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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chadwick Elizabeth
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Flanken. Über Gorvenals Hals zog sich eine Schramme,
wo ihn ein harter Zweig gestreift hatte.
    Sein Herr war
in ähnlicher Verfassung. Kletten und Blätter klebten an seinem Umhang,
auf der Hand, die dem Reitknecht die Zügel reichte, trocknete das Blut
einer kleinen Schnittwunde. »Gib ihm Wasser, aber nicht zuviel, und
reib ihn ab. Laß ihn gesattelt. Ich bleibe nicht lange.«
    Â»Nicht lange?« fragte Olwen. »Wie lange ist das?« Sie lehnte am Türrahmen und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Der
Novemberwind wehte welkes Laub durch den Hof, den die Kälte der
hereinbrechenden Nacht erfüllte. Hinter Olwen lockten ein wärmendes
Feuer und der würzige Duft von Speisen, die Renard seit der Abreise aus
Antiochien nicht mehr gegessen hatte. Er lächelte schwach. Dort hatte
er sich nach Pökelfleisch und Roggenbrot gesehnt, jetzt reizte ihn ein
Lammpilaw. »So lange es eben dauert«, erwiderte er und nahm sie in die
Arme.
    Ihr offenes Haar fühlte sich wie Seide an, ihr
warmer Mund war so verführerisch wie ihr Körper, der sich an ihn
schmiegte. Er hätte sie sofort nehmen können, auf der Stelle. »Also
nicht sehr lange«, flüsterte sie an seinen Lippen und ließ ihre Hände
nach unten gleiten. »Oh, wie ungeduldig du bist! Erledigen wir's doch
gleich hier, dann kannst du schon nach wenigen Minuten zu deiner Braut
reiten.«
    Â»Ja, das könnten wir, nicht wahr?« Schmerzhaft
drückte er sie gegen den Türpfosten und erstickte ihren Protestschrei
mit einem Kuß. Dann richtete er seinen Zorn gegen sich selbst. Fluchend
ließ er sie los. Sie starrte ihn erbost an, wischte sich demonstrativ
mit dem Handrücken den Mund ab und ging in die Halle. Aber ihre Haltung
drückte eine verächtliche Einladung aus, keine Zurückweisung.
    Renard
fuhr mit allen Fingern durch sein Haar und fragte sich, warum er nicht
mit dem Jagdtrupp die reiche Beute nach Hause brachte. Noch könnte er
die anderen einholen. Er wandte sich halb zur Tür, aber Olwens
Anziehungskraft war stärker.
    Sie aßen Lammpilaw mit
Fladenbrot und tranken Apfelwein. Vielleicht hatte der kleine Kampf auf
der Türschwelle sie davor gewarnt, Renards Temperament an diesem Abend
zu reizen, oder sein Blick, der ihr seine Überlegung verraten hatte,
gleich wieder davonzueilen. Jedenfalls forderte sie ihn nicht mehr
heraus, und während der Mahlzeit beantwortete sie seine Fragen höflich,
wenn auch etwas steif.
    Er beobachtete, wie vorsichtig
die Dienerschaft um den Tisch herumschlich, und die Atmosphäre des
Hauses stimmte ihn unbehaglich. Beinahe gewann er den Eindruck, ein
versteckter Pfeil würde zwischen seine Schulterblätter zielen. Ein
nervöses, ungeschicktes Mädchen spritzte Apfelwein auf Olwens Kleid und
bekam eine schallende Ohrfeige, die in keinem Verhältnis zu dem
harmlosen Vergehen stand.
    Zitternd zog sich das Mädchen
zurück. Renard sagte nichts, er schaute Olwen nur an, die unter seinem
Blick errötend die Lieder senkte. Niemals würde Eleanor eine Dienerin
so behandeln, dachte er, leerte seinen Becher und schob einen Teller
beiseite.
    Â»Du hast nicht aufgegessen, Renard.«
    Â»Der Appetit ist mir vergangen«, entgegnete er und erhob sich.
    Kalte
Angst jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Sie hatte geglaubt, sie
würde zufrieden sein mit allem, was sie erreicht hatte. Doch sie wollte
mehr, und sie ließ ihre wachsende Frustration an den Dienstboten
aus â€“ und an Renard. Wenn er nicht wiederkam â€¦ Sie las diese
Gefahr in seinen Augen. Außerhalb des Betts hatten sie so wenig
gemeinsam. Sie stand auf, beschloß, diese einzige Gemeinsamkeit
heraufzubeschwören, ehe es zu spät war, und bedeutete der Magd, den
Tisch abzuräumen. »Hast du nicht immer noch Hunger?« fragte sie leise
und öffnete langsam den Halsverschluß ihres Kleids. »Deshalb bist du
doch gekommen â€¦Â« Sie schlenderte mit wiegenden Schritten zur
Schlafkammer. Auf der Schwelle warf sie einen Blick über die Schulter.
    Renard
hatte beabsichtigt, das Haus zu verlassen, aber er konnte es nicht.
Seine Füße weigerten sich, die Richtung zum Ausgang einzuschlagen.
Unabhängig von seinem Willen führten sie ihn zu seiner lächelnden
Geliebten, und er verschwand mit ihr hinter dem Vorhang, wie ein
Nachtfalter, den eine Kerzenflamme lockte.
    Auf
einen Ellbogen gestützt, beobachtete Olwen den

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