Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)
Tiere nicht, aber sie konnte sich mit ihrem Selbsterhaltungstrieb identifizieren. Das störte sie, und sie hatte Angst vor dem, was es über ihre wahre Natur aussagte, dass sie sich so schnell angepasst hatte.
»Nichts zu verlieren«, sagte John. »Jetzt gilt es. Alles oder nichts.«
Jenna biss die Zähne zusammen. »Wir können kämpfen. Sie brauchen Zeit, um zu sammeln, was noch vom Rudel übrig ist. Sie haben sich sicher getrennt, um in kleineren Gruppen zu jagen – das ist unter schwierigen Bedingungen einfacher durchzuhalten. Aber sie werden sich auf den Befehl ihres Alphatiers hin versammeln.«
Erst als sie die Last der gesammelten Blicke auf sich ruhen fühlte, ging ihr auf, dass sie im Brustton der Überzeugung gesprochen hatte. Keine Spekulation. Sie wusste es einfach.
»Bist du sicher?«, fragte Chris.
Ange leckte sich die Lippen und hob die Hände, um Pennys Kopf zu beschirmen, als hätte sie Angst, dass Jenna plötzlich zur Wölfin werden und Appetit auf kleine Mädchen entwickeln könnte. Das bin ich also , dachte Jenna düster. Nennt mich einfach die Oberböse. Der Drang, zu schnappen und zu knurren, ballte sich in ihr zusammen.
Nicht, ertönte Johns Stimme in ihrem Verstand. Tust du’s für mich? Wir können das jetzt nicht gebrauchen.
Mühsam entspannte sie ihre Muskeln. Nur, weil er darum bat.
»Hundeartig ist hundeartig«, sagte sie. »Die Rudelstruktur ist ähnlich. Und man könnte sagen, dass ich neue Erfahrungen gewonnen habe.« Sie bleckte die Zähne.
John sah sie kopfschüttelnd an.
Was? Das war ein Lächeln.
»Dann lasst uns zur Sache kommen.« Ihr Gefährte musterte den Tunnel, als ob er damit rechnete, düstere, tollwütige Gestalten auftauchen zu sehen, trotz allem, was sie gesagt hatte. Aber so war John eben, immer zupackend. Besitzergreifende Wärme breitete sich in ihr aus. »Ihr Anführer zeigt Anzeichen höherer Denkfähigkeit. Er verteilt seine Streitkräfte strategisch oder hat das zumindest früher getan. Wir müssen hier auf das Gleiche vorbereitet sein.«
»Ich verstecke mich nicht«, sagte Tru ruhig. »Ich warte nicht irgendwo und lausche dem Kampf, bis diese Dinger die letzte Tür niederreißen. Was dann? Soll ich mich erschießen? Nein.«
John trat auf ihn zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Bist du dabei?«
Ein Schauer durchlief den Jungen. »Klar. Was ist der Plan?«
»Ich brauche dich, damit du uns den Rücken deckst, während Jenna und ich uns bis zur Biegung vorkämpfen. Wir drängen sie zurück, lassen den Tunnel einstürzen und machen dann, dass wir hierher zurückkommen. Wir nehmen die Walkie-Talkies mit, um Kontakt zu halten und euch mitzuteilen, wie weit wir schon sind. Verstanden?«
Obwohl das mehr oder minder dem entsprach, was Jenna sich vorgestellt hatte, klang die Idee laut ausgesprochen noch selbstmörderischer als in ihren Gedanken.
Chris schüttelte schon den Kopf, nicht um zu widersprechen, sondern mit ungläubiger Miene. »Warum die Tunnel?«
»Wir werden nie in Sicherheit sein«, sagte John. »Nicht solange unsere Energiequelle eine Hintertür bildet, die weit offen steht. Ein Einsturz wird die Hunde fernhalten.«
»Ihr müsst eine Stelle finden, an der ihr die Tunnel sperren könnt, ohne dass der Wasserzufluss unterbrochen wird.« Chris wies mit dem Daumen nach hinten auf den Generator. »Sonst haben wir wieder keinen Strom.«
»Notiert«, sagte John. »Ich kenne die Stelle, unten in der Schlucht. Was haben wir an Sprengstoff?«
Chris spulte eine Liste von Chemikalien und Mengen ab, aber John schüttelte immer wieder den Kopf. Am Ende warf der andere Mann die Hände in die Luft. »Das hier ist keine Munitionsfabrik, Mason. Du kannst nicht von mir erwarten, dass ich … oh, warte mal.« Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. »Dosen mit Maschinenschmieröl. Zwei Kästen voll.«
John grinste ebenfalls, als wären sie zwei Jungen, die einen Streich mit Feuerwerkskörpern planten. Typisch. Sie wollten etwas in die Luft jagen.
»Gut«, sagte John. »Zusammen mit dem Benzin sollte das wirken. Wir haben doch Benzin, oder?«
»Klar, Diesel«, sagte Chris und nickte.
Tru schien auch mitspielen zu wollen. »Wie funktioniert das?«
»Wir wickeln jede Dose in einen benzingetränkten Lappen«, sagte John. »Dann sprengen wir die Dose mit einem Geschoss. Wumm!«
Womöglich wurde Ange noch blasser. »Das ist bescheuert. Ihr werdet euch selbst in die Luft sprengen.«
Ja nun, dachte Jenna. Es war ja nicht so, dass sie einen
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