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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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normalen Gang. Flick und Ruby passierten rasch die Telefonistinnen, die alle schwer beschäftigt vor ihren Schalttafeln saßen, leise in die Mikrofone ihrer Kopfhörer sprachen und Stecker in Buchsen steckten, um die Entscheidungsträger in Berlin, Paris und der Normandie miteinander zu verbinden. Flick sah auf ihre Armbanduhr. In genau zwei Minuten würden alle diese Verbindungen zerstört werden und mit ihnen der deutsche Militärapparat in Frankreich auseinander fallen. Eine Kooperation der weit im Land zerstreuten Restbestände ist vorerst ausgeschlossen. Jetzt müssen wir nur noch hier raus, dachte Flick.
    Sie verließen das Gebäude ohne Zwischenfall. Schon war der Stadtplatz in Sicht. Sie hatten es beinahe geschafft. Doch im Schlosshof kam ihnen Jelly entgegen.
    »Wo ist Greta?«, fragte sie.
    »Die ist doch mit dir gegangen!«, antwortete Flick.
    »Ich hab noch die Bombe im Generatorenraum gelegt. Greta wollte vorgehen. Aber bei Antoinette ist sie nie angekommen. Ich habe gerade Paul getroffen, der hat sie auch nicht gesehen. Da bin ich zurückgegangen, um nach ihr zu suchen.« Sie hielt ein in Papier gewickeltes Päckchen in der Hand. »Den Wachtposten am Tor hab ich erzählt, ich wolle nur schnell raus, um mein Abendbrot zu holen.«
    Flick war bestürzt. »Greta muss also noch drin sein – verdammt!«
    »Ich hol sie raus«, sagte Jelly entschlossen. »Sie hat mich in Chartres vor der Gestapo gerettet, das bin ich ihr schuldig.«
    Flick sah auf ihre Uhr. »Uns bleiben keine zwei Minuten mehr. Aber versuchen wir‘s!«
    Alle drei liefen sie wieder ins Schloss. Die Frauen an den Schaltbrettern starrten sie verwundert an, als sie durch die Räume rannten. Flick bereute ihre Entscheidung schon fast wieder. Ich bin imstande und opfere das Leben von dreien – darunter mein eigenes – bei dem Versuch, ein einziges Leben zu retten.
    Im Treppenhaus blieb Flick stehen. Die beiden Soldaten, die sie mit einem Witzchen aus dem Keller herausgelassen hatten, würden sie nicht so ohne weiteres wieder hineinlassen. »Wie gehabt«, sagte sie leise zu Ruby und Jelly. »Wir spielen die Naiven, solange wir auf die Posten zugehen, und schießen erst im letzten Augenblick.«
    Von oben fragte eine Stimme: »Was geht hier vor?«
    Flick erstarrte.
    Sie warf einen Blick zurück. Auf der Treppe, die vom Obergeschoss herabführte, standen vier Männer. Einer davon trug die Uniform eines Gestapo-Majors und richtete seine Pistole auf sie. Sie erkannte den Mann, der vor neun Tagen Michel verwundet hatte.
    Das war also das Durchsuchungskommando, das Franck gefordert hatte. Es kam im denkbar falschesten Augenblick.
    Flick verwünschte sich und ihren unbedachten Entschluss. Jetzt sterben vier statt einer.
    »Meine Damen, Sie kommen mir verdächtig vor«, sagte Weber.
    »Was wollen Sie von uns?«, fragte Flick. »Wir sind die Putzfrauen.«
    »Kann sein«, sagte Weber. »Aber irgendwo hier in der Gegend treibt eine Bande feindlicher Agentinnen ihr Unwesen.«
    Flick tat, als wäre ihr ein Stein vom Herzen gefallen. »Ach, das ist gut«, sagte sie. »Wenn Sie feindliche Spioninnen suchen, kann uns ja nichts passieren. Ich dachte schon, Sie wären unzufrieden mit unserer Arbeit.« Sie zwang sich zu einem Lachen. Ruby stimmte ein, doch falsch klang es bei beiden.
    Weber sagte: »Hände hoch.«
    Flick gehorchte und warf dabei einen Blick auf ihre Armbanduhr.
    Noch dreißig Sekunden.
    »Treppe runter!«, befahl Weber.
    Widerstrebend setzte sich Flick in Bewegung. Ruby und Jelly folgten ihr, dann die vier Männer. Sie ging so langsam, wie sie konnte, und zählte dabei die Sekunden.
    Am Fuße der Treppe blieb sie stehen. Zwanzig Sekunden.
    »Sie schon wieder?«, fragte einer der Wachtposten.
    Flick sagte: »Sprechen Sie mit Ihrem Vorgesetzten.«
    »Weitergehen«, sagte Weber.
    »Ich dachte, wir dürften das Untergeschoss nicht betreten.«
    »Weiter, weiter!«
    Noch fünf Sekunden.
    Sie gingen durch den Kellereingang.
    Es gab einen ohrenbetäubenden Knall.
    Am anderen Ende des Korridors wurden die Trennwände im Geräteraum nach außen gesprengt. Es krachte mehrfach hintereinander. Flammen tänzelten über den Schutt.
    Flick war von der Druckwelle umgeworfen worden. Sie rappelte sich aber sofort wieder auf, stützte sich auf ein Knie, zog die Maschinenpistole unter ihrem Kittel hervor und fuhr blitzartig herum. Rechts und links von ihr lagen Jelly und Ruby. Die Wachtposten sowie Weber und seine drei Begleiter waren ebenfalls zu Boden gegangen. Flick

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