zurückdrängte. Nun war dieser Augenblick vorbei und alles erschien ihm sinnloser als je zuvor.
„Es tut mir leid“, sagte er mit Bitterkeit in der Stimme.
„Das muss es nicht. Es ist nur ...“
Mark hob den Arm und las die Zeit ab. „Wir müssen aufbrechen. Es ist soweit.“
19. Kapitel
Marks Gesicht leuchtete im Schein der vorüberhuschenden Straßenlaternen geisterhaft auf. Katherine saß auf dem Fahrersitz ihres Wagens und beobachtete ihn aus dem Augenwinkel. Sie sah den harten Zug um seinen Mundwinkel, fühlte, ohne dass er es aussprach, dass sie ihn verletzt hatte.
Der Kuss war wundervoll gewesen. Ein lange vermisstes Gefühl war in ihr entflammt, aber aus einem Grund, den sie selbst nicht kannte, war sie unfähig, dieses Geschenk anzunehmen. Mark war ein ungewöhnlicher Mensch, jemand, den man entdecken konnte und von dem man selbst entdeckt werden wollte, aber es war genau diese Art von Nähe, die sie ängstigte, die Fragen aufwarf, die sie nicht beantworten konnte.
Was, wenn sie sich verliebte und es nicht klappte? Was, wenn nur dieser Augenblick etwas Besonderes war und er verfliegen würde, sobald der Alltag einkehrte?
Sie hatte lange unter der Trennung von Marcel gelitten und es endlich geschafft, ihr Leben wieder in ruhige Bahnen, in ruhigeres Fahrwasser zu lenken. Sie war noch nicht bereit, all das für eine neue Beziehung zu riskieren. Eine weitere schmerzvolle Trennung wäre zuviel für sie gewesen. Sie hatte noch nicht die Kraft, weitere Schicksalsschläge hinzunehmen.
Und was war
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