Die Leopardin
bislang aber noch nicht begegnet, auch wenn ihr in der Theorie natürlich klar war, dass es weibliche Pendants zu ihrem Bruder Mark und zu Greta gab. Aber dass sich zwei Frauen in einem Gartenschuppen. nun ja, gegenseitig befummelten, sprengte doch ihr bisheriges Vorstellungsvermögen.
War es denn von irgendwelchem Belang? Nicht im Alltagsleben. Mark und andere, ebenso veranlagte Männer waren glücklich, vorausgesetzt, man ließ sie in Ruhe. Doch wie verhielt es sich mit der Beziehung zwischen Diana und Maude? Gefährdete sie die Mission? Nicht unbedingt. Ich arbeite schließlich selber mit meinem Ehemann zusammen in der Resistance, dachte Flick. Andererseits: So direkt vergleichbar ist das auch wieder nicht. Eine leidenschaftliche neue Liebe kann sich nachteilig auf die Konzentration auswirken.
Ich könnte versuchen, die beiden voneinander fern zu halten. Aber damit würde ich Diana nur noch renitenter machen. Ebenso gut kann das Techtelmechtel inspirierend wirken. Ich habe weiß Gott alles getan, die Frauen zu einem Team zusammenzuschweißen – und dabei kann so etwas vielleicht sogar helfen.
Nein, sie hatte beschlossen, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Aber Diana wollte darüber sprechen.
»Es ist nicht so, wie ‘s ausgesehen hat«, sagte Diana ohne jede Einleitung. »Herrgott, du musst mir glauben. Es war bloß ein dummer Ausrutscher, ein Witz. «
»Möchtest du noch Kakao?«, fragte Flick. »Ich glaube, im Krug ist noch welcher.«
Diana starrte sie verblüfft an und fragte: »Sag mal, wie kannst du jetzt von Kakao reden?«
»Ich möchte bloß, dass du dich beruhigst und einsiehst, dass die Welt nicht aufhört, sich zu drehen, bloß weil du Maude geküsst hast. Mich hast du auch schon mal geküsst – erinnerst du dich?«
»Ich hab doch gewusst, dass du das aufs Tapet bringen würdest! Aber das war damals doch eine Kinderei. Mit Maude – das war nicht einfach nur ein Kuss.« Diana setzte sich. Ihr stolzes Gesicht verzog sich, und sie begann zu weinen. »Du weißt, dass das viel mehr war, du hast es doch gesehen. O Gott, was ich da gemacht habe! Was musst du bloß gedacht haben!«
Flick wählte ihre Worte sorgfältig. »Ich hab gedacht, dass ihr beide richtig süß ausseht.«
»Süß?« Diana sah sie ungläubig an. »Es hat dich nicht abgestoßen?«
»Ganz bestimmt nicht. Maude ist ein hübsches Mädchen, und so, wie ‘s aussah, hast du dich in sie verliebt.«
»Genau so ist es.«
»Dessen brauchst du dich doch nicht zu schämen.«
»Du hast gut reden! Ich bin abartig veranlagt!«
»Das würde ich an deiner Stelle nicht so sehen. Natürlich solltest du Diskretion wahren, damit du Kleingeister wie Jelly nicht vor den Kopf stößt, aber für Scham sehe ich nicht den geringsten Anlass.«
»Werde ich immer so sein?«
Flick dachte nach. Die Antwort lautete wahrscheinlich ja, doch so unverblümt wollte sie es nicht aussprechen. »Schau her«, sagte sie, »ich glaube, es gibt Menschen, die einfach bloß geliebt werden wollen, so wie Maude, und dann ist es ihnen egal, ob eine Frau oder ein Mann sie glücklich macht.« In Wahrheit hielt sie Maude für ein oberflächliches, selbstsüchtiges Flittchen, hütete sich aber, diesen Gedanken laut zu äußern, und sagte stattdessen: »Andere sind weniger flexibel. Bewahr dir ruhig deinen weiten Horizont!«
»Ich nehme an, dass Maude und ich jetzt von der Mission ausgeschlossen werden.«
»Ach was!«
»Du behältst uns trotzdem?«
»Ich brauche euch. Und ich sehe nicht, was sich durch diese Geschichte daran ändern sollte.«
Diana zog ein Taschentuch hervor und putzte sich die Nase. Flick stand auf und ging ans Fenster; sie wollte Diana Zeit geben, sich zu fangen. Als Diana nach einer Minute wieder zu sprechen begann, klang ihre Stimme schon wesentlich ruhiger. »Das ist ja wirklich schrecklich nett von dir«, sagte sie mit einem Anflug der gewohnten Hochnäsigkeit.
»Geh schlafen«, sagte Flick.
Diana stand gehorsam auf.
»Und wenn ich du wäre .«
»Was dann?«
»Dann würde ich jetzt zu Maude ins Bett schlüpfen.«
Diana wirkte schockiert.
Flick zuckte die Achseln. »Es könnte eure letzte Chance sein.«
»Danke«, flüsterte Diana. Sie machte einen Schritt auf Flick zu, breitete die Arme aus wie zu einer Umarmung – und hielt dann unvermittelt inne. »Du. du willst jetzt vielleicht gar nicht mehr von mir geküsst werden«, sagte sie.
»Sei nicht albern«, erwiderte Flick und nahm sie in den Arm.
»Gute Nacht«, sagte Diana und verließ
Weitere Kostenlose Bücher