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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chadwick Elizabeth
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gesagt?«
    William grinste und beantwortete die Frage.

S IEBENUNDZWANZIGSTES K APITEL
    Zarte,
sonnengefleckte junge Blätter färbten den Wald hellgrün. An manchen
Stellen, wo Bäume umgestürzt waren und Lücken in den dichten Baldachin
gerissen hatten, fielen breite goldene Strahlen herab. Jetzt, Ende
April, war es so heiß wie normalerweise im Juni. Ranulf von Chester
schmorte in seiner Rüstung wie ein Hummer, der bei lebendigem Leib in
seiner Schale gekocht wurde. Sein schweißüberströmtes Streitroß ließ
den Kopf hängen. Laut knirschte der Harnisch in der schläfrigen Stille,
die so drückend wirkte wie die Ruhe vor einem Gewittersturm.
    Ranulfs
Schulterblätter juckten â€“ nicht nur, weil Schweiß dazwischen
herabrann. Er wußte, daß die Waliser nicht weit entfernt waren, und das
zerrte an seinen Nerven. Selbst die zivilisierten Mitglieder dieses
Volkes waren so unberechenbar wie die wilden Eber und Wölfe, mit denen
sie ihre Wälder teilten.
    Farben blitzten zwischen den
Stämmen auf. Beunruhigt legte Ranulf eine Hand auf seinen Schwertgriff.
Die walisischen Soldaten ritten parallel zu seiner Truppe, kamen nicht
näher, sorgten dafür, daß sie auch immer wieder gesehen wurden. Er biß
die Zähne zusammen und widerstand dem Bedürfnis, sie anzuschreien und
aufzufordern, sie sollten endlich aus der Deckung kommen. Sie würden
ihn nur auslachen.
    Das Gefühl, er würde sich zum Narren
machen, begleitete ihn seit dem Tag seiner Ankunft in Caermoel, wo er
die neuen steinernen Verteidigungsbastionen gesehen hatte. Von seinen
Spähern war er bereits über den Ausbau des Schlosses informiert worden,
hatte aber nicht mit so massiven, schier uneinnehmbaren Befestigungen
gerechnet. Er überlegte, wie lange es dauern und wieviel es ihn kosten
würde, Caermoel einzunehmen. Bäume wurden gefällt, Belagerungskanonen
aufgestellt â€“ und zweimal von nächtlichen Angriffen der Garnison
zerstört, was tiefe Unruhe in Ranulfs Lager auslöste. Als es ihm
schließlich gelang, die Sturmböcke und Wurfgeschütze möglichst hoch an
den Felswänden zu postieren, wurden sie vom Griechischen Feuer
verbrannt â€“ zusammen mit den Soldaten, die sie bemannten.
    Wie
Ranulf bedrückt erkannte, würde er es ohne einen gewaltigen Aufwand an
Geld, Männern und Zeit niemals schaffen, Caermoel zu erobern. Er
überließ es Hamo le Grande, die Wasserquelle des Schlosses zu suchen,
um sie zu vergiften. Und während das letzte Wurfgeschoß in Essig
mariniert wurde, der es vor dem gefürchteten Griechischen Feuer
schützen sollte, ritt der Graf zu seinem Treffen mit Owain Gwynedd.
Danach mußte er den Hof der Kaiserin in Gloucester aufsuchen. Dummes,
mürrisches Biest. Nun glaubte er fast, Stephen wäre vorzuziehen, dem er
wenigstens die Regentschaft überlassen konnte, während er ihm
Ländereien und Titel entlockte.
    Immer mehr Waliser
tauchten zu beiden Seiten auf, während der Wald dünner wurde. Das
bedrückende Gefühl wuchs. Am Waldrand erstreckte sich eine große grüne
Wiese. Hier weideten normalerweise Schafe, wie das abgefressene Gras
verriet. In der Mitte lag ein Schaffell unter einem elegant
geschnitzten Stuhl, und darauf saß ein braunhaariger, braunäugiger
junger Mann, in einem merkwürdigen Kostüm aus üppigen Samtstoffen und
ungegerbten Tierhäuten. Ohne Eile stand er auf und ging zu Ranulf, der
vom Pferd stieg und den Gruß seines Gastgebers vorsichtig erwiderte.
Man durfte sich nicht von Owain Gwynedds jungenhaftem Aussehen täuschen
lassen. Feine Fältchen um seine Augenwinkel zeugten von Erfahrung, und
im dichten braunen Schnurrbart fanden sich sogar vereinzelte graue
Haare. Verglichen mit diesem Mann, waren Matille und Stephen politische
Laien.
    Sie unterhielten sich, aßen zartes Lammfleisch
und spülten das Essen mit Honigwein hinunter. Im Hintergrund tönten die
sanften Klänge einer walisischen Harfe. Die Fliegen waren ein Ärgernis,
und die Sonne brannte heiß herab. Aber daß man sich von solchen
Unannehmlichkeiten gestört fühlte, durfte man Fürst Owain nicht merken
lassen, sonst würde er sofort seinen Vorteil daraus ziehen.
    Gegen
Ende der Mahlzeit brachte Ranulf das Gespräch auf Caermoel und fragte,
ob Owain ein Interesse daran hätte, ihm bei der Eroberung des Schlosses
zu helfen. Der Waliser riß seine täuschend

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