Die Lennox-Falle - Roman
nicht.«
»Darf ich daran erinnern, weshalb wir hier sind«, schaltete Drew sich ein. »Unter anderem will ich diese Hurensöhne zu fassen kriegen, die meinen Bruder auf dem Gewissen haben.«
»Das wollen wir alle, unter anderem. Ein Stück weiter oben an der Straße ist ein Café; gewöhnlich ist es überfüll, und wir werden niemandem auffallen. Ich kenne den Besitzer. Was halten Sie davon, wenn wir ganz gemächlich dorthin gehen und uns einen Tisch möglichst weit vom Eingang entfernt nehmen?«
»Eine ausgezeichnete Idee, Monsieur Moreau«, sagte Karin und griff nach Lennox’ Arm.
Der Besitzer des Straßencafés begrüßte Moreau hinter einer Reihe von Blumenkästen und führte die drei neuen Gäste zu einem Tisch, der weit entfernt vom Eingang im Halbdunkel stand. Er grenzte an einen weiteren Blumenkasten und wurde von einer flackernden Kerze beleuchtet, die auf dem karierten Tischtuch stand.
»Ich dachte, Colonel Witkowski würde auch kommen«, sagte Karin.
»Ich auch«, nickte Lennox. »Weshalb ist er nicht hier? Sorenson legt großen Wert darauf, daß er seine Erfahrung mit einbringt.«
»Das war seine eigene Entscheidung«, erklärte Moreau. »Er ist groß, eine beeindruckende Gestalt, und viele in Paris kennen ihn.«
»Warum treffen wir uns dann nicht woanders?« fragte Drew. »Zum Beispiel in einem Hotelzimmer?«
»Auch das wollte der Colonel nicht. Sie müssen wissen, über einen Mittelsmann ist er hier. Vorne am Bürgersteig parkt ein Wagen der amerikanischen Botschaft. Der Fahrer bleibt am
Steuer sitzen, und seine beiden Begleiter, Marines in Zivil, sind draußen inmitten der Passanten hinter der Gartenmauer auf Posten.«
»Dann ist das hier ein Test«, sagte Karin. Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.
»Genau. Deshalb spielt unser gemeinsamer Freund hier auch immer noch die Rolle eines Soldaten - eine höchst widersprüchliche Rolle übrigens. Witkowski will ganz sicher gehen, daß es keine weiteren undichten Stellen gibt, aber wenn doch, dann will er einen Gefangenen machen und erfahren, wo das Leck ist.«
»Echt Stanley!« sagte Lennox. »Er riskiert ja auch bloß unseren Hals.«
»Sie sind in Sicherheit«, sagte Moreau. »Ich empfinde allerhöchste Hochachtung für Ihre Marines.«
»Eine Frage noch«, meldete sich Lennox zu Wort. »Ich kann verstehen, daß Stanley nicht hier ist. Aber wie ist es mit Ihnen? Kennt man Sie nicht auch recht gut in Paris?«
»Kaum«, erwiderte Moreau. »Mein Foto ist nie in den Zeitungen oder im Fernsehen erschienen - darauf achtet das Deuxième Bureau. Ich will damit nicht behaupten, daß unsere Feinde keine Schnappschüsse von mir haben, die haben sie sogar ganz sicher. Aber meine Anwesenheit hier fällt nicht auf. Ich bin weder besonders groß, noch kleide ich mich auffällig, eigentlich bin ich ein rechter Durchschnittstyp.«
»Bei Ihren Feinden dürfte diese Bescheidenheit allerdings nicht verfangen«, sagte Drew.
»Das Risiko tragen wir schließlich alle, nicht wahr, mein Freund? Und jetzt will ich Sie auf den letzten Stand bringen. Wie Sie vielleicht wissen, wird Botschafter Courtland morgen früh mit der Concorde nach Washington fliegen -«
»Sorenson hat gesagt, er habe ihn nach Washington zitiert«, fiel Drew ihm ins Wort. »Unter dem Vorwand irgendeiner dringenden Konferenz im State Department, von der das State Department gar nichts weiß.«
»Genau. Unterdessen wird Mrs. Courtland von uns überwacht; glauben Sie mir, sie kann keinen Schritt außerhalb der Botschaft tun, von dem wir nichts wissen. Selbst in der Botschaft wird jede Telefonnummer, die sie anruft, automatisch an
mein Büro übermittelt, das habe ich mit dem Colonel so verabredet -«
»Sie können nicht ihre Gespräche nicht abhören?« unterbrach ihn Lennox.
»Das wäre zu riskant, es ist nicht genug Zeit, um die Telefone neu zu programmieren. Sie ist ohne Zweifel auf der Hut und verfügt über Mittel und Wege, so etwas zu überprüfen. Und wenn sie herausbekäme, daß sie abgehört wird, wüßte sie sofort Bescheid.«
»Na schön«, sagte Lennox. »Und was ist, wenn nichts passiert?«
»Dann passiert eben nichts«, sagte Moreau. »Aber das würde mich sehr wundern. Sie sollten nicht vergessen, daß unter der Maske der charmanten Frau des Botschafters eine Fanatikerin ist. Fest von ihrer Sache überzeugt. Sie müssen das aus der richtigen Perspektive sehen: Sie ist schon so hoch gestiegen, daß ihr Ego einfach nach Befriedigung verlangt. Das ist bei allen
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