Die Letzte Arche
Polkappen landen, wo das Wasser an der Oberfläche zutage tritt. Auf dem Mars gibt es auch andere Ressourcen, zum Beispiel Kohlenstoffverbindungen – die Luft besteht größtenteils aus Kohlendioxid.«
»Der Mars ist kein Paradies«, meinte Glemp. »Die Luft ist so dünn, dass man sich nur in einem Druckanzug nach draußen wagen kann. Sie bietet nicht einmal einen halbwegs akzeptablen Schutz vor der solaren UV-Strahlung – man glaubt, dass die oberen Schichten des Erdreichs deshalb so gut wie steril sind.«
»Okay«, knurrte Kenzie. »Aber im Gegensatz zu der Vorstellung, mit den Asteroiden durchs All zu treiben, kann ich das Mars-Bild verstehen.«
Patrick hob einen Finger. »Aber wir, unsere Crew, würde doch unter Kuppeln leben, nicht wahr? Gäbe es auch überkuppelte Farmen? Was wäre, wenn die Kuppeln verschleißen oder zusammenbrechen würden? Wie viele bräuchte man, um die Sicherheit zu gewährleisten? Sie sprechen hier doch davon, jahrzehnte- oder jahrhundertelang oder gar bis in alle Ewigkeit unter diesen Kuppeln zu bleiben …«
Glemp nickte. »Eine Kuppelkolonie auf dem Mars müsste alles umfassen, was man braucht, um eine technologische menschliche Zivilisation aufrechtzuerhalten, also Farmen, Wassersysteme, Luftaufbereiter, Fabriken, Anlagen zur Gewinnung und Verarbeitung von Bodenschätzen. Sie hätte Zugang zu lokalen Ressourcen außerhalb ihrer selbst, gliche ansonsten jedoch weitgehend einem im All treibenden Habitat. Ein geschlossenes, endliches System, stets gefährdet durch komplexe und katastrophale Störfälle. Es wäre denkbar, so etwas für ein paar Jahre zu betreiben, aber auf lange Sicht?«
Sie redeten weiter. Jeder von ihnen führte Beispiele für langfristige technologische Kontinuität an, so etwa die jahrhundertelange Erhaltung und Bewirtschaftung des dem Meer abgerungenes Landes durch die Holländer. Aber Glemps Einwand ließ sich nicht von der Hand weisen, dachte Patrick. Es war kaum vorstellbar, eine Maschine von der Komplexität einer Raumstation oder einer überkuppelten Ökosphäre über mehr als ein paar Generationen hinweg aufrechtzuerhalten.
»Was wir Menschen brauchen, ist Lebensraum «, sagte Glemp. »Eine Welt wie die Erde, so groß, dass ihre Ressourcen praktisch unbegrenzt sind. Wenn der Mars erdähnlich wäre …«
»Ist er aber nicht«, sagte Kenzie. »Selbst die Erde wird in ein paar Jahren nicht mehr erdähnlich sein. Also, worauf wollen Sie hinaus, Jerzy? Dass wir den Mars erdähnlich machen sollten?«
»Das Wort dafür«, sagte Jerzy Glemp lächelnd, »heißt Terraformen. Eine Welt erdähnlich machen.«
Und sie unterhielten sich darüber. Auch zu diesem Thema gab es Studien der NASA und diverser früherer Denker, die sich damit beschäftigten, wie man den Mars in einen kleinen Bruder der Erde verwandeln konnte, mit einer Luft, die dick genug war, um sie atmen zu können, einem Meer, das sich im riesigen Hellas-Becken sammelte, und Kiefern, die sich tapfer an die Flanken des Olympus Mons klammerten. Er stellte sich rasch heraus, dass man, um eine solche neue Welt zu erschaffen, den größten Teil von Lius »flüchtigen Stoffen«, die dem Mars gegenwärtig fehlten, importieren musste. Es gab Pläne, die so etwas vorsahen, zum Beispiel, indem man Kometen ablenkte und auf die Marsoberfläche stürzen ließ …
Diesmal war es Patrick, der die Diskussion beendete. »Das dafür erforderliche technische Programm würde also das gesamte Sonnensystem umspannen und Jahrhunderte dauern.«
»Wahrscheinlich eher Jahrtausende«, murmelte Glemp.
Kenzie schlug mit der Faust auf den Tisch. »Es wäre leichter, die Erde zu terraformen.«
»Und das«, sagte Jerzy Glemp geheimnisvoll, »ist durchaus schon erwogen worden. Fragen Sie die Russen.«
Kenzie schüttelte den Kopf. »Lassen wir das jetzt mal aus dem Spiel.«
Patrick hatte von dem mysteriösen Verhalten der Russen im Weltraum gehört. Im Sommer des vergangenen Jahres – 2024, das Jahr, in dem Moskau aufgegeben worden war – hatte es eine kurzfristige Häufung von Interkontinentalraketenstarts im russischen Kernland gegeben. Experten des amerikanischen Geheimdienstes hatten Alarm ausgelöst. Aber die Raketen waren in den Weltraum geflogen und nicht mehr heruntergekommen.
Einige Experten glaubten, die Russen hätten einfach nur ihr Waffenarsenal entsorgt, bevor es vom Wasser verschlungen wurde. Andere hatten komplizierte und exotische Verschwörungstheorien entwickelt. Falls irgendjemand in der amerikanischen
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