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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
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wollte.
    »Das ist schon in Ordnung«, sagte Don. »Schlaf einfach. Das brauchst du mehr als alles andere. Schlaf.« Er hatte eine Taschenflasche und einen Plastikbecher. Er schenkte eine goldene Flüssigkeit aus der Flasche ein. »Trink das.«

    Mel trank einen Schluck. Das Zeug war stark und aromatisch, und als er es hinunterschluckte, spürte er einen Kick im Hinterkopf. »Wow.«
    »Almas Bester.« Don grinste. »Und es ist etwas drin, ein Pulver der Weißkittel. Hilft dir beim Einschlafen.«
    »Ich will nicht schlafen. Es ist noch zu früh. Erst acht Uhr …«
    »Das ist ein Befehl«, sagte Don sanft. »Na los, trink aus und leg dich hin. Wenn du jetzt gleich einschläfst, können sich die Erinnerungen nicht formen, und es ist morgen früh nicht so schlimm. Du weißt schon, das Schuldgefühl.«
    Mel zögerte. Aber er war zu erschöpft, um zu widersprechen. Er setzte sich aufs Bett und zog die schweren Stiefel aus. Seine Füße stanken, nachdem sie den ganzen Tag in den Sockenschichten geschwitzt hatten. Er legte sich hin und zog die Decke über sich. »Wo haben wir so was bloß gelernt? Vielleicht haben die Sonderkommandos der Nazis auf diese Weise gearbeitet.«
    »Keine Ahnung«, sagte Don grimmig. »Wenn nicht, mussten wir es uns wohl selber ausdenken.«
    »Holle – die Arche. Ich möchte das auf keinen Fall verpassen. «
    »Ich wecke dich.« Don schaute zum Zeltdach hinauf. »Holle und Kelly werden nie erfahren, was für ein Glück sie haben, aus all dem aufgefahren zu sein.«
    »Vergiss nicht, mich zu wecken«, flüsterte Mel.
    »Versprochen. Schlaf jetzt.«
    Als Don ihn in den frühen Morgenstunden weckte, hörte er Schreie und roch den Gestank von Bränden.

55
    Selbst auf dem Gelände an der Buckskin Street herrschte Chaos. Soldaten und Zivilisten liefen wild durcheinander.
    Patrick Groundwater schaute im Laufen auf seine Armbanduhr. Sein Mantel flatterte um ihn herum. Er hatte schon längst beim Kontrollzentrum sein wollen. In wenigen Minuten würde der Aufbau der Warp-Blase erfolgen – oder vielmehr, in der Umlaufbahn um den fernen Jupiter war er bereits erfolgt oder auch nicht, und seine einzige Tochter war auf dem Weg zu den Sternen oder nicht. Und die Nachricht von diesem großartigen Ereignis schlich lediglich mit Lichtgeschwindigkeit durchs Sonnensystem, ohne sich auch nur im Geringsten um ein nervös schlagendes Menschenherz zu kümmern. Er schaute nach oben, aber der Himmel war voller Wolken, und emporsteigende Rauchsäulen verdunkelten ihn noch mehr. Falls der verfinsterte Mond aufgegangen war, so konnte er ihn nicht sehen.
    Patrick war neunundfünfzig Jahre alt. Er konnte nicht schneller laufen. Verdammt, verdammt.
    Als er das Kontrollzentrum erreichte, wurde der Brandgeruch stärker, und das Knallen der Schüsse kam näher. Er sah, dass das Gebäude von Soldaten umstellt war. Obwohl es nun auf Sekunden ankam, musste er seine ID vorzeigen und seine Netzhaut einem Laserflash-Test unterziehen. Während er nach seinen Papieren suchte, senkte sich von oben ein lautes Geräusch wie das Schlagen riesiger Schwingen auf ihn herab. Er duckte
sich, und einige der Soldaten um ihn herum wichen zurück und hoben die Waffen. Es war ein Chinook, vielleicht der letzte, der irgendwo auf der Welt flog. Seine beiden Rotoren ratterten über der misshandelten Stadt, und die staubigen Lichtstrahlen seiner Scheinwerfer unterstützten die Operationen am Boden.
    Als Patrick endlich das Kontrollzentrum betrat, hielt Gordo Alonzo gerade eine Ansprache. Er stand auf einem Tisch an der Stirnseite des Raums, vor den Reihen der Konsolen mit ihren leuchtenden Bildschirmen. Hinter ihm schimmerte eine Karte des Sonnensystems, der dunkle, kühne Bogen des Archen-Orbits wie eine lässige Signatur. Thandie Jones stand neben ihm.
    »In den kommenden Generationen, den langen künftigen Jahrhunderten auf der Erde II wird man sich immer daran erinnern, was wir gemeinsam hier, in Gunnison und in Denver erreicht haben«, sagte Gordo gerade. »Man wird sich an euch erinnern. Ihr wisst ja, Alma – die Stadt – ist nach der Tochter des Burschen benannt worden, der 1873, zur Zeit der Stadtgründung, das Lebensmittelgeschäft führte. Aber man hat mir gesagt, ›alma‹ sei auch das spanische Wort für ›Seele‹. Und das wart ihr hier – die Seele der glanzvollsten Mission in der Geschichte der Menschheit …«
    Patrick ließ den Blick durch den Raum schweifen. Die Techniker saßen immer noch an ihren Stationen, und Daten schnatterten

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