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Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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dieser Schule der King sein können. Stell dir vor, man lässt so nebenbei Namen fallen wie Kylie, Alesha Dixon, Leona Lewis. Na schön, ich muss es zugeben: Ich bin einigermaßen beeindruckt.
    Er nimmt seine Kamera in die Hand und richtet sie auf mich. »Hmm …«, sagt er. »Interessantes Gesicht, selbst mit dem blauen Auge. Du solltest dir überlegen, ob du nicht modeln willst. Damit kann man gutes Geld verdienen. Kannst du tanzen? Ich glaube, Lily sucht gerade Jungs für ihr nächstes Video.«
    »Ich halte den Ball eher flach«, erwidere ich, und er kratzt sich am Kopf und sagt: »Ach so, stimmt ja … entschuldige. Ich habe nicht überlegt. Ehrlich gesagt, bringt es mich schon ein bisschen durcheinander, dass du hier bist. Ich habe mir so oft vorgestellt, wie es wohl ist, wenn ich dir meine Wohnung zeige, und meine Arbeit …«
    Mir fällt wieder ein, wie gehässig meine Mum gesagthat: »Sie haben dich gekauft.« Sie muss schon seit Jahren Angst davor gehabt haben, dass ich meinen Dad und seine Familie kennenlerne und dass ich plötzlich Sachen will, die sie mir nicht bieten kann. Sie hat immer gerade so die Miete zahlen können, während er in einem protzigen Palast gewohnt hat.
    »Diese Wohnung muss sauteuer gewesen sein«, sage ich.
    »Tja … ich habe es als Investition betrachtet …« Er sieht mich wieder so verschlagen an.
    »Meine Mum hat nie Geld gehabt, aber sie hat jeden Penny, den sie hatte, für mich ausgegeben«, sage ich. Was auch fast stimmt. Er muss nicht wissen, dass sie sich Haarverlängerungen und ab und zu einen Abend im Pub gegönnt hat und dass ihre Klamotten aus dem Topshop kamen und meine nur vom Grabbeltisch. Hier geht es rein ums Prinzip.
    »Nicki wollte nicht, dass ich mit dir Kontakt aufnehme«, sagt er. »Sie wollte überhaupt nichts von mir annehmen. Ich habe Geld für dich auf ein Konto eingezahlt. Ich dachte mir, das kannst du an deinem achtzehnten Geburtstag haben, aber wenn du willst, kannst du es auch sofort bekommen.«
    »Ich bin nicht zu kaufen«, knurre ich.
    »So habe ich es nicht gemeint«, erwidert er.
    Ich habe schon seit Ewigkeiten nicht an meine Mum gedacht. Mann, sie macht sich bestimmt Riesensorgen. Geschieht ihr recht, denke ich, aber gleichzeitig mag ich mir nicht vorstellen, wie sie durchdreht … dass sie heult …Außerdem macht sich Gran bestimmt auch Sorgen … und Patrick und Helen. Und Claire.
    »Weiß sie überhaupt, dass du mich gefunden hast?«, frage ich, und er sagt: »Du solltest sie wohl anrufen. Sie hat mir Nathans Telefonnummer und seine Adresse gegeben, so habe ich dich gefunden. Wir haben verabredet, dass sie die Familie deiner Freundin anruft und ich mich um London kümmere. Ich bin bei eurem alten Vermieter, Mr Patel, gewesen und habe mit ziemlich vielen Leuten in den Läden dort geredet … und da war auch ein hübsches Mädchen in einem Tattoo-Studio, die hat sich echt Sorgen um dich gemacht … und ich bin zu deinem Boxclub gefahren und habe dort nachgefragt.«
    Herrgott noch mal. Sie wollte ihn wohl umbringen! Sie hat ihn direkt zu den Leuten geschickt, die mich umlegen wollen, zum Boxclub, der voll mit Jukes’ Leuten ist. Meine Mutter ist eine skrupellose Frau. Sie muss ihn wirklich richtig hassen. Was um Himmels willen hat er ihr bloß angetan?
    Er zieht ein Handy heraus. Sie ist sofort dran. Ich höre sie am anderen Ende kreischen. Er kann fast kein Wort dazwischenquetschen.
    »Ich habe ihn gefunden«, sagt er schließlich. »Er ist in Sicherheit. Ein bisschen lädiert, aber sonst geht’s ihm gut. Er braucht einfach ein bisschen Ruhe.«
    Quak-quak-quak. Mein Dad fragt mich tonlos: Willst du mit ihr reden? , aber ich schüttele rasch den Kopf.
    »Nicki … kannst du mal einen Augenblick die Klappe halten? Ich behalte ihn jetzt erst mal eine Weile hier. Esist mir egal, was du willst. Er soll sich erst mal erholen. Ich muss mit ihm reden. Ich rufe dich morgen wieder an. Dann sage ich dir, zu welchem Schluss wir gekommen sind.«
    Alle Achtung! Ich habe noch niemanden so mit meiner Mum reden hören. Am anderen Ende ertönt ein Geräusch, als würde ein Vulkan explodieren. Dann stellt er das Handy einfach aus.
    Er sieht ein bisschen traurig aus. »Was für eine Frau …«, sagt er. »Sie hasst mich wirklich, stimmt’s? Na ja, wenigstens heißt das, dass ich ihr nicht völlig gleichgültig bin … Ihr liegt immer noch was an mir. Zwischen Liebe und Hass ist nur ein schmaler Grat. The Pretenders. Das war noch vor deiner Zeit. Fast noch vor

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