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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
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aufgezeichnet. Was wir heute sagen, bleibt unter uns vieren. Niemand sonst erfährt etwas davon.«
    »Und was ist so Besonderes an ›uns vieren‹?«, blaffte Wilson.
    »Wir sind die Leute auf dem Schiff, die Macht haben. Venus mit ihrer Planetensuche und ihren Navigationssystemen. Grace, die Ärztin …«
    Wilson fiel ihr erneut ins Wort. »Und du, Holle? Du bist die Klempnerkönigin, stimmt’s? Und ich? Welche Macht habe ich in eurer neuen Welt?«

    »Du bist unser einziger Spezialist für die Außensysteme des Moduls. Du bist auch der einzige auf der Erde ausgebildete Shuttle-Pilot, der noch an Bord ist. Du bist also wertvoll, Wilson. «
    »Und das ist der Grund, weshalb ich nicht zur Luke rausgeflogen bin, ja?«
    »Wir haben nicht über Sanktionen gegen dich gesprochen, Wilson«, sagte Venus leise. »Noch nicht …«
    Holle setzte sich über sie hinweg. »Ja. Das ist der einzige Grund, weshalb du noch lebst, Wilson.«
    Wilson sah die zornglimmende Venus, die zunehmend in sich gekehrte Grace an. Dann konzentrierte er sich auf Holle, weil er spürte, dass sie die Initiatorin war. »Ich war kompetent«, sagte er kalt. »Ich habe dieses verdammte Wrack zwanzig Jahre lang regiert.«
    »Aber du hast dich von der Crew abgesondert. Du hast Steels Rebellion nicht kommen sehen, und du hattest keine Gegenmaßnahmen vorbereitet, als sie ausbrach. Was für eine Kompetenz soll das sein?«
    »Also, wenn das hier kein Gerichtsverfahren ist, was dann?«
    »Ich glaube, es ist ein coup d’état «, sagte Venus, die Holle beobachtete.
    Sie schwiegen alle und warteten darauf, dass Holle sprach. Der Augenblick war also gekommen. Holle holte Luft. Ihr Herz schlug heftig. Sie hoffte, dass keiner der drei ihr die tiefe Unsicherheit und die Selbstzweifel ansah. Aber sie kannten sie bestimmt zu gut.
    Sie wusste, worauf sie sich einließ, indem sie auf diese Weise vortrat. Sie hatte gesehen, wie Don Meisel sich verhärtet hatte, als er aus der Akademie verbannt und an die Front geschickt worden war. Sie erinnerte sich daran, was sie selbst an dem Tag
gesehen hatte, als sie von ihrem Vater getrennt worden war, damals, als Denver im Wasser versank und man die Akademie evakuierte. Sie erinnerte sich an die Alpträume, die Mel nachts aus dem Schlaf zu schrecken pflegten. Sie war mit der Flut aufgewachsen, aber stets vor dem Schlimmsten beschützt worden – vor der Härte ihrer Folgen für die Menschen, der Grausamkeit, der Willkür von Leben und Tod. Jetzt waren all die Schutzschichten fort, selbst Wilsons brutale Herrschaft. Und sie war an der Reihe.
    Sie rief sich jedoch ins Gedächtnis, warum sie das tat. Magdas Baby. Diese langen Minuten in der vollgestopften Raumfähre. Nie wieder, ganz egal, was es sie persönlich kosten würde.
    Die anderen warteten darauf, dass sie das Wort ergriff.
    »Ich übernehme die Macht«, sagte sie. »Ganz einfach. Es ist mir egal, wie ihr es nennt. Keine Wahlen, keine Prozedur, keine Handzeichen.« Sie schaute sich um. »Wer könnte es sonst tun? Du, Wilson? Die Crew würde dich fertigmachen, so wie sie Dan Xavi fertiggemacht hat. Du, Venus? Wilson hat schon einmal eine Kraftprobe mit dir für sich entschieden; du könntest ihn jetzt nicht unter Kontrolle halten.«
    Venus sah sie an wie eine Fremde. »Und wenn ich mich gegen dich stelle, drehst du mir dann die Luft ab?«
    »Das ist die Frage, Holle«, sagte Wilson bohrend. »Du hast die Kontrolle über die Luft und das Wasser. Diese Macht kannst du nur einsetzen, indem du der Crew diese grundlegenden Lebensnotwendigkeiten vorenthältst. Willst du das wirklich tun? Es verletzt die elementarsten Prinzipien des Schiffsgesetzes, das wir unter Kelly entwickelt haben, und des Grundrechtskatalogs, den ich ’49 unterzeichnet habe.«
    »Ja, so ist es. Aber jetzt kommt es nur auf eines an, Wilson: dass wir überleben. Wir müssen noch dreizehn Jahre bis zur
Erde III überstehen. Dreizehn! Wir können uns keine weitere Rebellion wie die von Steel leisten. Und wir können uns keinen weiteren zügellosen Autokraten wie dich leisten, der die Ressourcen aufbraucht und die Kinder verdirbt.«
    »Und darum haben wir stattdessen nun dich bekommen«, sagte Venus.
    Wilson lachte erneut. »Ich muss dir gratulieren, Holle. Wie lange planst du das schon? Von Anfang an, seit dem Start? Oder hast du es sogar noch früher geplant, damals, als wir uns einen Aspekt der Archen-Konstruktion als Spezialgebiet aussuchen mussten? Vielleicht hast du schon damals die Kontrolle über das

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