Die letzte Chance - Final Jeopardy
dafür auch noch bezahlte.«
Wir mußten beide lachen. »Ich hab’ mich nicht zuletzt deshalb so darauf gefreut, zu CommPlex nach New York zu gehen, weil
ich all das hinter mir lassen wollte. Ich nehme an, sie ist noch immer auf der Uni in L. A. und hat sich an eine andere nichtsahnende Seele gehängt. Ich weiß, wie beunruhigend und verstörend so eine Belästigung ist, auch wenn ich keine Ahnung hatte, daß sie so gefährlich sein kann. Aber nun kann ich mich ja von dir beschützen lassen - da hab’ ich mir wirklich die Richtige ausgesucht.«
Jed stand auf und ging um den Tisch herum zu mir. »Alex, ich werde dich nie wieder im Stich lassen, ich versprech’s dir«, sagte er, während er sich über mich beugte, die feuchten Strähnen aus meinem Nacken strich und mich zart unters Ohr küßte, bis ich mich umdrehte und ihm meinen Mund bot. Wir ließen unser ungegessenes Dinner auf dem Tisch stehen, nahmen die Weinflasche und die Gläser mit ins Schlafzimmer, zogen uns zum zweitenmal aus und schlüpften unter die Decke.
»Verzeih mir, Schatz, aber ich glaube nicht, daß ich dir jetzt noch sehr viel bieten kann«, flüsterte er, während ich seinen Kopf auf meine Brust bettete. »Ich bin wirklich erledigt.« Er schlief fast sofort ein, als er die Augen schloß, und ein Blick auf den Wecker zeigte mir, daß es noch nicht einmal zehn Uhr war.
Ich starrte auf die stille Gestalt neben mir und dachte, wie sehr sich doch mein Leben in der kurzen Zeit verändert hatte, seit wir beieinander waren. Ich hatte Jed durch meinen besten Freund auf der Uni kennengelernt, Jordan Goodrich. Jordan war ins Investmentbanking übergewechselt, und hatte ein paar Geschäfte mit Jed abgeschlossen. Als Jeds Ehe nach zwölf Jahren in die Brüche ging und er nach New York übersiedelte, lud Susan Goodrich ihn zu einigen ihrer Dinnerpartys ein. Sie hielt sich zwar an meine Regel, mich nicht mit Unbekannten zu verkuppeln, aber Susan mochte Jed einfach und war überzeugt, mir würde es nicht anders gehen. Daher war sie fest entschlossen, uns miteinander bekannt zu machen.
Mitte Juni hatte Susan ein Kino an der East Sixty Fourth Street gemietet, als Überraschung für Jordans 35. Geburtstag. Auf dieser Party wurde sein Lieblingsfilm, Kilometerstein 375, vorgeführt. Der Film spielt in den fünfziger Jahren, darum zogen wir uns alle wie in den fünfziger Jahren an, spielten Flipper und tanzten noch stundenlang nach der Vorführung. Ich sah Jed mit
Susan tanzen, und er war besser als alle anderen. Mit meinem wippenden Pferdeschwanz, meinem türkisfarbenen Pettycoat und einem dazu passenden Twinset forderte ich ihn auf, mit mir Rock’n’Roll zu tanzen, als die Platte gewechselt wurde, und wir tanzten etwa zehn Stücke lang, bevor wir aufhörten, um uns einander vorzustellen.
Als die Party vorbei war, nahmen wir vier uns ein Taxi - trotz unseres albernen Aufzugs - und fuhren downtown zum Gotham, wo wir stundenlang hockten und jeder dem andern aus seinem Leben erzählte. Danach wurde das Gotham »unser Lokal« für gemeinsame Abendessen oder wenn wir Freunde einluden.
Unsere Romanze entwickelte sich trotz unseres beiderseitigen Widerstrebens: Ich hatte Angst, jemanden, den ich zu sehr liebte, für immer zu verlieren, und Jed hatte Angst, sich so früh nach seiner furchtbaren Scheidung wieder zu binden.
Während ich ihn betrachtete, wie er neben mir schlief, dachte ich, vielleicht würde diese Krise es uns beiden möglich machen, uns dem andern mehr zu öffnen. Ich mußte ihn nach Martha’s Vineyard mitnehmen - viel zu lange schon hatte ich mich bemüht, meine Liebhaber von dem Ort fernzuhalten, wo ich mit Adam so glücklich gewesen war, und nach so vielen Jahren war diese Abkapselung künstlich und unnatürlich. Ich wollte auch von Jed wissen, warum seine Ehe auseinandergegangen war, und ich wollte, daß er mich mit seinen Kindern, die ihm so viel bedeuteten, zusammenbrachte. Und nun, da Jed mir an diesem Abend gestanden hatte, daß er mich liebe -wozu ich selbst noch nicht bereit war -, vertraute ich darauf, daß wir auf dem Weg zu einer sicheren Beziehung waren. Langsam fand ich meine innere Ruhe wieder. Ich zog ihn fest an mich und gab mich angenehmen Träumen hin, ungestört von den Verfolgern, Vergewaltigern und Mördern, mit denen ich es jeden Tag zu tun hatte.
12
»W ar es gut für dich?«
»Es war unbeschreiblich, Mike«, erwiderte ich, als Chapman am Sonntag nachmittag anrief. »Wenn du endlich aufhörst, mit dir selbst
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