Die Letzte Arche
Schnellversion ihrer Geschichte, von den Auseinandersetzungen, die sich zugespitzt hatten, als sie die Erde II erreichten, und der anschließenden Aufteilung in drei Gruppen. Kelly wirkte nervös, als fürchtete sie, sie würde all dies vor einer Art Tribunal wiederholen müssen. Thandie fragte sich, was für andere Versionen dieser Saga sie wohl von Wilson Argent oder Holle Groundwater zu hören bekommen hätte.
Als Kelly fertig war, nickte Thandie. »Ich dachte mir schon immer, dass ihr vielleicht wieder nach Hause kommen würdet. Der Grundgedanke von Projekt Nimrod, in den Weltraum zu fliegen, hat mich noch nie überzeugt. Die Erde ist uns fremd geworden, aber nicht so fremd wie ein ganz anderer Planet. Ich hätte allerdings nicht vermutet, dass ihr euch in drei Gruppen aufteilen würdet. Vom technischen Standpunkt aus muss das so ziemlich die dümmste Entscheidung sein, die ihr treffen konntet. Gordo Alonzo würde an die Decke gehen. Aber, wow – drei Wege, drei Ziele. Ich bin gespannt, wie das ausgeht.«
»Nun ja«, sagte Masayo, »die Erde II ist einundzwanzig Lichtjahre entfernt. Wir haben jedes Signal überholt, das sie senden könnten. Vielleicht hören wir in vierzehn Jahren etwas von ihnen. Aber von der Erde III werden wir frühestens in hundert Jahren hören.« Er runzelte die Stirn. »Komischer Gedanke.«
Thandie rief sich ins Gedächtnis, dass er im Grunde ein Militär war; er hatte lernen müssen, mit einigen sehr seltsamen Gedanken zurechtzukommen. »Sie haben sich entschieden, zur Erde zurückzukehren, Masayo. Weshalb?«
»Ich habe einen Sohn aus einer früheren Beziehung«, sagte Masayo unbeholfen. »Auf der Erde, meine ich. Ich hatte nie vor, ihn zurückzulassen. Es war nur ein unglücklicher Zufall, dass ich überhaupt an Bord der Arche war.«
»Ich habe auch ein Kind«, sagte Kelly. »Ich glaube, das hat mich dazu gebracht, nach Hause zu kommen.«
»Und dein Ehrgeiz«, fauchte Mike Wetherbee. »Dein verdammter Stolz.«
Kelly hätte etwas darauf erwidert, aber Thandie hob die Hand. »Das sind alte Streitereien. Ihr könnt sie ebenso gut hinter euch lassen, sie oben im Weltraum zurücklassen.« Ihr Blick schweifte über die Wasser von Panthalassa, ein Weltmeer, dessen Name von einem der Pioniere der Erforschung der Kontentaldrift geprägt worden war. »Ich weiß nicht, was ihr erwartet habt. Das hier ist alles, was wir euch zu bieten haben. Hier werdet ihr den Rest eures Lebens verbringen …«
»Es gibt noch etwas, wonach wir suchen«, sagte Kelly. »Wir haben von der Umlaufbahn aus gelauscht. Ich hatte gehofft, wir könnten Kontakt aufnehmen, aber wir haben nichts gehört.«
Thandie nickte; damit hatte sie gerechnet. »Ihr hattet gehofft, etwas von der Arche Zwei zu hören.«
»Es war ein Projekt meines Vaters. Kann sein, dass er sogar noch am Leben ist«, sagte Kelly ein wenig wirr. »Es ist bloß eine vage Vermutung. Er müsste jetzt in den Neunzigern sein, aber …«
»Ich habe nicht gehört, dass er gestorben ist. Und auch nicht, dass die Arche Zwei ein Fehlschlag war. Hab seit Jahren nicht
mehr mit ihnen gesprochen, aber das heißt nicht, dass sie nicht noch immer dort hocken. Ich kann es arrangieren, dass ihr mit ihnen reden könnt, wenn ihr wollt. Ich kann es zumindest versuchen. «
Kellys Augen wurden groß. »Und dorthin reisen?«
»Das ist Sache der Crew der Arche Zwei. Wir haben nicht die Mittel, euch dorthin zu bringen.« Sie musterte Kelly und die anderen, die unsicher dreinschauten. »Sind Sie sicher, dass Sie sich auf die Jagd nach der Vergangenheit machen wollen?«
Kelly Gesicht wurde hart. »Ich würde es zu schätzen wissen, wenn Sie den Anruf tätigen könnten, statt mich zu psychoanalysieren. «
Ihre Aggressivität schien Masayo zu beunruhigen. Mike Wetherbee lächelte nur.
Thandie verbeugte sich und legte die Hände erneut auf ihre angewinkelten Knie.
»Mom?« Der kleine Eddie Saito kam auf Kelly zugestolpert. Nur vier Jahre alt, ging er wie ein neugeborenes Rehkitz, dachte Thandie, die wahrscheinlich als Einzige auf dem Floß noch wusste, wie ein Rehkitz aussah. »Ich hab mit den Kindern gespielt. Darf ich schwimmen gehen?«
Kelly beachtete ihn nicht. »Also, wo ist die Arche Zwei?«
Mike Wetherbee lächelte gehässig. »All diese Jahre, und dein teurer Vater hat dir das nie erzählt. Tolle Beziehung habt ihr gehabt.«
»Sagen Sie’s mir einfach, Thandie.«
Thandie zeigte nach unten. »Yellowstone.«
Eddie zupfte an Kellys Ärmel. »Mom? Darf ich
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