Die Leopardin
küsste sie auf die Lippen. »Und Küsse auch?«
»Ja.«
»Dann können wir uns von mir aus ein ganzes Jahr lang unterhalten.«
»Wie hieß sie?«
Paul wurde klar, dass Flick gar nicht so selbstbewusst war, wie sie sich gab. In Wirklichkeit hatte sie Lampenfieber, und deshalb stellte sie ihm willkürliche Fragen. Nun, wenn sie das beruhigte, dann konnte er ebenso gut antworten. »Sie hieß Linda. Wir waren noch schrecklich jung – meine Güte, es ist mir richtig peinlich, wie jung wir noch waren! Sie war zwölf, als ich sie zum ersten Mal geküsst hab, und ich vierzehn, kannst du dir das vorstellen?«
»Klar kann ich das.« Flick kicherte und fühlte sich einen Moment lang wieder wie eine Halbwüchsige. »Mit zwölf hab ich auch schon Jungs geküsst.«
»Wir mussten immer so tun, als gingen wir im Rudel aus, mit der ganzen Clique, verstehst du, und gewöhnlich fing der Abend auch so an. Früher oder später machten wir uns dann aber aus dem Staub und gingen ins Kino oder woandershin. Erst nach zwei Jahren hatten wir zum ersten Mal richtig Sex miteinander.«
»Wo war das? In Amerika?« »In Paris. Mein Vater war Militärattache an der Botschaft. Lindas Eltern besaßen ein Hotel und hatten sich auf die Bewirtung von amerikanischen Besuchern spezialisiert. Unsere Clique bestand eigentlich nur aus Jugendlichen, die fern der Heimat aufwuchsen.«
»Wo habt ihr euch geliebt?«
»Im Hotel. Das war nicht schwer. Irgendein leer stehendes Zimmer gab es immer.«
»Wie hast du das empfunden, das erste Mal? Hast du – na, du weißt schon – aufgepasst?«
»Linda hatte ihrem Vater eins von seinen Gummis geklaut.«
Flick zog mit den Fingerspitzen eine Spur bis hinunter zu seinem Bauch. Er schloss die Augen. »Hast du ‘s dir übergezogen – oder sie?«
»Sie. Und es war so aufregend, dass ich um ein Haar sofort gekommen wäre. Und wenn du dich jetzt nicht vorsiehst.«
Sie legte die Hand auf seine Hüfte. »Schade. Ich hätte dich gerne schon gekannt, als du sechzehn warst.«
Paul machte die Augen wieder auf. Nein, die Ewigkeit war doch zu lange. viel zu lange. Es drängte ihn, den nächsten Schritt zu tun. »Hättest du.« Sein Mund war trocken, und er schluckte. »Hättest du was dagegen, was von deinen Sachen auszuziehen?«
»Nein. Aber da wir gerade von Aufpassen gesprochen haben. «
»In meiner Brieftasche. Auf dem Nachttisch.«
»Gut.« Sie setzte sich auf, löste die Schnürsenkel und warf die Schuhe auf den Fußboden. Dann stand sie auf und knöpfte ihre Bluse auf. Er konnte sehen, wie angespannt sie war, deshalb sagte er: »Nimm dir Zeit, wir haben noch die ganze Nacht.«
Es war schon zwei Jahre her, dass Paul einer Frau beim Ausziehen zugesehen hatte. Der Krieg hatte ihn auf Pin-up-Diät gesetzt: Mädchenposter, auf denen allerlei raffiniertes Unterzeug aus Seide und Spitze zu sehen war, Korsetts und Strumpfgürtel und durchsichtige Negligés. Flick trug keinen Büstenhalter, nur ein lose fallendes Baumwollhemdchen, doch wenn er die kleinen, hübschen Brüste, die sich verführerisch darunter abzeichneten, richtig einschätzte, brauchten sie keine Stütze. Das Höschen war aus schlichter weißer Baumwolle mit Rüschen um die Beine. Flicks Körper war klein, aber muskulös. Sie sah aus wie ein Schulmädchen, das sich fürs Hockeytraining umzieht, doch Paul fand sie aufregender als jede Pin-up-Schönheit.
Sie legte sich wieder neben ihn. »Besser so?«, fragte sie.
Er streichelte ihre Hüfte, spürte die warme Haut, die weiche Baumwolle, dann wieder Haut. Sie war noch nicht bereit, das merkte er. Er zwang sich zur Geduld und ließ sie das Weitere bestimmen. »Du hast noch nichts von deinem ersten Mal erzählt«, sagte er.
Zu seiner Überraschung wurde sie rot. »Das war nicht so nett wie bei dir.«
»Inwiefern?«
»Die Umgebung war grässlich, ein staubiger Lagerraum.«
Empörung ergriff ihn. Was war das für ein Idiot, der einem so außergewöhnlichen Mädchen wie Flick beim ersten Mal ein verstohlenes Quickie im Besenschrank zumutete? »Wie alt warst du da?«
»Zweiundzwanzig.«
Er hatte damit gerechnet, dass sie »siebzehn« sagen würde. »Ach du meine Güte! In dem Alter verdient man schon ein bequemes Bett.«
»Na ja, bei mir war’s eben nicht so.«
Paul merkte, dass sie sich jetzt wieder entspannte, und ermutigte sie zum Weitersprechen. »Was ist schiefgelaufen?«
»Vermutlich, dass ich es eigentlich gar nicht wollte. Ich bin dazu überredet worden.«
»Hast du den Kerl
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