Die Lennox-Falle - Roman
jetzt unternehmen?«
»Absolut nichts; wir dürfen nicht riskieren, daß die Neonazis uns irgendwie auf die Schliche kommen. Aber ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie sich bereithalten würden, damit ich mir bei Ihnen Rat holen kann, wenn ich ihn brauche.«
»Ich weiß nicht, ob ich dafür tauge. Das ist schon so lange her.«
»Ich werde alles, woran Sie sich auch nur undeutlich erinnern, sehr ernst nehmen, Mr. Director … Also fangen wir an. Harry Lennox lebt und erfreut sich bester Gesundheit und macht sich jetzt auf die Suche nach einem Arzt. Ich melde mich wieder.«
Die Leitung war plötzlich tot. Wesley Sorenson hielt den Hörer wie benommen in der Hand. Was der jüngere Lennox da vorhatte, war gefährlich und ungewöhnlich zugleich, und eigentlich hätte er eingreifen und dem ein Ende machen müssen. Das wußte Sorenson, wußte auch, daß er eigentlich Knox Talbot anrufen und ihm alles sagen müßte, aber das brachte er nicht über
sich. Drew hatte recht gehabt; Agent Sorenson hatte oft ohne Placet gearbeitet, weil er genau wußte, daß man seine Entscheidungen umstoßen würde, obwohl seine Vorgehensweise die einzig richtige war. Er hatte es nicht nur gewußt, sondern geradezu leidenschaftlich daran geglaubt. Als er Drew Lennox zugehört hatte, war ihm gewesen, als höre er sein eigenes jüngeres Ich. Langsam legte er den Hörer auf, und seine Lippen formten ein stummes Gebet.
Jean-Pierre und Giselle Villier stiegen vor dem Hotel L’Hermitage in Monte Carlo aus ihrer Limousine; sie waren mit einem Privatjet aus Paris hierher geflogen. Presseberichten zufolge hatte der gefeierte Schauspieler die Reise unternommen, um sich von sechs anstrengenden Monaten auf der Bühne zu erholen, die mit jener Tragödie endeten, die schließlich für ihn Anlaß gewesen war, das Stück abzusetzen. Mehr hatte man den Medien nicht gesagt, und Villier hatte auch alle Interviewwünsche abgelehnt. Nach einigen erholsamen Tagen im Casino de Paris würde das Ehepaar weiterreisen und sich dann auf einer nicht näher bezeichneten Insel im Mittelmeer aufhalten, wo Jean-Pierre sich vielleicht mit seinen Eltern treffen würde.
Was die Presse nicht wußte, war, daß zwei Mirage der Luftwaffe die Privatmaschine aus Paris an ihren Zielort eskortiert hatten. Außerdem waren einer der uniformierten Türsteher, der stellvertretende Geschäftsführer am Empfang sowie einige weitere Hotelangestellte vom Deuxième eingeschleust worden, alle von der Societé de Bain de Mer freigegeben, jener Organisation, die die Geschäfte von Monte Carlo führte und die Verbindung mit der Fürstenfamilie von Monaco aufrechterhielt. Und die kugelsichere Limousine der Villiers wurde jedesmal, wenn Monsieur und Madame Villier das Hotel für die kurze Fahrt zum Casino verließen, von bewaffneten Männern in teuren, gutgeschnittenen Anzügen begleitet, bis das luxuriöse Fahrzeug an der Treppe des exquisiten Spielcasinos eintraf, wo sie von ihren Kollegen abgelöst wurden.
Gleich nach ihrer Ankunft erschien der Chef des Deuxième Bureau, Claude Moreau, in ihrer Hotelsuite.
»Wie Sie sehen, meine Freunde, steht hier alles unter Bewachung, auch die Dächer, wo wir Scharfschützen postiert haben, und alle Fenster werden von der Straße aus dauernd mit Ferngläsern überwacht. Sie haben nichts zu befürchten.«
»Wir sind nicht Ihre ›Freunde‹, Monsieur«, sagte Giselle Villier kühl. »Und was Ihre Vorsichtsmaßnahmen angeht, so könnte ein einziger Schuß sie zunichte machen.«
»Nur wenn man einen Schuß zuläßt, und das wird nicht der Fall sein.«
»Wie steht es um das Casino selbst, wie können Sie die Menschenmenge dort unter Kontrolle halten, die mich möglicherweise erkennt?« fragte der Schauspieler.
»Die sind in Wirklichkeit Teil Ihres Schutzes, aber nur ein äußerer Teil. Wir wissen, welche Spiele Sie gern haben und werden an jedem solchen Tisch Männer und Frauen haben, die Ihnen folgen, Sie umgeben und Ihnen mit ihrem Körper Deckung geben. Kein Attentäter und ganz sicherlich kein Blitzkrieger wird versuchen, auf Sie zu schießen, so lange er kein freies Ziel hat. Das können sich solche Killer nicht leisten.«
»Und wenn Ihr Attentäter jemand an einem Spieltisch ist?« unterbrach ihn Giselle. »Wie können Sie dann meinen Mann schützen?«
»Eine äußerst scharfsinnige Frage, wie ich sie von Ihnen nicht anders erwartet habe, Madame«, erwiderte Moreau, »und ich kann nur hoffen, daß meine Antwort Sie zufriedenstellen wird. Sie
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