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Die Lerche fliegt im Morgengrauen

Titel: Die Lerche fliegt im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Mann, der ihn bediente, war Mitte Fünfzig und weißhaarig. Er trug eine Armeebrille mit Metallgestell und hatte die Hemdsärmel hochgekrempelt.
    »Hallo, Gordon«, sagte sie. »Ich habe hier eine höchste Dringlichkeitssache. Tippen Sie das so sauber wie möglich. Eine Kopie für die persönliche Ablage. Können Sie das sofort erledigen?«
    »Natürlich, Captain Tanner.« Er warf einen kurzen Blick darauf. »Eine Viertelstunde. Ich schicke es weiter.«
    Sie ging hinaus, und er nahm hinter seiner Schreibmaschine Platz, holte tief Luft, um sich zu sammeln, während er die Überschrift las. Nur für den Premierminister persönlich. Gordon Brown hatte fünfundzwanzig Jahre beim Nachrichten­ dienst gearbeitet und den Rang eines Stabsfeldwebels erreicht. Eine ansehnliche, wenn auch unspektakuläre Karriere, die in der Verleihung eines M. B. E. und dem Angebot einer Anstel­ lung im Verteidigungsministerium nach seinem Ausscheiden aus der Armee gipfelte. Und alles war für ihn zufriedenstellend gewesen bis zum vergangenen Jahr, als seine Frau an Krebs starb. Ihre Ehe war kinderlos geblieben, wodurch er sich mit fünfundfünfzig Jahren völlig allein in einer kalten Welt wieder­ fand, und dann geschah etwas Wunderbares.
    Im Ministerium wurden ständig Einladungskarten zu allen möglichen Empfängen in den Londoner Botschaften verteilt. Häufig nahm er sich auch eine. Er vertrieb sich damit seine Langeweile, und während einer Kunstausstellung in der deut­ schen Botschaft lernte er Tania Nowikowa kennen, eine Sekre­ tärin und Stenotypistin in der sowjetischen Botschaft.
    Sie hatten einander auf Anhieb gut verstanden. Sie war drei­
    ßig und nicht gerade eine Schönheit, doch als sie anläßlich ihres zweiten Treffens mit ihm in seiner Wohnung in Camden ins Bett ging, war es wie eine Offenbarung. Brown hatte Sex auf diese Art noch nie erlebt und war ihr auf Anhieb verfallen. Und damit fing es an. Die Fragen zu seinem Job und zu allem, was im Verteidigungsministerium vor sich ging. Die Bezie­ hung kühlte ab. Er sah sie nicht mehr und war völlig verwirrt und wurde fast wahnsinnig. Er rief sie in ihrer Wohnung an. Zuerst reagierte sie kühl, abweisend, und dann fragte sie ihn, ob er in der letzten Zeit etwas Interessantes in Händen gehabt habe.
    Er begriff in diesem Moment, was ablief, doch es war ihm gleichgültig. Durch seine Hände ging eine Reihe von Berichten und Meldungen über Veränderungen bei der britischen Armee im Hinblick auf politische Neuorientierungen in Rußland. Es war einfach, zusätzliche Kopien anzufertigen. Wenn er diese in ihre Wohnung brachte, dann war es wieder genauso wie früher, und sie führte ihn zu Höhepunkten der Lust, wie er sie niemals kennengelernt hatte.
    Von da an tat er für sie einfach alles, lieferte Kopien von allem, was sie möglicherweise interessieren könnte. Nur für den Premierminister persönlich. Wi e dankbar würde sie sich dafür erweisen? Er beendete die Abschrift und zog zwei Kopien, eine für sich selbst. Er hatte mittlerweile in einer Schublade seiner Wäschekommode einen ganzen Aktenordner voll davon. Die andere Kopie war für Tania Nowikowa, die natürlich keine Sekretärin und Stenotypistin in der sowjeti­ schen Botschaft war, wie sie Brown erklärt hatte, sondern ein Hauptmann des KGB.

    Gaston öffnete das Tor der Garage gegenüber dem Le Chat Noir, und Pierre setzte sich hinter das Lenkrad des roten und cremefarbenen Peugeot. Sein Bruder nahm auf dem Rücksitz Platz, und sie fuhren los.
    »Ich habe keine Ruhe«, sagte Gaston. »Ich meine, wenn sie ihn nicht erwischt haben? Er wird sicher nach uns suchen, Pierre.«
    »Unsinn«, widersprach Pierre. »Er ist längst weg, Gaston. Welcher Idiot würde sich noch hier herumtreiben nach dem, was passiert ist? Nein, zünde mir eine Zigarette an und sei still. Wir gehen jetzt erst einmal gut essen und anschließend ins Belle Aurore. Dort treten noch immer diese schwedischen Striptease-Schwestern auf.«
    Es war kurz vor acht Uhr, die Straßen waren still und verlas­ sen, die Menschen hatten sich wegen der eisigen Kälte in ihre vier Wände verkrochen. Sie gelangten zu einem kleinen Platz, und als sie ihn überquerten, tauchte hinter ihnen ein CRSPolizist auf seinem Motorrad auf und ließ sein Warnlicht aufblitzen.
    »Wir werden von einem Polizisten verfolgt«, meldete Ga­ ston.
    Er fuhr neben sie und winkte ihnen zu, sie sollten anhalten. »Eine Nachricht von Savary, nehme ich an«, meinte Pierre und
    lenkte den

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