Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
müssen wir uns zuerst befassen, Jerzy?«
    Glemp lächelte. »Wohin soll die Reise gehen?«
     
    Der Mann, der im Schneidersitz auf dem Fußboden saß, trug eine schwarze Hose und einen schwarzen Pullover. Er mochte jünger sein als Dad, aber Holle war nicht sicher. Er lächelte sie an. »Ich heiße Harry. Harry Smith. Ich bin Lehrer. Aber heute ist keine Schule! Ich bin nur hier, um dafür zu sorgen, dass es uns allen gutgeht. Du heißt Holle, stimmt’s? Das hier sind Kelly und Zane.«
    Die beiden Kinder beäugten sie misstrauisch. Kelly war das kleine Mädchen, das sie gestern in diesem anderen Haus voller Bücher kennengelernt hatte, in dem großen, staubigen Raum mit der Frau und ihrer Kristallkugel. Der Junge, Zane, schien etwas jünger zu sein als Holle, und er hatte dichte schwarze Haare und große Augen. Er wirkte schüchtern, aber sie mochte ihn irgendwie. Er sah wie eine große Puppe aus.
    »Guck mal, wir haben super Spielsachen«, sagte Harry. »Du kannst gern mitspielen. Siehst du die Burg? Diese Burschen da sind Ritter. Schau, sie haben Pferde.«
    Kelly und Zane spielten mit einer Art Burg zum Zusammenbauen und mit Plastikfiguren, die man darin aufstellte. Die Burg
besaß kreisrunde Türme und Mauern, die man auf eine Bodenplatte stellte, eine Zugbrücke, die man herunterlassen konnte, und kleine Gebäude im Innern. Aber sie sah krumm und schief aus, zwischen den Mauerelementen waren Lücken, und Holle sah, dass die Zugbrücke klemmte. Vielleicht war sie nicht richtig zusammengebaut worden. Sie hielt sich vorläufig noch von dem Spielzeug fern. Kelly umklammerte die kleinen Figuren, mit denen sie gespielt hatte, und Zane folgte ihrem Beispiel. Sie trauten Holle noch nicht genug, um sie mit einzubeziehen.
    »Hast du auch was zum Spielen dabei? Was ist denn in deiner Tasche drin?«
    »Mein Handheld und mein Angel.« Sie holte sie aus der Tasche und räumte dabei die Schachtel mit Papiertaschentüchern und die Getränkeflaschen beiseite.
    »Oh, wow, ist ja super.«
    Holle sah ihn an. »Du sagst immer ›super‹.«
    »Ja, das habe ich wohl so gelernt, als ich selber noch klein war. Ich bin Amerikaner. Du bist Engländerin, oder?«
    »Schottin. Super. Super, super, super!«
    Die anderen Kinder lachten.
    Aus einem spontanen Impuls heraus hielt sie Harry den Angel hin. »Willst du mal hören? Da sind gute Songs drauf.«
    »Danke, Holle, das ist sehr nett.« Er hielt das schwere schwarze Gerät in der Hand und blätterte im Auswahlmenü. »Oh, du hast ›Telefon‹. Den fand ich schon immer gut.« Er wählte den Song aus, nickte, als die Musik in seinem Kopf erklang, und sang leise den Text mit: »›Ich lieb dich mehr als mein Telefon / du bist mein Angel, mein TV …‹«
    Zane und Kelly beobachteten Holle. Sie taten gar nichts, sondern hielten nur ihre Spielfiguren fest.
    »Ich hab einen Handheld.« Holle zeigte ihn den beiden.

    »So einen hab ich auch«, sagte Kelly.
    »Mit Kamera.«
    »Hat meiner auch.«
    »Wir könnten die Burg filmen. Wir könnten jemanden angreifen lassen, wie im Krieg, und alles aufnehmen.«
    Das begeisterte sie, und Kelly übernahm sofort die Regie. »Pass auf, Zane, ich führe das Heer in der Burg an, und du bist das Heer draußen.«
    Er schaute skeptisch drein. »Warum kann ich nicht die in der Burg nehmen?«
    Sie schnaubte. »Weil man ein Eye-Dee ist, wenn man draußen ist, und ich will keiner von denen sein.«
    Harry lächelte. Er hörte sich immer noch den Song an. »Ein IDP ist ein Inlandsvertriebener, Kelly. Ein Amerikaner, der zum Flüchtling im eigenen Land geworden ist. Schon gut, Zane. Schau, der gebohnerte Fußboden ist das Meer, die Flut. Und aus der Schachtel für die Burg kannst du ein Floß machen. Siehst du?«
    Zane fing an, mit der Schachtel zu experimentieren; er stellte seine Leute hinein und schob sie auf dem gebohnerten Holzboden hin und her. Kelly ließ ihre kleinen Männer und Frauen vor der Burg auf und ab marschieren, rief Befehle und bereitete sie darauf vor, die Horden der Flutflüchtlinge abzuwehren.
    Jetzt, wo sie in die Runde aufgenommen worden war, legte Holle ihren Handheld weg und bemächtigte sich der Burg. Sie bestand aus Plastik, und die Teile passten in Aussparungen in der Bodenplatte. Sie sah, dass sie Recht gehabt hatte: Die beiden Türme neben dem Tor waren in die falschen Halterungen gesteckt worden. Wenn man sie austauschte, würde die Zugbrücke bestimmt besser funktionieren. Aber es würde gar nicht so leicht sein, die Türme aus den

Weitere Kostenlose Bücher