Die Lerche fliegt im Morgengrauen
jegliche Entwicklung auf dem laufenden, und zwar bei höchster Geheimhaltungsstufe. Sie berichten nur mir persön lich.«
»Natürlich, Herr Premierminister.«
Hinter ihnen öffnete die Tür sich wie durch Zauberhand, und der Gehilfe erschien, um Ferguson hinauszubegleiten. Als die Tür geschlossen wurde und Ferguson zum Ausgang schritt, hatte der Premierminister sich bereits in den nächsten Papier
stapel vertieft.
Während die Limousine anfuhr, beugte Mary Tanner sich vor, um die Trennscheibe zu schließen. »Was ist los? Worum ging’s?«
»Um die Affäre in Frankreich.« Ferguson klang seltsam zu rückhaltend. »Wissen Sie, er hat tatsächlich etwas Besonderes an sich.«
»Nun stellen Sie sich doch nicht so an, Sir«, sagte Mary. »Wenn Sie ganz ehrlich sind, meinen Sie nicht auch, daß wir nach all den Jahren Tory-Regierung mal eine Abwechslung nötig haben?«
»Sie sind mir die richtige Fürsprecherin der Arbeiterklasse«, sagte er. »Ihr lieber alter Herr, er möge in Frieden ruhen, war Medizinprofessor in Oxford, und Ihrer Mutter gehört halb Hereford. Und was ist Ihre Wohnung am London Square wert, eine Million, was meinen Sie? Wie kommt es, daß die Kinder der Reichen sich immer so penetrant auf die Seite der Linken schlagen, während sie nach wie vor ausschließlich im Savoy dinieren?«
»Das ist eine krasse Übertreibung.«
»Aber im Ernst, meine Liebe, ich habe sowohl für Premier
minister der Labour Party wie auch der Konservativen gearbei tet. Die Couleur des jeweiligen Politikers ist völlig bedeutungslos. Nehmen Sie den Marquess of Salisbury, als er Premierminister war, oder Gladstone, Disraeli, sie alle hatten ähnliche Probleme wie wir heute. Fenier aus Irland, Anarchi sten, Bombenattentate in London, nur war es damals ordinäres Dynamit und noch kein Semtex wie heute, und wie viele Anschläge wurden auf das Leben der Königin Victoria unter nommen?« Er blickte hinaus auf den Verkehr von Whitehall, während sie sich dem Verteidigungsministerium näherten. »Es ändert sich nichts.«
»Na schön, Ende der Vorlesung, aber was ist denn nun wirk lich los?«
»Ach so, wir sind wieder im Geschäft, das ist los«, sagte er. »Ich fürchte, wir müssen Ihre Rückversetzung zur Militärpoli zei einstweilen verschieben.«
»Sie altes Ekel!« rief sie und umarmte ihn vor Freude.
Fergusons Büro im Verteidigungsministerium befand sich an einer Ecke im hinteren Teil des Gebäudes über der Horse Guards Avenue und bot einen Ausblick auf das Victoria Embankment und den Fluß am anderen Ende. Er hatte sich kaum hinter seinem Schreibtisch niedergelassen, als Mary hereingestürmt kam.
»Ein verschlüsseltes Fax von Hernu. Ich habe es schon durch die Maschine laufen lassen. Es wird Ihnen kaum gefallen.«
Es enthielt die Zusammenfassung des Gesprächs zwischen Hernu und Martin Brosnan sowie die Informationen über Sean Dillon – alles.
»Mein Gott«, sagte Ferguson. »Schlechter ging es wohl nicht. Dieser Dillon ist ja wie ein Gespenst. Gibt es ihn, oder gibt es ihn nicht? So gefährlich wie Carlos nach den Maßstäben des internationalen Terrorismus, aber den Medien und der Öffent lichkeit völlig unbekannt, und nichts, worauf man sich stützen kann.«
»Aber eins haben wir doch, Sir.«
»Und was?«
»Brosnan.«
»Stimmt, aber hilft uns das?« Ferguson stand auf und trat zum Fenster. »Ich hab’ mal vor Jahren versucht, Martin zu überreden, mir in einer Sache behilflich zu sein. Er wollte nicht das geringste damit zu tun haben.« Er wandte sich lächelnd um. »Es ist seine Freundin, wissen Sie, diese Anne-Marie Audin. Sie hat furchtbare Angst, daß er wieder das wird, was er einmal
war.«
»Ja, das kann ich verstehen.«
»Aber macht nichts. Wir sollten lieber dem Premierminister einen Bericht über die jüngsten Entwicklungen schicken. Fassen wir uns möglichst kurz.«
Sie holte einen Bleistift hervor und stenographierte mit, wäh rend er diktierte. »Sonst noch was, Sir?« fragte sie, als er geendet hatte.
»Ich glaube nicht. Lassen Sie das tippen. Eine Kopie für die Akten, die andere für den P. M. Schicken Sie sie per Boten in die Nummer zehn. Streng geheim.«
Mary tippte eine Rohfassung des Berichts selbst und ging dann durch den Flur zum Schreib- und Kopierraum. Es gab auf jeder Etage einen, und die Büroangestellten hatten allesamt eine Sicherheitsüberprüfung über sich ergehen lassen müssen. Der Fotokopierer ratterte, als sie den Raum betrat. Der
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