Die Lennox-Falle - Roman
und Washington dieselbe Wirkung wie eine katastrophale Seuche haben und die Bürger in Schrecken und zugleich Hysterie versetzen. Wenn dann Politiker stürzen, werden unsere Leute ihre Plätze einnehmen, und sich anbieten, Antworten und Lösungen zu liefern. Wochen, vielleicht Monate später, sobald die Krisen mit auf ähnliche Weise dem Wasser beigemischten speziellen Antitoxinen wieder behoben sind, werden wir uns in den jeweiligen Regierungen und auch im Militär ausgebreitet haben. Wenn dann wieder relative Ruhe herrscht, wird man das unseren Jüngern zuschreiben, weil nur sie die chemischen Gegenmittel kennen und beschaffen können.«
»Und wann soll das geschehen?« fragte Maximilian von Löwenstein, Sohn eines an dem Attentat auf Hitler an der Wolfsschanze beteiligten Generals, den man als Hochverräter hingerichtet hatte, dessen Mutter jedoch eine der vielen Geliebten von Joseph Goebbels gewesen war und ihren Mann verabscheut hatte.
»Gegenwärtig werden gerade die entsprechenden taktischen Vorbereitungen getroffen. Unsere Spezialisten halten sich am jeweiligen Ort des Geschehens in Bereitschaft. Nach den letzten Schätzungen wird Operation Wasserblitz von heute an gerechnet in der vierten oder fünften Woche ablaufen, und zwar auf beiden Seiten des Atlantiks zur gleichen Zeit und im Schutz der Dunkelheit. Wir haben inzwischen festgelegt, daß das morgens um halb fünf in Paris, um halb vier in London und am vorangehenden Abend um halb elf in Washington sein wird; jeweils Ortszeit natürlich. Genauer kann ich es in diesem Augenblick noch nicht sagen.«
»Das ist genau genug, mein Führer!« rief Ansel Schmidt.
»Ich sehe da ein Problem«, sagte ein schwergewichtiger Mann, dessen kräftige Beine seinen Stuhl wie ein Spielzeug erscheinen ließen. Sein Gesicht sah aus wie ein Ballon und zeigte trotz seines Alters keinerlei Falten. »Wie Sie alle wissen, bin ich als Chemieingenieur ausgebildet. Unsere Feinde sind nicht dumm; es werden ständig Wasserproben analysiert. Man wird die Sabotage erkennen und Gegenmittel zum Einsatz bringen oder propagieren. Wie kommen wir damit zurecht?«
»Ganz einfach, mit deutschem Erfindergeist«, erwiderte Günter Jäger und lächelte. »Deutsche Chemiker haben wieder einmal eine tödliche Formel entwickelt, die lösliche Verbindungen scheinbar nicht kompatibler Elemente umfaßt, die mittels isogonischer Bombardierung vor dem Mischen kompatibel gemacht wurden.« Jäger hielt an diesem Punkt inne, zuckte mit den Achseln und fuhr dann lächelnd fort: »Ich bin für den geistlichen Stand ausgebildet und behaupte nicht, etwas von dem Thema zu verstehen, aber wir haben die besten Chemiker, von denen einige aus ihren eigenen Laboratorien rekrutiert wurden, Herr Waller.«
»›Isogonische Bombardierung‹!« sagte der fette Mann, und über sein großflächiges Gesicht breitete sich langsam ein Lächeln aus. »Eine Variante der isometrischen Fusion. Die Auflösung einer auf diese Weise hergestellten Verbindung kann Tage, ja Wochen in Anspruch nehmen … Damit wäre das Problem auf höchst elegante Weise aus der Welt geschafft. Ich beglückwünsche Sie zu dieser Lösung, mein Führer.«
»Sie sind sehr freundlich, aber ich würde mich in einem Labor sofort verlaufen.«
»Labors sind für Köche. Zuerst muß die Vision da sein! Ihre bestand darin ›die wichtigste Quelle des Lebens auf Erden‹ anzugreifen. Das Wasser …«
»Mon Dieu!« rief Claude Moreau aus, als er Lennox umarmte. Sie standen an einer steinernen Mauer über der Seine, Karin de Vries mit einer blonden Perücke stand ein paar Schritte links von ihm. »Sie leben, das ist das Wichtigste. Aber was hat dieser verrückte Witkowski aus Ihnen gemacht?«
»Ich fürchte, das war meine Idee, Monsieur«, sagte Karin und ging auf die beiden Männer zu.
»Sie müssen Karin de Vries sein, Madame«, sagte Moreau und nahm seine Mütze ab.
»Die bin ich.«
»Die Fotos, die ich gesehen habe, sehen anders aus. Aber wenn diese blonde Vogelscheuche Drew Lennox ist, ist wahrscheinlich alles möglich.«
»Das ist nicht mein eigenes Haar, das ist eine Perücke, Monsieur Moreau.«
»Certainement. Ich muß freilich sagen, Madame, das paßt überhaupt nicht zu einem so hübschen Gesicht. Mit diesen Haaren wirkt es seltsam ausdruckslos.«
»Jetzt kann ich verstehen, weshalb man immer sagt, der Chef des Deuxième sei einer der charmantesten Männer von Paris.«
»Das ist wirklich reizend, aber bitte sagen Sie das meiner Frau
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