Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)
alle Medizin, die er ihr anbot, und schloss wieder ab. Schloss sich mit der Wahrheit ein, dass der Mann, den sie liebte, als Monster sterben würde.
Wenn Johns Fieber in die Höhe schoss, fiel sie auf die Knie – nicht direkt im Gebet, aber in völliger Selbsterniedrigung. Es gab nichts, was sie nicht geopfert hätte, um ihn zurückzubekommen: Stolz, Vernunft, ja sogar … ihre geistige Gesundheit, dachte sie. Es war nicht melodramatisch. Sie wusste einfach nicht, wie sie ohne ihn zurechtkommen sollte. Sein Tod stellte einen klaffenden Abgrund dar, der auch sie verschlingen würde, selbst wenn sie versuchte, dagegen anzukämpfen.
Jenna wusch ihn. Sie fütterte ihn mit Brühe und schwachem Tee. Das meiste davon lief ihm wieder aus dem schlaffen Mund, und die wenige Medizin, die sie hatten, reichte nicht aus, um das Fieber zu bekämpfen, das seinen Körper auslaugte. Wenn man die schweren Wunden und die unbekannten Auswirkungen der Bisse mit hinzurechnete, sah es hoffnungslos aus. Eines nach dem anderen begannen seine Organe zu versagen.
Jenna wollte heulen, hatte aber nicht die passende Kehle dafür. Stattdessen weinte sie. Ihre Tränen tropften auf seine Brust und rannen herab, um eine Pfütze in seinem Bauchnabel zu bilden. Aber er verließ sie bereits. Jenna ließ die Stirn auf seinem Bauch ruhen. Als sie keine Tränen mehr übrig hatte und ihre trockenen Augen nur noch vor Salz in ihren Höhlen brannten, hob sie den Kopf und sah auf ihn hinab.
Sein Atem ging jetzt flach. Die ersten paar Tage über hatte er im Delirium gelegen und um sich geschlagen. Jetzt lag er einfach nur da. Wartete. Wie sie.
Also redete sie.
»Ich habe es dir nie gesagt … Aber ich liebe dich. Nicht einmal zu Anfang hatte ich große Angst vor dir. Ich glaube, ich wusste schon damals, dass du mir nicht wehtun würdest.« Sie beugte sich hinab und umschloss sein Gesicht mit den Händen. »Aber das hier, John … Wenn du das tust und ohne mich durch jene Tür gehst, dann wird das mehr wehtun, als alles andere es je könnte. Tu das nicht. Brich mir nicht das Herz.«
Es war dumm. Jenna wusste , dass es dumm war. Man konnte jemanden nicht anflehen, wieder gesund zu werden. Aber sie tat es, bis ihr die Stimme völlig versagte. Sie beschwor ihn, sie drohte, sie setzte ihn unter Druck und verlor den Überblick über das, was sie sagte. Dann legte sie sich neben ihn und deckte sie beide zu. Vielleicht würde sie einfach neben ihm liegen bleiben, bis auch sie starb. Die Türen waren verschlossen. Es würde keinem der anderen wehtun. Sie presste ihre Stirn auf seine.
»John, bitte. Bitte geh nicht.«
In den Tiefen ihrer Verzweiflung hörte sie eine leise Stimme: Die stärkste Magie, die es gibt.
Es war nicht Mitch. Nur eine Erinnerung an etwas, das Mason in Wabaugh gesagt hatte. Aber sie setzte sich langsam auf, und ein Schauer überlief sie. Ich habe absolut nichts zu verlieren.
Sie fand Masons Messer, das, mit dem er sich immer die Haare vom Kopf schabte. Sie hatte es ihm nie gesagt, aber sie sah ihm gern dabei zu. Aufgrund dieses völligen Mangels an persönlicher Eitelkeit wirkte er wild und sexy. Bevor sie es sich zweimal überlegen konnte, schnitt sie sich die Handfläche auf. Blut quoll rubinrot glänzend hervor. Sieht es … anders aus? Fast so, als hätte jemand ihre Adern mit gemahlenen Diamanten gefüllt.
Sie konnte sich verwandeln. Das war Magie. Darum glaubte sie daran, mit jeder Faser. Jenna legte die Handfläche fest auf die schwerste von Masons Wunden. Sie erinnerte sich, einmal irgendeinen Roman gelesen zu haben, in dem eine Figur gesagt hatte: Es gibt keine magischen Worte, nur den Willen, der dahintersteht.
»Mein Blut ist dein«, flüsterte sie. »Meine Kraft ist dein. Dein, mein Gefährte.«
Eine ganze Weile geschah nichts, und sie kam sich unglaublich dumm vor. Aber ihr Glaube wurde nicht schwächer. Das unsichtbare Band zwischen ihnen straffte sich und erzitterte. Hitze schoss ihr die Wirbelsäule hinauf, ihre Schulter entlang, dann abwärts, durch den Arm in ihre Handfläche hinab. Wenn sie die Augen zusammenkniff, konnte Jenna ein schwaches Schimmern dort sehen, wo sie die Hand auf Masons Haut presste.
Heiliger Strohsack. Es funktionierte. Es musste funktionieren.
Sie trug ihr Blut überall auf, berührte jede einzelne seiner Wunden. Als das Blut aus dem Schnitt gerann, schnitt sie sich noch einmal. Als sie immer mehr Blut verlor, wurde ihre Wahrnehmung undeutlich, und vor ihren Augen tanzten Funken. Ihr Kopf
Weitere Kostenlose Bücher