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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
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Floßkinder mussten diesen mageren, bleichen Geschöpfen aus dem Weltraum helfen, ihre eigenen Boote zu erklimmen. Es war wie ein Treffen zwischen verschiedenen Spezies, dachte Thandie. Die Floßkinder kletterten an Bord des Shuttles und suchten nach Souvenirs.
    Die Rettungsboote hielten über das Wasser aufs Floß zu. Ein paar der Insassen beugten sich über den Rand und erbrachen sich. Ein kleiner Junge aus der Fähre jammerte: »Ich will wieder zurück! Bringt mich zurück!«
    Beim Floß benötigte die Shuttle-Besatzung erneut Hilfe, um die kurze Entfernung zwischen den tanzenden Rettungsbooten und dem gravitätischeren Floß zu überbrücken. Sie hatten alle
Probleme mit dem Stehen, insbesondere die Kinder, die heftig keuchten und sich erbärmlich anstrengen mussten, die dicke Luft einzuatmen.
    Thandie hatte dafür gesorgt, dass alle dreiundzwanzig in einer hastig geräumten Hütte untergebracht werden konnten, wo sie auf Deckenlager mit einer Polsterung aus getrocknetem Seetang gelegt wurden. In dieser ersten Nacht kam sie ein paarmal zu ihnen, während Manco und Ana die Bemühungen der Flößer organisierten, es ihren seltsamen Besuchern bequem zu machen, und brachte ihnen Becher mit Regenwasser und Schüsseln mit Fischsuppe. Es war wie in einer Krankenstation; der Gestank von Erbrochenem und Exkrementen war durchdringend. Die Floßkinder schauten fasziniert und ängstlich herein, wurden jedoch von dem Gestank vertrieben. Thandie sollte erst noch erfahren, was aus der Arche geworden war und warum nur eine Hälfte von ihr und viel weniger als die halbe Crew heimgekehrt war.
    Am nächsten Morgen brachte man auf Kellys Bitte hin sie selbst und zwei andere hinaus und setzte sie nebeneinander auf aus dem Shuttle geborgene Liegen, so dass sie mit Thandie sprechen konnten.
     
    Thandie saß vor ihren Gästen in Yoga-Haltung auf dem Boden des Floßes, mit geradem Rücken, die Beine gekreuzt, die Hände auf den Knien.
    Die Raumfahrer saßen im Freien auf ihren Liegen, zurückgelehnt und mit Decken zugedeckt. Ihre Gesichter waren geisterhaft blass. Sie alle nahmen dankbar Becher mit heißem Seetangtee von Manco entgegen. Das Meer war kabbelig, und sie schienen sich vor einem Himmel zu ducken, an dem dicke graue Wolken brodelten. Eine Handvoll Floßkinder lungerte um sie herum
und starrte sie mit großen Augen an. Thandie ignorierte die Kinder, überzeugt davon, dass sie bald schwimmen gehen und die zurückgekehrten Astronauten vergessen würden.
    Thandie erinnerte sich an Kelly Kenzie, einen der hellsten Köpfe unter den damaligen Kandidaten. Sie war als Mädchen Anfang zwanzig in den Raum geflogen und nun als einundvierzigjährige Frau zurückgekehrt, zu dünn, zu blass, mit grauen Strähnen im blonden Haar. Sie war immer noch schön, aber in ihrem Gesicht sah man die Jahre, die sie gelebt, und die Entscheidungen, die sie getroffen hatte. Thandie erfuhr, dass eines der Kinder aus dem Shuttle Kellys Sohn war. Die anderen beiden Erwachsenen waren Männer, einer davon ein weiterer Kandidat, an den Thandie sich undeutlich erinnerte; er hieß Mike Wetherbee. Den zweiten, einen stämmigen Mann in den Vierzigern namens Masayo Saito, kannte sie nicht. Kelly stellte ihn als ihren Partner vor, den Vater ihres Kindes, und sagte, er sei ein ehemaliger Militärangehöriger.
    Thandie drehte den Kopf nach rechts, atmete ein und drehte ihn dabei nach vorn, atmete aus und drehte ihn dabei nach links, dann wieder nach vorn, während sie erneut einatmete. »Vergebt einer alten Dame ihre Dehnübungen. Also, wie geht es euch heute Morgen gesundheitlich?«
    Kelly grunzte. »Mike hier ist der Arzt.«
    Mike Wetherbee rieb sich die Brust. Offenbar fiel auch ihm das Atmen schwer. »Ich hatte Probleme mit der Schwerkraft erwartet«, sagte er. »Spröde Knochen, Probleme mit dem Flüssigkeitshaushalt, all das. Wir haben Kinder da drin, die im freien Fall geboren wurden, darunter Kellys kleiner Eddie. Und ich hatte erwartet, dass wir für Viren und Bakterien anfällig sein würden, deshalb habe ich uns alle gründlich mit Antibiotika und Antihistaminen geimpft, bevor wir das Shuttle geöffnet
haben. Mit dieser verdammten Kurzatmigkeit hatte ich allerdings nicht gerechnet.« Er sprach mit einem breiten, nasalen australischen Akzent, der von den Jahren kaum abgeschwächt worden war.
    »Ich hätte euch wohl warnen sollen. Die Luft ist dicker als früher – wir haben einen höheren Luftdruck als damals auf der Höhe des alten Meeresspiegels –, aber

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