Die Lennox-Falle - Roman
hatte, deren Blicke immer wieder zu dem Deuxième-Beamten am Schreibtisch hinüberhuschten. Schließlich legte Jacques den Hörer auf, stand auf und kam zum Tisch herüber.
»Auf Anordnung des Präsidenten der Republik bin ich zum provisorischen Direktor des Deuxième ernannt worden und muß nach Paris zurückkehren.«
»Ich weiß, daß Sie sich das so nie gewünscht hätten, Jacques«, sagte Lennox, »trotzdem meinen Glückwunsch. Man hätte Sie nicht ausgewählt, wenn Sie nicht der beste wären. Ihr Mentor hat Sie gut ausgebildet.«
»Das spielt jetzt keine Rolle. Ganz gleich, was in den nächsten sechzehn Stunden geschieht, ich werde zurücktreten und mir eine andere Tätigkeit suchen.«
»Warum?« fragte Karin. »Sie könnten zum regulären Direktor ernannt werden. Wer ist denn sonst da?«
»Sie sind sehr liebenswürdig, aber ich kenne mich. Ich bin ein zweiter Mann, ein sehr guter zweiter Mann, ein Gefolgsmann, aber kein Führer. Man muß sich selbst gegenüber ehrlich sein.«
»Was geschehen ist, ist schrecklich«, sagte Lennox, »aber wir müssen zurück an die Arbeit. Das sind Sie Claude schuldig und ich Harry. Fangen Sie bitte noch einmal von vorne an, General«,
sagte er dann zu dem Offizier gewandt. »Wir waren einen Augenblick lang nicht bei der Sache.«
»Ich muß nach Paris zurückkehren«, wiederholte Bergeron. »Ich will das nicht, aber so lautet meine Anweisung - direkt vom Präsidenten -, und der muß ich gehorchen.«
»Dann tun Sie das«, sagte Karin mit sanfter Stimme.
»Ja. Fahren Sie nach Paris und bleiben Sie mit London und Washington in Verbindung«, sagte Lennox mit fester Stimme. »Aber, Jacques - halten Sie uns auf dem laufenden.«
» Au revoir, mes amis. « Der Deuxième-Beamte drehte sich um und ging gebeugt und niedergeschlagen aus dem Zimmer.
»Wo waren wir stehengeblieben, General?« fragte Drew und beugte sich über den Tisch, Dietz und Anthony standen links und rechts von ihm, Karin auf der anderen Tischseite.
»Das sind die Truppen, die ich im Gelände verteilt habe«, begann der alte Soldat und deutete auf das Meßtischblatt des Reservoirs und der Wälder, die es umgaben. »Aus meiner langen Erfahrung auch in Indochina, wo die Guerillataktik des Feindes mich vor ähnliche Probleme stellte, wüßte ich nicht, was man noch mehr tun könnte. Auf einem Luftstützpunkt in dreißig Kilometer Entfernung wartet ein Geschwader von Jagdmaschinen in Bereitschaftszustand. In den Wäldern und auf den Straßen haben wir über zwölfhundert Soldaten verteilt, sämtliche Einheiten stehen miteinander in Funkverbindung. Dazu sind zwanzig Flugabwehrgeschütze in Stellung gebracht worden. Siebzehn Bombensuchtrupps sind eingesetzt und haben rund um die Uhr die ganze Anlage nach irgendwelchen Sprengkörpern abgesucht. Außerdem ist ein Patrouillenboot mit chemischen Analysegeräten im Zuflußbereich im Einsatz. Beim ersten Anzeichen einer toxischen Reaktion werden die Schleusentore geschlossen. Die Alternativversorgung aus anderen Distrikten ist vorbereitet.«
»Wenn sich das als notwendig erweisen sollte«, fragte Drew, »wie lange wird es dann dauern, bis die Alternativversorgung funktioniert?«
»Nach Aussage des Wasserwerksleiters war die längste Zeitspanne, die in den Unterlagen festgehalten ist, vier Stunden und sieben Minuten; das war Mitte der dreißiger Jahre bei einem Maschinenausfall. Das erste größere Problem, das dann freilich auftreten
würde, ist ein deutliches Absinken des Wasserdrucks gefolgt von erheblichen Verunreinigungen von den ungenützten Zuflüssen.«
»Verunreinigungen?« fiel Karin ihm ins Wort.
»Damit meine ich keine Vergiftungen; sondern Schlamm, Schmutz und Rohrrückstände. Das könnte allenfalls Magenverstimmungen oder zu Erbrechen und Durchfall führen. Die echte Gefahr liegt bei den unterirdischen Hydranten; der Druckabfall könnte sie für den Fall von Bränden unbrauchbar machen.«
»Dann könnte diese Krise sich sprunghaft ausweiten«, sagte Karin. »Wenn Wasserblitz irgendwie gelingt und Sie Ihre Maßnahmen ergreifen, würde der Druck absinken, und es könnte in ganz Paris Feuer gelegt werden.«
»Das ist richtig, Madame, aber ich frage Sie, und nachdem ich Ihnen die Verteidigungsanlagen draußen gezeigt habe, werde ich Sie noch einmal fragen, glauben Sie wirklich, daß Wasserblitz erfolgreich durchgeführt werden kann?«
»Das will ich nicht hoffen, General.«
»Was ist mit London und Washington?« sagte Lennox. »Moreau hat mir gesagt, Sie
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