Die Lennox-Falle - Roman
das Horst-Wessel-Lied hören. Das ging drei Jahre lang so, bis ins fünfte Jahr unserer Ehe, als ich ihn schließlich zur Rede stellte - ich weiß auch nicht, warum ich es nicht schon früher getan habe … Ich schrie ihn an, warf ihm vor, er versuche die Schrecken der Vergangenheit wieder ins Leben zu rufen. Und dann, eines Morgens, nach einer jener schrecklichen Nächte sagte er zu mir: ›Mir ist egal, was du denkst, du reiches Miststück. Wir hatten damals recht, und das haben wir jetzt auch!‹ Am nächsten Tag verließ ich ihn. Ist das jetzt ausführlich genug für Sie, Moreau?«
»Ganz sicherlich, Madame«, erwiderte der Chef des Deuxième Bureau. »Erinnern Sie sich an irgendwelche dieser Männer oder Frauen, die an den Zusammenkünften teilgenommen haben?«
»Das liegt jetzt mehr als dreißig Jahre zurück. Nein, ich erinnere mich nicht.«
»Auch nicht an einen oder zwei dieser ›eingefleischten Nazis‹?«
»Lassen Sie mich nachdenken … ja, da gab es einen Bohr, Rudolf Bohr, glaube ich, und einen ehemaligen Oberst der Wehrmacht. Er hieß von Steifel, glaube ich. Abgesehen von diesen beiden
läßt mein Gedächtnis mich im Stich. Ich erinnere mich nur deshalb an sie, weil sie häufig auch zum Mittagessen oder abends kamen, wenn nicht über Politik gesprochen wurde.«
»Sie waren mir eine große Hilfe, Madame«, sagte Moreau und erhob sich. »Ich will Ihnen nicht länger zur Last fallen.«
»Halten Sie sie auf«, flüsterte Elke Müller heiser. »Die werden noch Deutschlands Verderben sein!«
»Wir werden uns Ihre Worte merken«, sagte Claude Moreau und trat in das Treppenhaus.
22
D rew lag neben Karin in dem Bett ihres Zimmers im Bristol und blickte dem Rauch seiner Zigarette nach, der sich über ihnen zur Decke kräuselte. »Und wie geht es jetzt weiter?« fragte er.
»Das liegt jetzt ganz bei Sorenson. Du hast da wenig Einfluß.«
»Und genau das paßt mir nicht. Er ist in Washington, wir sind in Paris, und dieser gottverdammte Kröger könnte genauso gut auf einem anderen Planeten sein.«
»Man könnte mit Drogen Informationen aus ihm herausholen.«
»Der Botschaftsarzt sagt, daß wir so lange nichts unternehmen dürfen, bis Krögers Zustand sich nach den Schußverletzungen einigermaßen stabilisiert hat. Der Colonel kocht vor Wut, aber er kann nichts dagegen machen. Ich kann auch nicht sagen, daß ich das gelassen sehe; mit jedem Tag, den wir verlieren, wird es schwieriger, diese Dreckskerle zu finden.«
»Bist du da so sicher? Schließlich haben die Neonazis sich jetzt seit fünfzig Jahren ihr Netz im Untergrund aufgebaut. Was für einen Unterschied macht da ein Tag?«
»Ich weiß nicht, vielleicht kostet es noch einen Harry Lennox das Leben. Sagen wir einfach, daß ich ungeduldig bin.«
»Das kann ich verstehen. Gibt es in bezug auf Janine schon irgendwelche Pläne?«
»Da weißt du genausoviel wie ich. Sorenson hat gesagt, wir sollen uns ruhig verhalten und die Antineos davon verständigen, daß wir Kröger festhalten. Wir haben beides getan und Wesleys Büro davon informiert, daß seine Anweisungen ausgeführt worden sind.«
»Glaubt er wirklich, daß die Antineos infiltriert worden sind?«
»Er hat mir gesagt, er wolle sämtliche Flanken sichern; schaden kann das keinesfalls. Wir haben Kröger, und keiner kann an ihn heran. Wenn es jemand versucht, wissen wir, daß es noch eine weitere undichte Stelle geben muß.«
»Könnte uns Janine in dem Punkt nützen?«
»Das ist Wesleys Zuständigkeit. Ich hätte keine Ahnung, wie ich das anstellen sollte.«
»Ob Courtland ihr wohl etwas von Kröger gesagt hat?«
»Irgend etwas muß er doch gesagt haben, schließlich haben wir ihn um drei Uhr früh geweckt.«
»Da hätte er alles Mögliche sagen können, nicht unbedingt die Wahrheit. Alle Botschafter werden gründlich darin geschult, was sie ihrer Familie sagen dürfen und was nicht. Das dient meist ihrem eigenen Schutz.«
»Deine Argumentation hat ein Loch, Karin. Er hat seine eigene Frau in die Sektion D und R gesetzt, und das ist eine Fundgrube geheimer Informationen.«
»Er ist noch nicht lange mit ihr verheiratet, und wenn das stimmt, was wir annehmen, war es Janines Wunsch, dort eingesetzt zu werden. Sehr schwer sollte es einer jung verheirateten Frau nicht fallen, ihren Mann zu überreden. Über die notwendige Qualifikation verfügte sie ja, weiß Gott, und sie hat ihren Wunsch vermutlich so begründet, daß sie ihren patriotischen Beitrag leisten wolle.«
»Stimmt, das
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