Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)
Haut gefroren, sodass sie nur raten konnte, wie schwer er verletzt war.
Seine Augen waren glasig und starrten ins Leere. Als Jenna und Tru zu ihm rannten, ging er in Kampfstellung, obwohl er sich kaum aufrecht halten konnte. Sie kämpfte gegen ein Aufwallen von Panik an. Sie konnten es sich nicht leisten, gegen ihn zu kämpfen, nur um ihn in Sicherheit zu bringen.
»Wegtreten!«, befahl sie.
Ein Schauer durchlief ihn, als ob er den autoritären Tonfall erkannte. Er erlaubte ihnen, ihn von beiden Seiten festzuhalten. Sie schleiften ihn zur Station zurück. Sein Gewicht zerrte an Jennas Schultern. Tru ächzte und keuchte heftig. Drinnen wickelte Chris Mason in Decken, während der Junge die Schlösser vorlegte, und half, ihn nach unten zu transportieren.
Die nächsten paar Stunden krochen als endloser Albtraum vorbei. Jennas Hände zitterten zu sehr, als dass sie Chris hätte helfen können, während er die Wunden reinigte und nähte. Durch einen klaffenden Riss war der bleiche Glanz von Knochen zu sehen. Oh Gott. So viel wundes Fleisch. So viele Verletzungen. Zu viele, sogar für einen Mann wie John.
Er braucht einen richtigen Arzt. Er braucht eine Bluttransfusion.
Aber sie hielt den Mund, weil sie Angst davor hatte, die Wahrheit auszusprechen. Niemand konnte es besser machen als Chris mit seiner Laborerfahrung – zumindest nicht in ihrer Welt. Jenna wischte das Blut mit dem Schwamm ab und half John, warm zu werden, indem sie die nackten Stellen in Wolldecken hüllte, als sie damit fertig waren, die Verbände anzulegen. Sie hätte sich gern zu ihm gelegt, aber dann wäre sie nur im Weg gewesen.
Am Ende warf Chris sie so freundlich wie möglich hinaus. Jenna tigerte nur auf und ab. Tru folgte ihren Schritten und sah beinahe genauso besorgt drein. Sie war ein schlechtes Vorbild für den armen Jungen, aber ihr Gefährte lag reglos außer Reichweite.
Die Liebe meines Lebens.
Das hatte sie ihm noch nicht einmal gesagt. So viel zum Thema Unerledigtes. Er musste am Leben bleiben, und sei es nur, um sie das sagen zu hören.
Noch eine Stunde verging. Als sie die hundertste Runde drehte, stieß sie mit Tru zusammen, der aus dem Takt gekommen war. Schmerz durchzuckte ihren verletzten Arm. Sie knurrte.
»Weg mit den Reißzähnen, Jenna«, blaffte er. »Als ob du mich beißen würdest. Bitte.«
Was auch immer sie hätte sagen können, wurde von Penny unterbrochen. Das kleine Mädchen kam aus den Schlafräumen auf den Flur spaziert. »Frühstück?«
Jenna hätte ihre Wache noch nicht einmal für Himmel oder Hölle unterbrochen. Sie sah Tru an. »Kannst du das übernehmen?«
»Ich mache dir etwas, Kind«, sagte er. »Komm schon.«
Kurz darauf kam Chris aus dem Labor, ihrem provisorischen Operationssaal. Seine Arme waren bis zu den Ellenbogen rot, und er trug ein düsteres Stirnrunzeln zur Schau. Hinter der Drahtbrille waren seine haselnussbraunen Augen dunkel und müde. »Ich habe getan, was ich konnte.«
Den Rest musste sie nicht erst hören. Wunden wie die, die Mason davongetragen hatte, erforderten verdammt viel mehr medizinisches Gerät und Wissen, als sie aufbieten konnten. Ein Schmerz schwoll in ihrer Brust an.
»Und, Jenna«, sagte Chris, »er ist gebissen worden. Mehrfach. Wenn er sich nicht bald verwandelt …«
Dann endet er wie Edna. Wie die halb verwandelten Monster, die wir in Wabaugh gesehen haben.
»Ich helfe dir, ihn ins Bett zu bringen.« Sie hielt ihr Gesicht ausdruckslos. Wollte nicht darüber nachdenken. Wollte es nicht hören. John musste wieder gesund werden. »Wir werden auch Tru brauchen. Er ist schwer.«
Sobald sie den Patienten in das Schlafzimmer gebracht hatten, das sie miteinander teilten – Gott, war das erst letzte Nacht gewesen? –, sagte sie: »Geht mit Penny frühstücken, alle beide. Ich kümmere mich von jetzt an um ihn.«
Rollentausch.
Die Tage vergingen in quälender Furcht. Sie hatte nie so recht darüber nachgedacht, wie John sich in den Tagen, nachdem sie gebissen worden war, gefühlt haben musste, aber jetzt tat sie es, während sie den langsamen, schleichenden Wahnsinn des Wartens durchlebte und jedes Heben seines Brustkorbs beobachtete. Sie kämpfte mit seinen Wunden, wechselte Verbände und hielt Ausschau nach der abnormen Reaktion, an der Edna gelitten hatte. Jenna schloss sich mit ihm ein, zusammen mit seiner verlässlichen Neun-Millimeter-Pistole.
Sie öffnete die Tür nur für Tru, und selbst ihn ließ sie nicht herein. Sie nahm einfach Essen, Trinken oder
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