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Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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drauf. Einen »Dreier« würde es die News of the World nennen, aber ich denke eher an etwas Französisches … etwas, das ich schon mal in einer Zeitschrift gelesen habe. Genau: im Playboy. Man wächst nicht direkt über einem Zeitungsladen auf, ohne das eine oder andere über die Welt mitzukriegen. »Habt ihr eine ménage à trois ?«
    Er lacht. »Ach du Schreck, wo hast du das denn her … nein, sag’s mir lieber nicht … Nein, wir wohnen bloß zusammen in einer Wohnung. Genauer gesagt, da das hier meine Wohnung ist, bin ich der Vermieter und die beiden sind meine Mieterinnen.«
    »Das heißt, du schläfst also nicht mit ihnen?« Wir können genauso gut Tacheles reden.
    Er knabbert an seinem Daumennagel. »Hmm. Also, Tess und ich haben so eine Art … du weißt schon … ab und zu. Meistens aber gar nichts. Momentan haben wir absolut nichts.«
    »Aha. Und Lucy?«
    Er sieht richtig verschlagen aus. »Na ja. Einmal. Oder zweimal. Aber … äh … es wäre mir lieb, wenn du das für dich behalten würdest. Ich meine … ähm … Tess weiß das mit Lucy eigentlich nicht und Lucy weiß auch nicht so … äh … über das ganze Ausmaß … die etlichen Male mit Tess Bescheid.«
    »Schon kapiert«, sage ich. Er hat tatsächlich eine ménage à trois. Bloß dass die beiden anderen nichts davon wissen. Und sie bezahlen ihn auch noch. Ich weiß nicht genau, ob ich beeindruckt sein soll oder nicht. Zumindest muss er ein guter Lügner sein, so viel steht fest.
    Er steht auf und reicht mir ein Küchentuch, um mir die Eierreste von der Hand zu wischen. »Komm, wir gehen nach oben.«
    Meinem Kopf geht es schon ein bisschen besser. Ich folge ihm und er zeigt mir das Wohnzimmer – große Ledersofas und ein megamäßiger Flachbildfernseher, total cool –, dann gehen wir nach oben ins schicke Bad, alles in Silber und Weiß. Es sieht aus wie in diesen Einrichtungszeitschriften, die Mum sich manchmal aus Mr Patels Laden ausgeliehen hat. Dadurch ist sie auf so dumme Ideen gekommen, wie das Bad rosa zu streichen oder einen Perlenvorhang als Abtrenner zwischen Küchenzeile und Wohnzimmer aufzuhängen.
    Dad zeigt auf zwei geschlossene Türen. »Das ist das Zimmer von Tess und das von Lucy. Sie sind beide bei der Arbeit. Tess ist beim Fernsehen und Lucy macht eine Ausbildung zur Köchin. Da bin ich vorhin hingegangen. Ichwollte nur nachsehen, ob sie auch tatsächlich weg sind. Sie arbeiten beide immer sehr lange, haben seltsame Dienstzeiten, deshalb kann es gut sein, dass sie noch ewig weg sind. Mein Schlafzimmer ist dort drüben.« Noch eine geschlossene Tür.
    Dann gehen wir noch eine Treppe rauf. Diese Wohnung nimmt kein Ende. Oben gelangen wir in ein riesiges Zimmer, mit einem Fenster an jeder Seite und dazwischen eine Wand voller Fotos. Auf der einen Seite sieht man den Alexandra Palace und die ganzen Straßen, die sich den Hügel raufschlängeln. Auf der anderen … wow … die ganze Londoner Innenstadt. The Gherkin. Canary Wharf, die wie ein Weihnachtsbaum mit einem Stern obendrauf glitzert. Wolkenkratzer glänzen im bräunlichen Dunst. Aus diesem Fenster könnte ich stundenlang hinausschauen.
    »Gefällt’s dir?«, fragt er.
    »Äh … ja … cool …«, antworte ich. Ich sehe mir die Fotowand an. Es ist wie eine Collage aus lauter Leuten, diesmal nicht gerahmt, sondern nur angepinnt, alle drängen sich dicht an dicht. Ich erkenne ein paar Gesichter … Lily Allen, Cheryl Cole, Kylie … Claire hatte ein paar ähnliche Fotos an der Wand und sie sahen aus wie aus Zeitschriften herausgerissen. Das hier sind aber richtige Hochglanzabzüge. Wieso hat ein Mann so eine Fotowand?
    »Gefallen sie dir?«, fragt er wieder. »Das ist alles von mir, meine Arbeit. Ich weiß nicht, wie du auf die Idee gekommen bist, ich sei Anwalt, wie mein Vater.«
    Seine Arbeit besteht darin, sich Bilder von Cheryl Colean die Wand zu pinnen? Jetzt bin ich völlig durcheinander. Aber er zieht eine große Kamera aus einer schwarzen Tasche und dann kapiere ich. Er macht diese Bilder. Er ist Fotograf. Ein Fotograf, der Bilder von berühmten Leuten macht. Ich meine jetzt nicht einen dieser Paparazzi-Typen. Nein, das hier sind künstlerische Fotos, die in einem Studio aufgenommen wurden. Lily, Duffy und die anderen, alle lächeln und machen ihre Schmollmünder und posieren für meinen Dad.
    Vergiss die Sportanwälte. Ich habe den coolsten Dad aller Zeiten. Es ist so unfair. Wenn ich das schon gewusst hätte, als ich auf die St. Saviours ging, hätte ich an

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