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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chadwick Elizabeth
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beunruhigende Gefühl, ihre leidenschaftliche
Beziehung würde außer Kontrolle geraten. Das hätte sie nicht gestört,
wäre nur Renard von so heftigen Gefühlen erfüllt worden. Aber das
Feuer, das er auch in ihr entfachen konnte, machte ihr angst.
    Nach
der Abreise von Brindisi, beim pünktlichen Beginn ihrer Monatsblutung,
hatte sie eine Fehlgeburt vorgetäuscht. Nach einer verdorbenen Mahlzeit
war ihr tatsächlich übel gewesen, und sie hatte überzeugend tiefe
Trauer um den Verlust des imaginären Kindes geheuchelt. Renard tröstete
sie so zärtlich, daß sie ihn vor lauter Schuldbewußtsein fast
geohrfeigt hätte. Das wäre natürlich ein Fehler gewesen, denn sie
wollte ihn nicht in die Flucht schlagen, sondern an sich binden.
    Als
sie die Außenmauer von Ravenstow erreichten, strömte ihnen eine
jubelnde Menschenmenge entgegen â€“ Dienstmägde, Küchenjungen,
Soldaten, Hundewärter, der Hufschmied und sein Lehrling, der Falkner,
Ritter, Schildknappen und Lehnsmänner. Ein schlanker Junge in feiner
Leinentunika war Adam de Lacey wie aus dem Gesicht geschnitten. Und
eine junge Frau mit dicken, honigblonden Zöpfen balancierte ein
Kleinkind auf einer Hüfte. Ein weiteres Baby wuchs unter den üppigen
Falten ihres hausgewebten Rocks. Renard beugte sich aus dem Sattel
herab, um mit ihr zu sprechen, und das Blut stieg ihr in die Wangen.
Olwens Augen verengten sich. Blitzschnell lenkte sie ihr Pferd
seitwärts, als sie an der Frau vorbeikam, die erschrocken zurücksprang.
    Renards
frühere Geliebte, vermutete Olwen. Und während seiner Abwesenheit nicht
untätig, wie die Schwangerschaft nur zu deutlich verriet â€¦
    Im
Hof, in den immer mehr Leute drängten, stieg Renard von Gorvenals
Rücken, tief gerührt angesichts des herzlichen Empfangs. Drei
Reitknechte stritten um die Ehre, den Hengst versorgen zu dürfen. Ehe
er schlichtend eingreifen konnte, hörte er die gebieterische Stimme
seiner Mutter und wandte sich zu ihr. »Großer Gott!« rief sie und
musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Adam hat mir einen Sarazener nach Hause
gebracht!«
    Â»Eine gute Verkleidung, was?« erwiderte er
in einem beiläufigen Ton, dem seine bewegte Miene widersprach.
»Manchmal vergesse ich selber, daß ein Mann hinter dieser Maske steckt.«
    Und
dann lagen sie sich in den Armen, tauschten herzhafte Küsse, lachten
und weinten. Schließlich wischte sich Judith über die Augen und trat
zurück. »Gehört der Bart auch zu deiner Maske?«
    Â»Unterwegs
war's bequemer, ihn wachsen zu lassen. Wenn du versprichst, mir nicht
die Kehle zu durchschneiden, darfst du ihn abscheren.«
    Â»Ich werde mein Bestes tun«, entgegnete sie lächelnd, »aber meine Augen sind nicht mehr so gut wie früher.«
    Â»Unsinn!«
widersprach Guyon, der hinter ihr stand. »Die sind immer noch so
scharf, daß du eine Nadel im Heuhaufen finden könntest.«
    Renard
betrachtete seinen Vater. Er hatte erwartet, ein wandelndes,
schmerzgebeugtes Skelett anzutreffen. Nun sah er sich angenehm
enttäuscht. Sicher, Guyon war dünner geworden, neue Falten durchzogen
die eingefallenen Wangen, die Augen lagen tiefer in den Höhlen,
leuchteten aber immer noch in lebhaftem Braun. Und die grauen Strähnen
im dunklen Haar hatten sich während der letzten vier Jahre nicht
vermehrt.
    Hat Adam vielleicht übertrieben, fragte sich
Renard. Doch dann umarmte er seinen Vater, spürte den keuchenden Atem
des alten Mannes im Gesicht. Und er hörte ein leises Röcheln, das nur
einiger leichtsinniger schneller Schritte durch den Hof oder eines
Regengusses bei der Jagd bedurft hätte, um in einen ernsthaften
Hustenanfall überzugehen.
    Â»Ihr wart schnell unterwegs«,
meinte Guyon, als sie einander losließen. »Wir haben erst in einem
Monat mit eurer Ankunft gerechnet.«
    Â»Du brauchst mich,
und ich kam, so schnell ich konnte. Das gute Wetter war ein Segen.«
Renard wandte sich mit seinem Vater zum Schloßeingang.
    Die
Mutter folgte ihnen nicht. Statt dessen beobachtete sie die junge Frau,
die ohne Hilfe von einer braunen Stute gestiegen war und nun Renards
Rücken nachstarrte, einen fast feindseligen Ausdruck in den tiefblauen
Augen. Blondes Haar fiel ihr auf die Schultern, offen wie bei einem
jungfräulichen Mädchen. Doch das war sie nicht, wie Judith bereits
wußte. Adam hatte Renards Reisebegleiterin

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