Die leise Stimme des Todes (German Edition)
Katherine jede Farbe im Gesicht.
„Nein. Der Stromausfall betraf nur das Erdgeschoss. Oben war die Beleuchtung die ganze Zeit an.“
„Ich möchte trotzdem, dass Sie nach dem Rechten sehen.“
„Kein Problem. In fünf Minuten mache ich meinen nächsten Rundgang, dann kontrolliere ich das ganze Haus.“
Der Arzt nickte ihm zu, machte auf dem Absatz kehrt und verschwand wieder.
Mark bedeutete Katherine, ihm leise zu folgen. Sie schlichen weiter die Treppe hinauf, verharrten oben für einen Moment und lauschten, aber das ganze Stockwerk lag verlassen da. Das kalte Licht der in der Decke eingelassenen Neonröhren begleitete sie auf ihrem Weg, als sich Mark und Katherine nach rechts wandten, wo Gasters Büro lag. Mark hatte sich im Rechner der Klinik die Baupläne des Gebäudes angesehen.
Dann standen sie vor einer polierten Holztür, auf der Gasters Name in Goldbuchstaben prangte. Direkt neben der Tür war das elektronische Türschloss angebracht, das den Zugang sicherte. Ein mattschwarzer, rechteckiger Kasten von der Größe eines Taschenbuches, auf dessen Oberfläche über den Zahlentasten von 0 bis 9 ein digitales Feld blinkte. Mark betrachtete es eingehend.
Zugangscode eingeben
wanderte in einer schmalen Laufschrift von rechts nach links in roten Buchstaben über das Display.
„Und jetzt?“, fragte Katherine.
„Machen wir genau das, was uns Sanden gesagt hat“, erwiderte Mark. Er zog die kleine Spraydose, die Rico Sanden ihm übergeben hatte, aus der Jackentasche, hob die Verschlusskappe ab und sprühte die Zahlentastatur gleichmäßig ein.
„Das Zeug wird normalerweise zur Sichtbarmachung von Fingerabdrücken eingesetzt“, hatte Sanden erklärt. „Es kommt aus Amerika. Frag mich nicht, aus was es sich zusammensetzt, ich habe keine Ahnung. Ich vermute, dass es auf Fettrückstände auf der Oberfläche reagiert. Ein Fingerabdruck ist eigentlich nichts anderes als ein Fettbild deines Fingers. Du sprühst also das Mittel auf die Tastatur des Zahlenschlosses, wartest eine Minute und dann werden die Fettspuren auf den Zahlenfeldern sichtbar. Für das normale menschliche Auge sind die Spuren trotzdem nicht zu erkennen, aber mit der Spezialbrille, die ich dir nachher gebe, leuchten sie in einem wunderschönen Grünton auf.“
„Okay, dass habe ich kapiert“, hatte Mark gesagt. „Ich sehe also die Tasten, die dein Boss zuletzt gedrückt hat. Du hast gesagt, der Code besteht aus vier Zahlen, richtig?“
„Ja.“
„Aber dann hilft mir doch das Ganze gar nichts. Ich kenne zwar die vier Zahlen, die Gaster benutzt hat, aber nicht die Reihenfolge, und ich nehme an, man hat nur wenige Versuche für die richtige Eingabe.“
„Genau drei Versuche, danach schnappt eine weitere Verriegelung ein, die nur ein Spezialist des Herstellers wieder lösen kann. Zusätzlich wird ein stiller Alarm an einen Sicherheitsdienst gegeben, der innerhalb von zehn Minuten in Mannschaftsstärke auftaucht und überprüft, warum Alarm ausgelöst wurde.“
„Dann funktioniert dein Trick nicht. Vier Zahlen in verschiedenen Reihenfolgen bedeuten zu viele Möglichkeiten, den Code falsch einzugeben.“
Sanden hatte lächelnd den Kopf geschüttelt. „Du vergisst den Faktor Mensch. Jede Person, die ein Tastenfeld benutzt, sei es nun am Bankautomaten oder an einem Telefon, hat die Angewohnheit, die erste und die letzte Zahl besonders stark zu drücken. Man konzentriert sich einfach stärker darauf. Die erste Zahl ist der Anfang, bei der man noch den Code überlegt, die letzte Zahl ist der Schluss, den man automatisch fester drückt, um die Sache abzuschließen. Als setze man den Punkt auf das ‚i’. Gaster wird da keine Ausnahme sein. Die Fettspuren auf den Zahlenfeldern der ersten und der letzten Zahl werden dementsprechend ausgeprägter sein.“
„Damit weiß ich die Reihenfolge trotzdem noch nicht.“
„Nein, aber die Möglichkeiten schränken sich stark ein. Die zwei Zahlen, die am stärksten leuchten, bilden den Anfang und den Schluss, die beiden anderen den Mittelteil.“
Mark hatte kurz nachgedacht, im Kopf gerechnet. „Drei Versuche, den Code einzugeben, und vier Möglichkeiten, die richtige Zahlenfolge zu treffen.“
„Keine schlechten Chancen.“
Daran musste Mark denken, als er die dunkle Spezialbrille aufsetzte. Er ging in die Hocke und starrte auf das Tastenfeld. Langsam wurden Gasters Fingerabdrücke sichtbar. Neben ihm kauerte sich Katherine nieder. Ihr gepresster Atem drang an sein Ohr, aber er
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