Die letzte Aussage
aus.
Ich weiche zurück. »Schon gut. Ich hab nur eine gefangen.«
»Von diesem Nathan?«
»Äh … nein, von dem nicht.«
»Er hat gesagt … du hättest dich sehr verändert.«
»Ja. Allerdings. Es ist sehr viel passiert.«
»Du musst mir alles erzählen … Ich möchte dich fragen …« Er sieht ein bisschen nervös aus. Ich ermuntere ihn kein bisschen. Ich trinke meinen Tee, schönen heißen, guten Tee, und ignoriere ihn einfach.
Er steht auf und öffnet den Kühlschrank. Es ist einer von diesen riesigen amerikanischen. Darin befinden sich alle möglichen interessanten Sachen: schwarze Oliven, Blaukäse und violetter Salat.
»Du hast bestimmt einen Mordshunger«, sagt er. »Soll ich dir was zu essen machen? Wir können uns hinterher unterhalten.«
Essen hört sich gut an. Unterhalten weniger.
Er holt einen Haufen Zeug aus dem Kühlschrank. Weißbrot mit leckerer Kruste. Ungesalzene Biobutter. Eier. Tomaten. »Ich muss nur rasch was nachsehen«, sagt er. »Bin gleich wieder da.
Er geht aus der Küche. Ich trinke meinen Tee. Ein Ei rollt über den Tisch auf mich zu. Ich halte es mit der Hand auf. Es ist ganz kalt, vom Kühlschrank.
Dann zucke ich zurück, meine Hand zerquetscht das Ei. Der Stuhl fällt krachend auf den Boden.
Auf dem Ei stand etwas geschrieben.
Du bist tot , stand darauf.
Kapitel 24
Eier
Ich will abhauen, sehe mich panisch um, ich suche nach einem Weg nach draußen.
Aber was ist, wenn ich abhaue und jemand meinen Dad umbringt?
Ich krieche unter den Tisch, kauere mich ganz eng zusammen und denke, so schnell ich kann. Meine Finger sind noch ganz schleimig von dem Ei. Das erinnert mich an … aber das spielt jetzt überhaupt keine Rolle …
Ich stelle eine Liste von Möglichkeiten zusammen:
a) Ich bin verrückt geworden. Ich habe wieder halluziniert. Jeden Augenblick taucht Alistair auf, jongliert mit Eiern und lacht sich dabei schief.
b) Jemand ist in die Wohnung eingebrochen und hat meinem Dad (dem möglichen Drogenhändler) eine Todesdrohung hinterlassen – oder mir. Auf einem Ei. Im Kühlschrank. Aber wo sind diese Leute jetzt? Woher wussten sie, wo sie mich finden können?
c) Mein Dad ist ein beknackter Irrer und hat sich einen kranken Spaß mit mir gemacht. Das ist, warum auch immer, bis jetzt die Möglichkeit, die mir am meisten Angst macht, deshalb gehe ich gleich weiter zu
d) Ich bin tot. Ich bin in Wirklichkeit vom Balkon gefallen und diese ganze Geschichte mit dem Motorrad hat sich bereits im Himmel abgespielt … mal abgesehen davon, dass ich ziemlich sicher bin, dass ich dort überhaupt nicht hinkomme … aber vielleicht kriegt man Extrapunkte, wenn man auf eine katholische Schule gegangen ist … Das Todesei ist die Methode, mit der mir Gott die Neuigkeiten mitteilt. Es ist eher symbolisch gemeint, wie ein Osterei, nur nicht aus Schokolade.
Einen Augenblick bin ich fest davon überzeugt, dass das die Lösung ist. Aber man müsste doch etwas davon spüren, wenn man stirbt, oder? Man würde es wissen. Oder nicht? Was hat Alistair gespürt? Oder Rio? Was ist, wenn sie es überhaupt nicht mitgekriegt haben?
Wie auch immer, ich glaube, in der Kirche haben sie einmal gesagt, dass Eier ein Symbol für das Leben sind, nicht für den Tod. Da bin ich mir fast sicher.
Mein Dad kommt wieder in die Küche. »Ty?«, sagt er. Dann entdeckt er mich. Er bückt sich und ich sehe sein Gesicht falsch herum. Er gibt sich Mühe, so zu tun, als würde ich mich nicht gerade sehr seltsam verhalten. »Ach, da bist du. Wieso … Alles in Ordnung mit dir?«
Ich schaue weg, und er sagt: »Hmm. Brauchst du noch einen Moment oder so?«
Seine Beine entfernen sich vom Tisch, gehen zur Spüle und kommen wieder zurück. Ich höre das Geräusch, mit dem er das zermatschte Ei vom Tisch wischt. Dann macht er sich einen Kaffee. Er schneidet Brot. Er stellt einen Teller mit Brot, Käse und Tomaten unter den Tisch, direktneben mich. Er sagt überhaupt nichts. Ich nehme ein Stück Brot und stopfe es mir in den Mund. Ich bin halb verhungert … aber das Brot kratzt hart an meinem Gaumen, und ich spüre, wie mir schon wieder die Kotze hochkommt.
Mein Dad sitzt am Tisch. Seine Beine sind direkt neben mir. Ich könnte die Hand ausstrecken und sie berühren. Natürlich will ich das nicht.
»Ty«, sagt er mit seiner sanften, ruhigen Stimme. »Hat dich etwas erschreckt?«
Mein Hals tut weh, als würde jemand hineinstechen. Ich lege den Kopf auf die Knie.
»Hat es etwas mit dem kaputten Ei zu
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