Die letzte Chance - Final Jeopardy
hinausschieben, und er war entschlossen, so rasch wie möglich darauf zurückzukommen.
»Willst du mir denn nicht erzählen, was passiert ist, Alexandra? Wissen sie schon, wer Isabella umgebracht hat?«
Wie alle anderen Fragen hatte ich auch diese seit Mittwoch abend so viele Male beantwortet, daß es mir nun ganz leicht fiel,
darauf einzugehen. Ich faßte die Details der Ermordung und der Ermittlungen zusammen. »Im Augenblick gibt es keine Verdächtigen. Zumindest keine, über die sie mit mir reden. Ein Ex-Ehemann, verrückte Starkollegen, ein Psychiater als Brieffreund, ein besessener Fan - vielleicht sogar ein heimlicher Liebhaber. Was meinst du? Ich glaube, ich sehe schon den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr.«
»Ich wußte gar nicht, daß sie mal verheiratet gewesen ist. Und was für ein Liebhaber? Hat sie dir von ihm erzählt?«
»Nein. Sie hat mich einfach benutzt. Du weißt schon - daß sie verfolgt werde und sich zurückziehen müsse. Allerdings versäumte sie es, mir zu sagen, daß sie jemanden mitnahm. Einen Kerl.«
»Vielleicht war es ja rein platonisch, ein Freund -«
»Dann hat er aber ein paar sehr unplatonische Kondome in meinem Müll hinterlassen. Wenn ich das Ganze mal vom wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachte statt aus dem Bauch heraus, dann können sie die DNS eines Verdächtigen mit der in den Kondomen vergleichen. Wenn sie einen Verdächtigen festnehmen.«
»Weiß denn die Polizei nicht, wer er ist? Hat niemand sie zusammen gesehen?«
»Nicht viele Leute. Das ist eben das Schöne an Vineyard.« Jed war noch nicht mit mir auf der Insel gewesen, er war an seinen freien Wochenenden meist an die Westküste geflogen, um mit seinen Kindern zusammenzusein. »Jedenfalls sprechen sie mit jedem, dem Isabella jemals über den Weg gelaufen ist, und darum glaube ich, daß sich das noch lange hinziehen wird.«
»Ja sind sie denn sicher, daß der Mörder hinter Isabella her war und nicht hinter dir? Das ist es, was mich so gequält hat, als ich nicht herkommen konnte.«
»Jetzt schon, aber es war wirklich furchtbar, bevor wir den zeitlichen Ablauf rekonstruieren konnten. Ich war ziemlich verzweifelt, als ich dich das erste Mal anrief.«
Ich wußte, daß Jed während eines kurzen Abstechers in die Politik, als er noch in Kalifornien lebte, von einer aufdringlichen Person belästigt worden war. »Ich erinnere mich noch an die Geschichten, die du mir über diese Frau erzählt hast, die dir während
der Vorwahlen überallhin folgte.« Er hatte für den Senat kandidiert, und wie die meisten Menschen in exponierten Positionen hatte er bei seiner Suche nach Wählerstimmen auch ein paar Spinner angezogen. »Du weißt ja aus eigener Erfahrung, wie Männer und Frauen wehrlose Opfer werden können, wenn sie einen gewissen Bekanntheitsstatus erreichen. Die meiste Zeit ist es zwar lästig, aber ziemlich harmlos. Und dann verliert einer dieser Verrückten jeden Bezug zur Realität, und das kann tödlich enden.«
Jed nickte. »Ich kann dir sagen, wenn du mittendrin bist, gibt es nichts Schlimmeres. Jedesmal, wenn ich eine Rede hielt oder auf einem Empfang war und mich umsah, war sie da. Sie bedrohte mich allerdings nicht. Ganz im Gegenteil. Sie nahm nur an einer einzigen Wahlkampagne in Century City teil - vermutlich weil dort eine Menge Filmstars sein sollten -, gab mir einmal die Hand und war hin und weg.«
»He, sie ist doch auch nur ein Mensch«, neckte ich ihn.
»Klar, aber das ist nur das halbe Problem. Niemand nahm es ernst, weil sie allen sagte, wir würden uns lieben.«
»Und?«
»Natürlich nicht. Sie lebte in einer Wahnwelt. Aber niemand - meine Mitarbeiter, die Polizei, private Sicherheitsdienste -, niemand hielt es für nötig, sich deswegen Sorgen zu machen. Und warum? Weil sie eine Frau war, und weil meiner Meinung nach die meisten wirklich glaubten, wir hätten eine Affäre miteinander. Sie war raffiniert, ziemlich attraktiv und kannte meinen Reiseplan besser als meine Mitarbeiter. Sie war überall, wo ich hin mußte. Alle wußten, daß meine Ehe am Ende war, und zwinkerten einander bloß zu, wenn ich ihnen klarmachen wollte, daß nichts, aber auch gar nichts zwischen uns wäre.«
»Was hast du dagegen getan?«
»Ich erwirkte schließlich eine einstweilige Verfügung. Ich hatte natürlich nicht vor, so was mitten in der Wahlkampagne zu tun - jemanden wegen Anwesenheit bei meinen Veranstaltungen zu belangen. Verdammt noch mal, an manchen Tagen war sie die einzige, die erschien. Und
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