Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)

Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Connor
Vom Netzwerk:
wurde die Rückkehr schwieriger. Die Leute in meinen Seminaren schienen jedes Jahr jünger zu werden, aber das lag nur daran, dass ich selbst älter wurde. Am Ende hatte ich das Gefühl, dass es keinen Zweck hatte – dass ich mindestens vierzig sein würde, wenn ich meinen Abschluss machte.«
    »Der Fusel macht dich weinerlich.«
    »Ich habe es mir verdient, ein bisschen weinerlich zu sein.«
    »Und irgendwann bist du dann schwanger geworden?«
    Ange seufzte. Sie rieb sich den Hinterkopf dort, wo das rote Haar zu einem schlampigen Pferdeschwanz verknotet war. »Ja. Mein Ex war ein widerlicher Kerl.«
    »Du hast ihn geheiratet?«
    »Nein, mein Ex-Freund. Ich bin froh, dass er nichts von Penny weiß … wusste. Er hätte irgendeinen Weg gefunden, sie mir wegzunehmen.« Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. »Was für ein tolles Leben, nicht wahr?«
    »Besser als manch ein anderes«, sagte Jenna. »Ich hatte eine Freundin, die gleich nach dem College eine tolle Stelle bekommen hat. Melissa war wunderschön. Nach einer stürmischen Romanze und einer Märchenhochzeit hatte sie dann auch noch ihren Traummann. Sie haben sich ein kleines Cottage wie aus dem Bilderbuch gekauft und immer lange auf den Bahamas Urlaub gemacht. Und dann ist sie an Bauchspeicheldrüsenkrebs gestorben.«
    »Echt?« Ange schüttelte den Kopf. »Hat diese Geschichte eine Moral?«
    »Man stirbt, auch wenn das Leben nicht zum Kotzen ist?«
    »Verdammt.« Ange lachte so ausgelassen, dass sie prustete. »Ist es falsch, dass ich Spaß mit dir habe? Ich sollte doch ein ziemlich schlechtes Gewissen haben, weil ich nicht trübsinnig genug bin.«
    »Mason würde das wahrscheinlich behaupten«, murmelte Jenna, »aber seine Regeln sollten für normale Leute nicht gelten.«
    »Wie ist das überhaupt mit euch beiden? Du behandelst ihn, als wäre er dein verhasster Ex-Mann.«
    »So ist das nicht«, sagte Jenna. »Oder vielleicht doch, abgesehen davon, dass wir weder schöne Zeiten noch Sex hatten, bevor alles den Bach runtergegangen ist.«
    »Heftig«, sagte Ange.
    Jenna setzte sich zu schnell auf, als ob sie so der Tatsache entkommen konnte, wie verlegen sie wurde, wenn sie über Mason sprach. »Ich weiß, dass es nicht fair ist, aber ich kann nicht anders, als ihm die Schuld daran zu geben, dass ich in dieser Situation bin. Ich weiß, ich wäre jetzt tot, wenn er mich nicht geholt hätte. Aber manchmal frage ich mich, ob das nicht besser gewesen wäre.«
    Der Blick der anderen Frau war unerträglich müde. »Es wäre jedenfalls einfacher gewesen. In Pennys Anwesenheit würde ich das nie sagen, aber … ich bin froh, dass meine Eltern nicht mehr da sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass meine Mutter das hier durchgestanden hätte.«
    Jenna erinnerte sich an ihre zerbrechliche Mutter und schüttelte den Kopf. »Meine auch nicht.«
    »Wie war sie so?«
    Es musste am Alkohol liegen. Normalerweise hätte sie keine Zeit darauf verschwendet, über die Vergangenheit zu reden, aber jetzt füllten sich Jennas Augen mit Tränen. »Klein. Zierlich. Man sagt mir nach, dass ich ihre Augen hätte. Ich fand immer, dass sie zerbrechlich wirkte, und es wurde noch schlimmer, nachdem mein Vater uns verlassen hatte.«
    »Sind sie nicht miteinander zurechtgekommen?«
    »Er dachte, er könnte die Welt retten«, sagte Jenna leise. »Irgendwie hat er das hier vorhergesehen und wollte alle bekehren, bevor es zu spät war. In mancherlei Hinsicht wünsche ich mir, er hätte sich ganz dem Weltuntergang gewidmet und sich überhaupt nicht um uns gekümmert. Dann hätte ich nicht alles wieder in den Griff bekommen müssen, nachdem er gegangen war.«
    Und, Gott, das war schwer gewesen! Ihre Mutter war nie eine starke, unabhängige Persönlichkeit gewesen, aber als Mitch noch da gewesen war, hatte sie sich auf ihn gestützt. Nachdem er endgültig verschwunden war, hatte die damals neunjährige Jenna diese Rolle übernommen. Sie erinnerte sich, wie ihre Mutter nachts geweint hatte, weil sie so allein gewesen war und sich nach dem Mann gesehnt hatte, der es vorzog, in den Wäldern zu hausen, statt mit der Frau zusammenzuleben, die ihn liebte. Sein Tod war ihr sogar wie eine Gnade erschienen. Er würde nie mehr zurückkommen. Das hatte ihre Mutter entschlossener gemacht. Sie hatte aufgehört, Trübsal zu blasen, und hatte Jenna ein paar gute Jahre geschenkt, aber der Krebs hatte diese Zufriedenheit ausgehöhlt. Clea Barclay war dahingeschwunden, bis sie kaum mehr als Haut, Knochen und traurige

Weitere Kostenlose Bücher