Die Letzte Arche
Kilometer von ihm entfernt – weitaus weniger als der Merkur von der Sonne. Das Erde-III-Jahr ist natürlich anders. Es dauert nur fünfzehn unserer Tage. Die Sterne werden schnell über den Himmel ziehen. Aber es gibt keinen ›Tag‹ und auch keine Jahreszeiten. Vom Boden aus gesehen, steht die Sonne immer an derselben Stelle am Himmel. Und es ist kühl. Selbst am substellaren Punkt beträgt die Strahlungsenergie nur ungefähr sechzig Prozent derjenigen, die man auf der Erde von der Sonne bekäme. Auf der Nachtseite bekommt man die Sonne überhaupt nicht zu sehen.« Sie zeigte hin. »Am Punkt des tiefsten Schattens ist eine Eiskappe, wie ihr seht. Da unten wird es ganz schön kalt.
Ihr fragt euch vielleicht, weshalb die Luft auf der dunklen Seite nicht ausfriert. Aber das kann nicht passieren; die Atmosphäre ist dick, voller Treibhausgase, die aus Vulkanen stammen, eine Decke, die Wärme um die ganze Welt transportiert. Dazu kommt die innere Wärme des Planeten, die höher ist als die der Erde. Das Klima ist stabil. Es ist bloß anders.
Und die Erde III ist größer als die Erde – das ist das Grundlegendste, was man über sie sagen kann. Sie gehört zu jenen Exoplaneten, die die Planetenjäger als ›Supererden‹ bezeichnet haben. Sie besitzt ungefähr die doppelte Erdmasse und eine vielleicht um fünfundzwanzig Prozent höhere Schwerkraft. Das wird anfangs hart sein, aber ihr werdet bald die erforderlichen Muskeln aufbauen, und eure Kinder werden stämmiger werden, als ihr es seid, und es gar nicht bemerken.
Eine größere Masse ist gut , und sie ist einer der Gründe, weshalb wir diesen Planeten ausgesucht haben. Mehr Masse bedeutet mehr innere Wärme, eine dünnere Kruste, Plattentektonik, einen sich drehenden Eisenkern. Dieser Kern produziert eine gesunde Magnetosphäre, so dass man ausreichend vor Strahlung geschützt ist, und zwar sowohl vor den Ausbrüchen der M-Sonne als auch vor kosmischer Strahlung. Die Anzeichen für Plattentektonik seht ihr selbst: umfangreiche Gebirgsbildung und aktive Vulkane.« Sie zeigte zum Horizont. »Seht ihr diese Schicht aus Staub und Asche da oben? Vulkanischer Smog. Plattentektonik erhält eine Welt jung. Die gute Nachricht ist, dass diese Welt, weil sie massiver ist, ihre innere Wärme länger behalten wird als die Erde. Die Erde III wird jung bleiben , lange nachdem die Erde selbst erkaltet und zu einer größeren Kopie des Mars geworden ist.
Und es gibt hier Leben. Das wissen wir von den spektroskopischen Untersuchungen der Atmosphäre, die wir aus mehreren Lichtjahren Entfernung vorgenommen haben. In den Meeren findet Fotosynthese statt. Auf den Kontinenten seht ihr Bänder verschiedener Vegetationsarten, die sich, vom substellaren Punkt ausgehend, an die abnehmende Lichtmenge angepasst haben. Wir glauben, dass wir sogar im Zwielichtstreifen Leben gefunden haben, am Rand der Tagseite, dem Terminator. Vielleicht so etwas wie Bäume, die sich nach oben recken, damit ihre Blätter die letzten Fitzelchen Sonnenlicht einfangen. Na, das könnt ihr ja irgendwann einmal herausfinden.«
Sie schaute sich prüfend um, eine ernste, temperamentvolle Frau, die sich vergewissern wollte, dass sie verstanden, welches Geschenk sie ihnen machte. »Ihr habt also eine Sonne, die viel, viel länger bestehen bleiben wird als Sol, eine Erde, die ebenfalls jung bleiben wird, und weitere Welten, die ihr erforschen könnt.
Wir hätten keine bessere Zuflucht für eure Kinder, für die Menschheit finden können, um ihr Überleben bis in die ferne Zukunft zu sichern.
Wir sind hier auf der Arche. Nach einer Reise von vierzig Jahren ist das da euer Ararat.« Sie trat zurück.
Aber sie erntete nur Schweigen und verständnislose Blicke. Vielleicht war die Welt, die sie ihnen gegeben hatte, einfach zu fremdartig.
Dann kam Holle nach vorn. Ihr Gesicht war hart und entschlossen, ihre Augen lagen tief in den Höhlen. Niemand sagte ein Wort, niemand rührte sich, außer ein paar zappelnden Kindern. Sogar der kleine Hundred schien ihr Aufmerksamkeit zu schenken. Holles grimmige Miene ließ die Spannung steigen. Helen merkte auf einmal, dass sie keine Ahnung hatte, was Holle sagen würde.
»Danke, Venus«, begann Holle. »So viel zu den guten Nachrichten. Jetzt müssen wir über die Landung sprechen. Wir haben ein Problem.«
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»Die meisten von euch wissen nicht einmal mehr, wie die Arche beim Start beschaffen war. Es gab zwei Module namens Seba und Hawila. Und wir hatten vier Raumfähren, die
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