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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
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eines Basketballs anschwoll. »Sie ist ein roter Zwerg, ein unauffälliger Angehöriger des Sternbilds Lepus, von der Erde aus mit bloßem Auge nicht sichtbar. Wir sind hundertelf Lichtjahre von der Erde entfernt, aber der Stern ist dem erdnächsten Stern überhaupt, Alpha Centauri, nicht unähnlich – obwohl er die doppelte Masse von Proxima besitzt, also ungefähr ein Fünftel einer Sonnenmasse. Und er ist klein, ungefähr ein Viertel des Durchmessers der Sonne. Er würde sogar ins Erde-Mond-System hineinpassen,
wobei ein Rand die Erde, der andere den Mond streifen würde. Er ist ein Stern der Spektralklasse M6.« Sie zeigte auf gelbliche Lichtschlangen, die über die Oberfläche des Sterns krochen und in dünnen Bogen nach oben stiegen. »Wie ihr seht, ist er aktiv. Wir können mit Sonnenstürmen rechnen – jede Menge Polarlichter. Tatsächlich war er erheblich aktiver, als er noch jünger war, aber jetzt ist er ziemlich ruhig. Im Gegensatz zu Sol enthält sein Licht beispielsweise keine signifikante ultraviolette Komponente. Er wird eine sichere und stabile Sonne sein – und mehr als hundert Mal so lange leben wie Sol.«
    »Und er ist weiß!«, brüllte jemand.
    »Ja.« Venus grinste. »Sein Strahlungsmaximum liegt im Infrarot-Bereich, aber das restliche Spektrum enthält genug Licht, dass es aus der Nähe die Rezeptoren eurer Augen sättigen und weiß aussehen wird.«
    »So viel zu Gordo und Krypton«, rief Wilson herunter.
    »Und hier ist die Erde III.«
    Die Kamera fuhr ein wenig zurück, so dass der winzige Planet wieder ins Blickfeld kam, und holte ihn dann heran. Jeder hatte bereits Gelegenheit gehabt, die neue Welt durch die Fenster der Kuppel zu betrachten, ein sich entfaltendes Panorama von Seen, Bergen und Meeren, das unter dem Modul in der Umlaufbahn hinwegzog. Nun konnten sie den Planeten jedoch zum ersten Mal im Ganzen sehen. Es gab einen weiteren Beifallssturm, aber diesmal etwas gedämpfter, fand Helen. Die Erde III sah nämlich ganz und gar nicht so aus wie die Erde.
    An ihrem substellaren Punkt, dort, wo die M-Sonne direkt im Zenit stehen würde, lag ein Ozean. In größerer Ferne konnte man Kontinente erkennen, fraktale Gebilde vor dem Antlitz des Ozeans, gerunzelt von Gebirgsketten und eingekerbt von Flusstälern. Doch im Gegensatz zum Graugrün der Erdkontinente,
vom Weltraum aus gesehen, war das Land hier von einem unheimlichen Schwarz. Und wenn man den Blick von diesem ozeanischen substellaren Punkt abwandte, gab es so etwas wie einen Banding-Effekt, konzentrische Kreise mit unterschiedlichen Texturen, so dass die der Sonne zugewandte Hemisphäre wie eine der Zielscheiben für die Mikrogravitations-Wettkämpfe der Arche-Kinder im Bogenschießen aussah. All dies wurde von einer dicken Atmosphärenschicht mit hoch aufgetürmten Wolken in den höheren Breiten und einer Dunstschicht am Horizont eingehüllt. Die im Schatten liegende Seite des Planeten, die Nachtseite, war völlig dunkel, abgesehen von aufzuckenden Blitzen. Genau gegenüber von jenem substellaren Punkt sah Helen den bleichen Schimmer von Eis, erhellt vom schwachen Licht der fernen Sterne.
    Auf der Suche nach Wärme kreiste die Erde III so nah an ihrem Muttergestirn, dass die Massage der Gezeiten ihre Rotation schon längst stark abgebremst hatte; nun glich ihr Tag ihrem Jahr, und sie kehrte der Sonne permanent dieselbe Seite zu. Eine Seite war in ewiges Licht getaucht, die andere in niemals endende Dunkelheit, abgesehen vom Sternenlicht. Doch selbst auf der ewigen Tagseite war es so kalt, dass Berggipfel am Äquator von Gletschern geschmückt waren.
    Vielleicht war der Planet bewohnbar. Er war anders als die Erde. Diese grundlegende Wahrheit wurde Helen bewusst, noch während sie zum ersten Mal diese Bilder betrachtete und Venus die neue Welt zu beschreiben begann.
    »Die Erde III ist der innerste Planet ihres Systems, aber weiter draußen gibt es noch andere Planeten. Weitere Erden und Supererden. Nicht so leicht zu besiedeln wie die Erde III, aber sie sind da, für unsere Nachfahren – neue Heimatplaneten, die am Himmel auf sie warten, in ferner Zukunft.

    Wir haben nach Planeten in der habitablen Zone von Sternen gesucht, also in jenem Orbitalbereich, in dem es auf der Oberfläche flüssiges Wasser geben kann, und genau das haben wir hier gefunden. Ihr seht die Meere. Da diese M-Sonne jedoch deutlich lichtschwächer ist als Sol, muss die Erde III näher an ihrem Muttergestirn sein. Sie ist nur ungefähr zehn Millionen

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