Die letzte Eskorte: Roman
Schweiß von der Stirn, er reichte einem der Männer die Spake und zog Jacke und Weste aus. Doch dann nahm er das Werkzeug wieder zur Hand, trieb das Ende unter die Kufe des Schlittens und legte sich mit seinem ganzen Gewicht ins Zeug – und tatsächlich gab der Schlitten nach und rutschte wieder ein Stück weiter.
»Das muss reichen!«, rief Hayden. »Leutnant! Geben Sie den Befehl zum Ziehen!«
»Aye, Sir.« Der Leutnant nahm die Sprechtrompete. »Läufer bemannen!«
Mit kratzenden, knirschenden Geräuschen bewegte sich der Schlitten den Abhang hinauf. Die massiven Gleitstützen – zwei vorn nach oben gebogene Kufen aus Holz – hinterließen eine Spur aus zermahlenem Gestein und rostfarbenen Holzresten.
Das uralte Gestein war erstaunlich scharfkantig, fast gezähnt, und verursachte Risswunden an Händen und Füßen der Seeleute. Verletzungen dieser Art bezeichnete die Crew als »Medaillen«, und schon bald hielt man Ausschau nach den am meisten »dekorierten« Männern – wer kaum eine Schürfwunde davongetragen hatte, wurde mit Schmährufen überhäuft und galt als Feigling, der nicht bereit war, für das Vaterland zu bluten.
Ein Wasserträger mit einem Eimer schritt die Trosse entlang, und Hayden nahm dankbar einen Schluck aus der Holzkelle und goss sich den Rest des aufgewärmten Wassers über den Kopf. In diesem Moment glitt der Schlitten zurück, und ein zischendes Geräusch durchschnitt die Luft. Das Tau schlug wie eine Sense die Böschung hinab und verursachte entsetzliche Laute. Die Männer an den Läufern warfen sich instinktiv zu Boden, doch Hayden hörte vereinzelte Schreie. Fünf Fuß schabte der Schlitten bergab, bis er an einem Stein zum Stehen kam. Die Kanone zerrte an ihren Spanngurten. Hayden ließ die Kelle fallen und kletterte die Böschung so schnell hinauf, wie seine müden Arme und Beine es zuließen.
Zu seiner Erleichterung sah er, wie Jinks hinter einem Fels zum Vorschein kam, zwar ohne Hut und völlig zerzaust, aber ansonsten wohlbehalten.
»Sind Sie verletzt, Mr Jinks?«
»Nein, Sir, aber fast hätte mir die Trosse den Kopf abgeschlagen, als ich mich zu Boden warf. Mein Hut ist weg – ich weiß nicht, wo er hingeflogen ist.« Erst dann drangen die stöhnenden Laute der Verletzten in Jinks Bewusstsein. Nachdem er die Böschung bis fast ganz nach oben gelaufen war, kehrte er erschrocken zu Hayden zurück.
Hayden hörte die Stimmen der Männer. Rufe nach einem Arzt wurden laut.
Drei Mann lagen im Geröll der korsischen Berge, einer von ihnen hatte eine klaffende Wunde auf der rechten Bauchseite. Der Zweite wies an Brust und Oberarm eine hässliche Strieme auf, so dick wie ein Arm. Beide Männer litten Schmerzen und hielten sich in ihrem Stöhnen nicht zurück. Der Dritte hatte einen Schlag an die Schläfe erhalten und lag am Boden, doch zumindest atmete er noch.
»Mr Jinks«, sagte Hayden, als er sich vom ersten Schreck erholt hatte, »klettern Sie nach unten und sichern Sie die Kanone. Schicken Sie einen Mann hinunter zum Strand und rufen Sie einen Schiffsarzt. Wir werden Tragen bauen, um die Männer fortschaffen zu können.«
» Kapitän Hayden! «, kam es aus beträchtlicher Ferne.
Als Hayden sich umdrehte, sah er Kochler und einige andere Offiziere, die den Transport der Geschütze aus der Ferne beobachtet hatten und jetzt die Böschung herabeilten. »Wir haben unseren Feldarzt informiert. Er wird jeden Augenblick hier sein.«
Auch Moore hatte sich kurz nach dem Unglück sofort auf den Weg gemacht.
»Mr Jinks ...«, sagte Hayden leise.
»Aye, Sir. Soll ich noch unseren Schiffsarzt rufen?«
»Nein. Aber Tragen werden wir nach wie vor brauchen.«
Kochler erreichte Hayden noch vor Moore, gefolgt von einigen jüngeren Offizieren. Einen Augenblick lang stand der Major nach Atem ringend da und starrte auf die Verletzten. »Unser Feldscher ist in weniger als zwanzig Minuten hier, da bin ich sicher.« Sein Blick wanderte zu Hayden. »Es tut mir leid, Kapitän. Das war großes Pech. Aber unser Chirurg hat Erfahrung. Er flickt die Männer wieder zusammen, das verspreche ich Ihnen.«
Minute um Minute verrann, und Hayden erlebte die längste Viertelstunde seines Lebens. Die Matrosen versuchten, die Blutung ihres Kameraden mit ihren Hemden zu stoppen, doch der Stoff färbte sich rasch rot. Der Verletzte verlor das Bewusstsein. Seine Kameraden glaubten jedes Mal, er sei schon tot, doch dann riss er wieder die Augen auf und stöhnte leise.
Endlich kam der Arzt die Böschung
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