Die Lennox-Falle - Roman
denn davon getäuscht werden? Wir haben doch beide das Videoband gesehen. Führer Günter Jäger sprach nicht etwa zu uns, er hat uns nicht gedroht, er hat seiner eingeschworenen Gemeinde gepredigt, und darunter waren einige der einflußreichsten Männer Europas und Amerikas. Nein, mon ami, der Mann hat wirklich geglaubt, das schaffen zu können. Und deshalb müssen wir uns weiter den Kopf zerbrechen. Vielleicht finden die Analytiker in London etwas. Übrigens, Sie hatten recht, dieses Material an die Briten zu schicken.«
»Es überrascht mich, das aus Ihrem Mund zu hören.«
»Das sollte es eigentlich nicht. Dort sind nicht nur ausgezeichnete Profis am Werk, sondern darüber hinaus war England nie ein besetztes Land. Ich räume ja ein, daß die Mehrzahl der Leute, die sich jetzt mit diesem Material befassen, wahrscheinlich während des Zweiten Weltkriegs noch gar nicht gelebt haben, aber der Makel, einmal von feindlichen Truppen besetzt gewesen zu sein, setzt sich auf Generationen in der nationalen Psyche fest. Wir Franzosen sind nie imstande, völlig objektiv zu sein.«
»Da sprechen Sie ein großes Wort gelassen aus.«
»Einfach weil ich glaube, daß es so ist.«
Sie landeten um sechs Uhr siebenundvierzig morgens auf dem kleinen Privatflughafen von Beauvais, der im hellen Licht der Morgensonne dalag. Die N-2-Einheit ging von Bord und wurde sofort in das Abfertigungsgebäude des Flughafens gebracht, wo für sie Drillichzeug bereitlag, das sie schnell überstreiften. Karin wurde als letzte fertig. Als sie in dem hellblauen Overall aus der Damentoilette kam, sagte Drew: »Du siehst viel besser aus als du solltest. Jetzt stopf dir nur noch dein Haar unter die Mütze.«
»Das wird aber unbequem.«
»Das ist eine Kugel auch, und wenn jemand von den Geheimdienstleuten auf Jägers Grundstück zu seiner Anhängerschar zählte, dann hat man bestimmt einen Preis auf deinen Kopf ausgesetzt. Komm jetzt. Wir haben nur noch knapp siebzehn Stunden. Wie lange brauchen wir, bis wir zu dem - wie nennen Sie das, Jacques?«
»Der Wasserturmkomplex im Reservoir«, erwiderte der Mann vom Deuxième, während sie zu dem bereitstehenden Wagen hinausgingen. »Von hier aus sind es achtzehn Kilometer; es wird also nur zehn Minuten dauern. François ist unser Fahrer, Sie erinnern sich doch an François, oder?«
»Aus dem Vergnügungspark? Ihr Fluchtfahrer?«
»Genau der«, antwortete Bergeron. »Der Direktor hat ein paar hundert Luftaufnahmen mitgeschickt, die Sie sich ansehen sollen, ob Sie vielleicht irgend etwas finden, was uns entgangen ist.«
»Höchst unwahrscheinlich. Ich habe auf dem College meinen Pilotenschein gemacht und bin etwa dreißig Stunden solo geflogen, hätte aber ohne Funkgerät nie zum Flughafen zurückgefunden. Für mich sah von oben immer alles gleich aus.«
»Das kann ich Ihnen nachfühlen. Ich war zwei Jahre in der Armée de l’Air als Pilotenoffizier tätig, und mir ist es ähnlich ergangen.«
»Ohne Flachs? In der französischen Luftwaffe?«
»Ja, aber so hoch oben hat’s mir nicht besonders gefallen, deshalb habe ich den Dienst quittiert und Sprachen studiert, und
diese Kombination - ein Pilot mit Fremdsprachenkenntnissen - hat dann das Deuxième dazu veranlaßt, mich einzustellen.«
Sie standen jetzt vor dem Fahrzeug des Bureau; es war derselbe unauffällige Peugeot mit dem Motor, der durchaus in Le Mans oder Daytona Furore gemacht hätte. Lennox erinnerte sich sehr wohl daran. François begrüßte ihn überschwenglich. »Haben Ihre Töchter Ihnen verziehen?« fragte Drew.
»Niemals!« rief er aus. » Le Parc de Joie ist geschlossen worden, und sie geben mir die Schuld dafür!«
»Vielleicht wird ihn jemand kaufen und wieder eröffnen. Gehen wir jetzt, alter Freund. Wir haben es eilig.«
Die N-2-Einheit zwängte sich in den Wagen, und François hob regelrecht ab. Karins Augen waren geweitet und die Gesichter der beiden Veteranen von Wüstensturm kalkweiß, als François mit quietschenden Reifen durch Kurven schlitterte und dann wieder auf geraden Strecken das Gaspedal durchtrat, bis die Tachometernadel hundertsechzig Stundenkilometer anzeigte.
»Was hat dieser Irre eigentlich vor?« fragte Captain Dietz. »Ist das ein Selbstmordkommando? Dann will ich raus!«
»Keine Angst!« rief Drew und drehte den Kopf nach hinten. »Bevor er zum Deuxième kam, war er Rennfahrer.«
»Das hätte er bleiben sollen«, rief Lieutenant Anthony. »Der Mann ist verrückt.«
»Er ist gut«, antwortete
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