Die Leopardin
»Zum Weben habe ich
einen flämischen Webstuhl und zum Färben Weintrauben verwendet«, fuhr
sie fort. »Hoffentlich paÃt dir die Tunika, denn ich muÃte mich nach
den MaÃen richten, die vor vier Jahren genommen worden waren. Aber in
den Schultern habe ich sie etwas breiter zugeschnitten.«
Nachdenklich blickte er auf das Hemd hinab, das er bereits trug. »Das hast du auch gemacht?«
»Wenn meine Hände keine Beschäftigung haben, langweile ich mich, und ich nähe sehr gern.«
Renard
revidierte seinen ersten Eindruck von Eleanor und schlüpfte in die
Tunika. Sie saà ausgezeichnet, und er entdeckte, daà die Stickerei
winzige Schaufeln, Grasbüschel und sogar einen Hirten darstellte.
»Daran hast du sicher sehr lange gearbeitet«, meinte er fast
ehrfürchtig.
»Mein Hochzeitsgeschenk für dich.« Sie
errötete wieder. »Sicher besitzt du viele praktische Tuniken und
seidene aus der Levante. Aber du brauchst auch warme Sachen für den
Hof. AuÃerdem wollte ich sehen, wie der Stoff bei einem fertigen
Kleidungsstück wirkt. Ich habe noch eine andere Tunika für dich, aber
die darfst du vorerst nicht sehen.«
In aller Unschuld
warf sie ihm einen koketten, beinahe provozierenden Blick durch
gesenkte Wimpern zu und sah bezaubernd aus. Ohne zu überlegen, nahm er
sie in die Arme, und sein Mund suchte ihre Lippen.
Eleanor
war schon von einigen Männern geküÃt worden â von ihrem Vater und
den Vasallen, von Graf Guyon und Renards ausgelassenen Brüdern bei
Weihnachtsfesten, auch von Renard selbst, auf spielerische Weise, aber
noch nie in der sinnlichen Intimität, die sie jetzt erlebte. Oft hatte
sie sich einen solchen Kuà vorgestellt, doch die wundervolle und
zugleich furchterregende Wirklichkeit übertraf alle Träume.
Er
spürte ihre Unsicherheit und wollte sich zurückziehen. Doch da tat sie,
was sie sich zuvor gewünscht hatte. Sie strich über seine starken Arme
und Schultern, verschlang die Finger in seinem Nacken. Ihre Lippen
blieben mit seinen vereint und öffneten sich ein wenig. Sie merkte, wie
seine Atemzüge stockten und sich dann beschleunigten. Als er sie fester
an sich drückte, spürte sie eine drängende Härte an ihrem Bauch und
seltsame flackernde Gefühle zwischen ihren Schenkeln.
Renard
streichelte ihre Hüften. Der Kuà wurde beendet, als beide Luft holen
muÃten. Sie erschauerte, wollte sich losreiÃen von der Gefahr. Statt
dessen preÃte sie mit einem erstickten Schluchzen das Gesicht an seinen
Hals. Er hielt sie fest, schloà die Augen, bekämpfte sein Verlangen,
das vorerst nicht befriedigt werden durfte.
Nach einer
Weile löste er behutsam ihre Hände von seinem Nacken und trat zurück.
»Eigentlich sollte es nur ein Kuà werden.« Seufzend zuckte er die
Schultern. »Aber manchmal führt das eine viel zu schnell zum anderen.
Im Augenblick führe ich ein Leben auf Messers Schneide, und hin und
wieder brauche ich Entspannung â¦Â« Frustriert erwiderte er ihren
halb verständnisvollen, halb neugierigen Blick. »Und was ich brauche,
kann ich verdammt noch mal nicht haben ⦠Wie sind wir bloà von
Schafwolle auf so was gekommen? Ich gehe jetzt lieber. Leicester wird
schon auf mich warten.«
Sie bià sich auf die Unterlippe
und starrte ihm nach, als er hinauseilte. Hinter ihr tuschelte eine der
Dienstmägde kichernd hinter vorgehaltener Hand, die Hochzeit würde
sicher wunderbar werden â und die Hochzeitsnacht noch viel schöner.
Eleanor
fuhr herum und befahl ihr, den Mund zu halten. Um sich zu beschäftigen,
sammelte sie Renards abgelegte Kleidungsstücke ein, um sie in die
Waschküche zu schicken. Sein Hemd roch nach Schweià und nach etwas
anderem, Undefinierbarem, viel Köstlicherem. Ein Zittern rann durch
ihren Körper, als sie sich an den Kuà erinnerte, den harten Druck
seiner erregten Männlichkeit. Die eigenartigen Gefühle in ihrem
Unterleib erwachten von neuem. Hastig warf sie das schmutzige
Kleiderbündel in die Arme eines wartenden Dienstmädchens.
Graf
Robert von Leicester war fünfunddreiÃig Jahre alt, ein attraktiver Mann
mit schweren Lidern und grauen Augen, denen trotz des konstanten
schläfrigen Ausdrucks fast nichts entging. Renard begrüÃte ihn mit
einem Lächeln, das seine Müdigkeit nicht verbarg, und setzte sich auf
einen mit Fell bezogenen Stuhl neben
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