Die Lennox-Falle - Roman
steigt und nach Hause fahrt. Ich erklär euch alles später.«
» Non, Papa! Wir sind doch gerade erst hergekommen!«
»Das heißt › oui, Papa ‹, oder ihr seid auf der Sorbonne, bevor ihr das nächste Mal hierherkommt!«
Was François nicht bemerkt hatte, war ein junger Mann, der mit einer zerfetzten orangefarbenen Strumpfhose und einer nicht viel besser erhaltenen blauen Bluse bekleidet war, und den nur sein ungepflegter Bart als männliches Wesen erkennen ließ. Er stand links von der schweren Tür, rauchte eine Zigarette und beobachtete das laute und offensichtlich unerwartete Familientreffen. Besonders fiel ihm das Funkgerät auf, das der Mann in der Hand hielt, und noch mehr verblüffte ihn die Frage, die die Frau gestellt hatte. »Was hat denn das Deuxième hier verloren?« Das Deuxième?
Der junge Mann drückte seine Zigarette mit dem Absatz aus und ging hinein.
Der elegante Inhaber, der sich André nannte, brach sein Gespräch mit Frau Courtland ab, nicht ohne sich höflich bei ihr zu entschuldigen, stand auf und trat an das Telefon, das auf seinem Schreibtisch klingelte.
»Ja?« sagte er und hörte schweigend zu.
»Bereiten Sie den Wagen vor!« befahl er dann, legte den Hörer auf und wandte sich wieder an die Frau des Botschafters. »Hatten Sie eine Eskorte, als Sie hierherkamen, Madame?«
»Man hat mich von der Boutique hierher gefahren.«
»Ich meine unter dem Schutz französischer oder amerikanischer Beamter? Ist man Ihnen gefolgt?«
»Du lieber Gott, nein. Die Botschaft hat keine Ahnung, wo ich bin!«
»Offenbar gibt es doch jemanden, der das weiß. Sie müssen hier sofort weg. Kommen Sie mit. Es gibt einen Tunnel, der von hier zum Parkplatz führt; die Treppe ist dort hinten. Schnell!«
Zehn Minuten später kehrte André außer Atem in sein Büro zurück. Als er sich an seinen Schreibtisch setzte, seufzte er. Wieder klingelte das Telefon. Er nahm den Hörer ab. »Ja?«
»Sie sind höchst ineffizient organisiert!«
»Da sind wir anderer Ansicht. Was beunruhigt Sie denn?«
»Ich habe jetzt beinahe eine Stunde gebraucht, um herauszufinden, wie ich Sie erreichen kann, und auch das nur, nachdem ich die Hälfte unserer Geheimdienstleute mit Drohungen eingeschüchtert habe!«
»Ich würde sagen, das ist gut und richtig so. Ich denke, Sie sollten das anders werten.«
»Sie Idiot!«
»Werden Sie nicht beleidigend!«
»Sie werden gleich viel weniger beleidigt sein, wenn ich Ihnen den Grund nenne.«
»Dann klären Sie mich bitte auf.«
»Die Frau von Botschafter Daniel Courtland wird Sie besuchen kommen -«
»Sie war hier und ist inzwischen wieder gegangen«, fiel André ihm ins Wort. »Und ist denen entwischt, die ihr hierher gefolgt sind.«
»Ihr gefolgt?«
»Wahrscheinlich.«
»Wie?«
»Ich habe keine Ahnung, aber die haben hier eine ziemliche Schau abgezogen und dabei sogar auf höchst ungewöhnliche Weise laut das Deuxième Bureau erwähnt. Ich habe sie natürlich sofort weggeschafft, und sie wird innerhalb der nächsten halben
Stunde wieder sicher und wohlbehalten in der amerikanischen Botschaft sein.«
»Sie Schwachkopf!« schrie der Mann in Deutschland. »Sie sollte nicht zur Botschaft zurückkehren. Sie sollte beseitigt werden.«
26
M oreau, sein Assistent Jacques Bergeron und Lennox trafen binnen weniger Augenblicke bei François ein. Sie entfernten sich gemeinsam etwa fünfzig Meter vom Südeingang, bis der Chef des Deuxième die Hand hob; wo sie jetzt standen, herrschte weniger Gedränge, die schäbigen Zelte zu ihrer Rechten dienten nur den Angestellten als Toiletten und Umkleideräume. »Hier können wir reden«, sagte Moreau und sah seinen Fahrer an. » Mon Dieu , mein Freund, was für ein Mißgeschick! Ihre Frau und Ihre Kinder!«
»Die Kinder werden jetzt eine Woche nicht mit Ihnen reden, François«, sagte Jacques grinsend. »Das wissen Sie doch oder?«
»Wir haben Wichtigeres zu besprechen«, sagte François. »Ich habe da das Gespräch von zwei Frauen belauscht …« Er schilderte, was er gehörte hatte, und schloß mit den Worten: »Sie ist dort drüben im Büro der Direktion.«
»Jacques«, sagte Moreau, »Sie sehen sich das Gebäude gründlich an. Ich schlage vor, Sie spielen den Betrunkenen; legen Sie Jackett und Krawatte ab, wir halten sie so lange.«
»Ich bin in ein paar Minuten wieder da.« Der Agent entledigte sich seines Jacketts und seiner Krawatte, zog das Hemd ein Stück aus der Hose, so daß es ihm über den Gürtel hing, und bewegte sich
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