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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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erneut die Waffe.
    Je näher Michel seinem Ziel kam, desto kürzer wurde die Schussdistanz. Michel feuerte sein Gewehr auf den Gestapo-Mann ab, doch der Schuss ging weit daneben. Der Deutsche behielt einen kühlen Kopf und feuerte zurück. Diesmal wurde Michel getroffen und brach in die Knie. Flick stieß einen Angstschrei aus.
    Michel versuchte, wieder auf die Beine zu kommen, und brach erneut zusammen. Flick zwang sich zur Ruhe und dachte fieberhaft nach. Michel lebte noch. Genevieve hatte das Portal der Kirche erreicht und zog mit ihrem MP -Feuer nach wie vor die Aufmerksamkeit der Feinde im Schloss auf sich. Dadurch bot sich Flick die Chance, Michel zu retten. Auch das war befehlswidrig, doch kein Befehl der Welt würde sie dazu bringen, ihren Ehemann dort auf dem Boden liegen und verbluten zu lassen – ganz abgesehen davon, dass man ihn, wenn er dort liegen blieb, verhaften und brutal in die Mangel nehmen würde. Als Anführer der Bollinger-Gruppe kannte Michel sämtliche Namen, Adressen und Codewörter. Seine Verhaftung wäre eine Katastrophe.
    Ihr blieb gar nichts anderes übrig.
    Sie gab einen weiteren Schuss auf den Gestapo-Mann ab, und wieder ging die Kugel fehl, aber sie blieb am Drücker, feuerte wieder und wieder auf ihn, sodass er gezwungen war, sich an der Mauer entlang weiter zurückzuziehen und nach Deckung Ausschau zu halten.
    Flick stürmte aus der Bar auf den Platz hinaus. Am Rande ihres Blickfelds nahm sie wahr, dass der Sportwagenfahrer noch immer über seiner Freundin lag, um sie vor dem Kugelhagel zu schützen. Sie hatte ihn völlig vergessen, und ihr war klar, dass er sie, wenn er bewaffnet war, ohne weiteres hätte erschießen können. Doch die Kugeln blieben aus.
    Sie erreichte den auf dem Boden liegenden Michel, ging neben ihm auf die Knie, sah sich noch einmal nach dem Rathaus um und gab zwei weitere Schüsse auf den Gestapo-Major ab, um ihn nicht auf dumme Gedanken kommen zu lassen. Dann wandte sie sich ihrem Mann zu.
    Zu ihrer großen Erleichterung sah sie, dass seine Augen offen waren und dass er atmete. Allem Anschein nach hatte er eine blutende Wunde an der linken Gesäßhälfte. »Du hast ‘ne Kugel im Hintern«, sagte sie auf Englisch.
    »Tut verdammt weh«, erwiderte er auf Französisch.
    Flick sah sich wieder nach dem Gestapo-Mann um. Der hatte sich zirka zwanzig Meter weiter zurückgezogen und versuchte gerade, die schmale Straße zu überqueren, um in einem Ladeneingang Deckung zu suchen. Diesmal nahm sich Flick ein paar Sekunden Zeit und zielte genauer. Viermal drückte sie ab. Das Schaufenster zerbarst in tausend Stücke, und der Major taumelte rückwärts und stürzte zu Boden.
    Auf Französisch sagte sie zu Michel: »Versuch aufzustehen!« Er rollte sich auf die Seite, stöhnte vor Schmerzen und schaffte es auf ein Knie, konnte aber das verwundete Bein nicht bewegen. »Nun mach schon!«, sagte Flick rau. »Wenn du hier bleibst, bist du ein toter Mann.« Sie packte ihn vorne am Hemd und zog ihn unter Aufbietung aller Kräfte hoch. Michel stand auf seinem gesunden Bein, konnte aber sein eigenes Gewicht nicht tragen und stützte sich daher schwer auf sie.
    Flick erkannte, dass er nicht gehen konnte, und sie stöhnte verzweifelt auf. Als sie sich umsah, merkte sie, dass der Major im Begriff war, sich wieder aufzurappeln. Er hatte Blut im Gesicht, schien aber ansonsten nicht ernsthaft verletzt zu sein. Wahrscheinlich hatte er nur ein paar oberflächliche Kratzer von umherfliegenden Glassplittern abbekommen und war durchaus noch in der Lage, zu schießen.
    Es gab nur eine einzige Chance: Sie musste Michel aus der Gefahrenzone tragen.
    Sie beugte sich zu ihm nieder, packte ihn bei den Hüften und legte ihn sich über die Schulter – der klassische Bergungsgriff der Feuerwehr. Michel war groß und dünn – so wie die meisten Franzosen in diesen Tagen. Trotzdem hatte Flick das Gefühl, sie müsse jeden Augenblick unter seinem Gewicht zusammenbrechen. Sie geriet ins Taumeln, ihr wurde schwindelig – aber sie blieb auf den Beinen.
    Nach kurzem Zögern trat sie einen Schritt vor.
    Und dann schleppte sie sich mit ihrer Last über das Kopfsteinpflaster. Sie dachte, der Gestapo-Major hätte sie neuerlich ins Visier genommen, doch war sie sich dessen nicht sicher, weil zwischen Genevieve und den paar noch lebenden Resistance-Kämpfern auf der einen sowie den Verteidigern des Schlosses auf der anderen Seite noch immer ein wilder Schusswechsel tobte. Die Furcht, jederzeit getroffen

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