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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
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holte Thandies alte Kristallkugel ein letztes Mal hervor und montierte sie im Zentrum des Moduls an eine Strebe, die an der Rutschstange angebracht war. Holle schwebte neben ihr und hielt sich locker an der Stange fest, zwei stämmige, tüchtige Frauen in den Sechzigern, Seite an Seite.
    Helen Gray hing an einer Strebe, die früher einen Decksboden getragen hatte. Sie schaute sich um, als die Besatzungsmitglieder überall im Modul ihre Plätze einnahmen. Die Leute hielten sich an Führungsseilen oder Handläufen fest, ohne ihre verschiedenen Orientierungen im Raum nach so vielen Jahren ohne Schwerkraft noch bewusst wahrzunehmen, und formten eine Schale aus Gesichtern, die alle Venus zugewandt waren. Außer den Crewmitgliedern, die gerade Wachdienst in der Kuppel oder der Raumfähre hatten, waren alle versammelt, sämtliche Pflichten waren für den Tag ausgesetzt, und man hörte das Stimmengewirr vieler Gespräche.
    Helen erspähte ihre Mutter. Grace hatte heute ihren Enkel bei sich, den zweijährigen Hundred; die wirbelnde Kristallkugel schien den Jungen zu faszinieren. Und da war Jeb; der siebenjährige Mario saß auf seinen Schultern. Ganz in der Nähe war Marios bester Freund, Diamond Murphy Baker, ein Jahr älter als Mario, mit seinen Eltern, Magda und Max, und der kleinen Sapphire. Helen fiel auf, wie viele Kinder es gab, die letzten Schiffsgeborenen. Aber auch die Überlebenden der ursprünglichen
Crew waren da, jene wenigen, die sich noch an die Erde erinnerten, wie Venus und Holle, von der Arbeit abgehärtete Mittsechzigerinnen, und Cora Robles, jetzt eine zufriedene Großmutter. Wilson Argent schwebte oben in der Nähe der Kegelspitze des Moduls zwischen den rußgeschwärzten Wänden seines ehemaligen Palasts. Mit über sechzig Jahren war er immer noch ein großer, schwerer Mann, aber seine Haare waren schneeweiß, und er war allein; selbst jetzt hatten die Leute meist Ehrfurcht vor ihm.
    Wenn Zane nur hier wäre, dachte Helen plötzlich. Seit seinem Selbstmord vor drei Jahren hatte sie kaum noch an ihn gedacht. Trotz all seiner Probleme hatte er immer sämtliche Anforderungen erfüllt. Wenn sie es schafften, auf der Erde III die Statuen zu errichten, dann, so schwor sich Helen, würde es eine für Zane Glemp geben, mitsamt seinen Alter Egos und allem.
    Venus schien jetzt so weit zu sein. Sie rief die Versammlung nicht zur Ordnung, sondern schaute einfach nur in die Runde. Sie hatte schon immer eine Art natürlicher Autorität gehabt, dachte Helen. Unter den Anwesenden kehrte rasch Ruhe ein, bis auf die schrillen Stimmen von ein paar Kindern. Venus berührte ihre Kristallkugel. Die rotierenden Bildschirme drehten sich schneller, bis sie unsichtbar wurden. Dann erschien eine leuchtende, rosa-weiße Kugel, ein erbsengroßer Stern mit einem einzelnen sichtbaren Planeten, dessen eine Seite von dem Stern beschienen wurde, während die andere im Dunkeln lag. Die großen Bogenlampen der Arche erloschen langsam.
    Die Veranstaltung hatte auf einmal große Ähnlichkeit mit Venus’ Bericht über die Erde II, als Kelly Wilson den Kampf angesagt und die Aufteilung provoziert hatte. Es war so lange her, Helen war damals erst neun gewesen, und jetzt dauerte es nur
noch ein Jahr bis zu ihrem vierzigsten Geburtstag, aber sie erinnerte sich genau an die dramatischen Geschehnisse. Das Modul, ein ramponiertes, halb ausgebranntes Wrack, war kaum noch wiederzuerkennen gegenüber dem glänzenden, sauberen Schiff jener Zeit. Mit seinen geschwärzten Wänden, seinen abgenutzten Ausrüstungs-Racks und von den Graffitikritzeleien der Gangs übersäten Wandverkleidungen glich es jetzt eher einer Höhle. Und doch wuchsen die grünen Pflanzen noch immer in ihren Hydrokulturbeeten auf dem untersten Deck, und Holles summende Pumpen und Ventilatoren ließen noch immer Luft und Wasser durch die Ebenen des Moduls zirkulieren. Wie die ausgelaugte Crew hatte auch Hawila seine Aufgabe erfüllt.
    »Tja, Leute, wir sind da«, begann Venus.
     
    Es gab einen spontanen Beifallssturm. Helen sah, wie der kleine Hundred fröhlich etwas beklatschte, was er unmöglich verstehen konnte, die Hand seiner Großmutter auf der Schulter, damit er nicht in den Raum davonschwebte.
    Venus drehte sich zu ihrem Display um. »Hier ist eure neue Sonne, die M-Sonne. Diese Bilder sind aus Beobachtungen montiert, die wir von der Kuppel aus und mit den frei schwebenden Weltraumteleskopen gemacht haben.« Der Stern zoomte heran, so dass sein erbsengroßes Bild zur Größe

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