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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
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auf seinem Gipfel entwich.
    Wilson sagte: »Wir wollen ja nicht durch eine Säule unruhiger, heißer Luft fliegen oder in die Flanke des Vulkans krachen, obwohl ich darauf vertraue, dass die Fähre das nicht tun wird.«
    Das Shuttle raste an der Flanke des Vulkans vorbei. Als Helen nach unten blickte, sah sie Flecken pechschwarzer Dunkelheit; sie ähnelten Kunststoffdecken, die an alten Lavaströmen klebten.
    »Weitere Berge voraus«, murmelte Wilson mit starrem Blick. Der Lichtschein der tief stehenden Sonne hob die Unreinheiten seiner stoppeligen Haut hervor.
    Die herannahenden Berge direkt vor ihnen waren eine multiple Sägezahnkette, ein mehrere Hundert Kilometer tiefes geologisches System. Aus Helens Perspektive zeichneten sie sich als Silhouetten ab. Sie verglich den Anblick mit der animierten Karte auf der Konsole, die eine gepunktete rote Linie und ein Comic-Shuttle zeigte, das über eine zerklüftete Masse hinwegschoss. »Die sind genau da, wo sie sein sollen, Wilson.«
    »Gut. Wir auch. Was bedeutet, dass wir bald zu unserem Landeplatz gelangen müssten.«
    Die Berge zogen unter ihrem Bug vorbei. Ihre Flanken waren gefurcht von Gletschern, Eis leuchtete rosa-weiß auf dem Gestein. Die parallel verlaufenden Gebirgsketten fielen weg und lösten sich in Vorgebirge auf, die selbst jung und scharfkantig waren. Jetzt lag eine kahle, mit Felsen bestreute Ebene vor ihnen, und dahinter kam eine Eisdecke, die Oberfläche eines zugefrorenen Sees. Das Shuttle senkte abrupt die Nase und steuerte auf den See zu. Sein Ziel war klar.

    »Genau auf den Punkt«, sagte Wilson. »Von allem, was wir gesehen haben, kommt dieser See einem natürlichen Landestreifen am nächsten. Ich hoffe, es sind noch alle angeschnallt.«
    Helen schaute nach hinten. Die tief stehende Sonne schien direkt in die Kabine, tauchte die Gesichter der Kinder in ihr unheimliches rosafarbenes Licht – jetzt war es noch unheimlich, aber in ein paar Jahren würden sie sich vielleicht daran gewöhnt haben. In der Schwerkraft saßen die Kinder zusammengesunken da, obwohl die meisten wach zu sein schienen. Einige weinten, und andere sahen aus, als hätten sie in die Hosen gemacht oder sich übergeben. Helen zwang sich zu einem Lächeln. »Dauert nicht mehr lange. Haltet noch ein bisschen durch …«
    Die Raumfähre sackte abrupt ab. Helen schnappte nach Luft; sie befürchtete, dass sie in die Tiefe stürzte.
    »’tschuldigung«, brummte Wilson. »Luftloch. Diese verdammte Luft ist so dick, wie wir gedacht haben, aber unruhiger, turbulenter. Eine richtige Suppe. So, jetzt geht’s los, ich starte die endgültige Landesequenz.« Er tippte auf einen Schalter und packte seine Steuerelemente mit festem Griff. Er und der Autopilot flogen das Shuttle nun gemeinsam, obwohl Wilson immer das letzte Wort hatte.
    Unter ihren Füßen ertönte ein Klappern und das Brausen von Luft.
    »Was, zum Teufel, war das?«, fragte Helen erschrocken. »Ist eine Pumpe kaputtgegangen?«
    Wilson lachte nur, ohne den Blick von der Szenerie vor dem Fenster zu wenden. »Das Fahrgestell ist ausgefahren. Und das ist keine kaputte Pumpe, das ist der Wind, Baby. Wir gehen jetzt schnell runter …« Er verstummte, beobachtete die dahinrasende Landschaft und schaute auf Monitore, die seine Geschwindigkeit,
seine Höhe und Sinkrate anzeigten. Das Shuttle erzitterte erneut, als seine Steuerflächen in die dicke Luft bissen.
    Sie überflogen eine letzte Hügelkette. Sie waren bereits unterhalb der höchsten Gipfel, sah Helen. Dann sauste die Küstenlinie des zugefrorenen Sees unter ihrem Bug vorbei. Sein Rand war von parallelen Bändern im Eis gekennzeichnet, als wäre der See wiederholt geschmolzen und wieder zugefroren. Indizien für Vulkan-Sommer; hin und wieder, hatte Venus ihr erklärt, schleuderte eine ausreichend starke Eruption so viel Kohlendioxid in die Luft, dass die Temperatur vielleicht für mehrere Jahre global stieg. Helen wünschte, Venus wäre hier, würde ihr alles erklären und ihre Hand halten.
    Die Raumfähre erzitterte erneut und sank noch etwas tiefer. Jetzt flogen sie in sehr geringer Höhe über den See hinweg. Im Licht der Sonne konnte Helen Einzelheiten erkennen; Steine und Eisbrocken, die über die Oberfläche verstreut waren, sausten unter dem Bug dahin.
    »Nichts ist jemals so glatt, wie es vom Weltraum aus aussieht«, brummte Wilson. »Solange wir mit unseren Kufen nicht gegen diese klitzekleinen Felsen knallen, ist alles in Ordnung. Wir kommen jetzt problemlos

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