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Die letzte Eskorte: Roman

Die letzte Eskorte: Roman

Titel: Die letzte Eskorte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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Zwielicht des Abends sogar noch schwieriger. Fackeln wurden entzündet, aber gerade der Übergang vom Tageslicht zum Schein der Fackeln war eine ungünstige Zeit, da sich das Auge erst an die neuen Lichtverhältnisse gewöhnen musste. Erst ganz allmählich wirkten die Fackeln heller.
    Schlussendlich saßen die Spleiße, die Trosse wurde gespannt.
    »Befehl zum Ziehen geben, Mr Jinks!«, rief Hayden von seinem Platz neben der großen Kanone aus.
    Der Schlitten ruckelte ein wenig, als sich die Trosse weiter spannte, glitt einen Zoll nach vorn, blieb stehen und bewegte sich knarrend und leicht schwankend die Böschung hinauf. Kleinere Steine auf der Strecke trotzten der Last nur kurz und wurden schlichtweg zermalmt.
    Hayden bohrte seine Spake in den harten Boden und korrigierte die Bahn des Schlittens ein wenig nach steuerbord. Zwei Fackelträger stolperten neben der Fracht her und versuchten, sowohl den Schlitten als auch das Gelände ausreichend auszuleuchten. Wann immer der Schlitten an Kanten ins Stocken geriet, stemmten Hayden und seine Leute hastig den Bug nach oben, damit die Spannung auf der Trosse nicht zu groß wurde. Der Schlitten glitt einen Fuß vorwärts, ehe er wieder langsamer über das Gestein schabte. Im Schein der Fackeln sah die Kanone wie eine riesige Made aus, die behäbig den Hang hinaufkroch.
    Auf halber Strecke fanden sie eine Stelle, wo sich der Schlitten verkeilen ließ, damit die Männer eine Pause einlegen konnten. Hayden stand vornübergebeugt da und rang nach Atem. Das Leben an Bord eines Schiffes bereitete einen Mann wahrlich nicht auf diese Art der Schinderei vor.
    Nachdem die Männer aus den Eimern getrunken hatten, die die Schiffsjungen unablässig anschleppten, wies Hayden den Leutnant an, die Trossen zu bemannen. Der Schlitten rutschte weiter, begleitet von Fackelträgern, deren mildes Licht auf die zerklüftete Bergwelt fiel.
    Die Anhöhe kam in Sichtweite, so unerwartet wie ein stummer Wal, der sich aus der dunklen See erhebt. Nur noch wenige Fuß, und sie hatten es geschafft. Hayden gab Jinks weiter unten Bescheid und stützte sich dann schwer auf das Kanonenrohr. Die warme mediterrane Luft füllte seine Lungen. In dieser Höhe wehte die salzige Luft der See heran, und Hayden verspürte mit einem Mal Sehnsucht nach seinem Schiff. Er wünschte, dieser Krieg an Land nähme ein Ende, denn dafür war Hayden nicht ausgebildet.
    »Ich will doch sehr hoffen, dass sich Kochler in meinem Beisein bei Ihnen entschuldigt«, vernahm Hayden eine Stimme. Weiter oben stand Moore, die Hände in die Hüften gestützt, und blickte mit einem strahlenden Lächeln auf Hayden hinab.
    »Ich lege nicht viel Wert auf Entschuldigungen, Oberst. Mir ist es Lohn genug, wenn wir es bis nach ganz oben geschafft haben.« Trotz der körperlichen Erschöpfung verspürte Hayden ein Hochgefühl, ganz so, als wäre die Bergspitze nur ein erster Schritt gewesen, um noch höher zu fliegen.
    »Ich möchte Ihnen von Herzen gratulieren, Kapitän!«, sagte Jinks, der nun schwer atmend die Felskante überwand.
    »Und ich Ihnen, Jinks. Es kommt nicht jeden Tag vor, dass man das Unmögliche möglich macht.« Hayden tätschelte das Geschütz fast liebevoll. »Und doch steht hier jetzt eine von Mr Blomefields Achtzehnpfündern, auf einem Berg, wo das Geschütz eigentlich gar nicht hingehört.« Er deutete die Böschung hinunter. »All diese Männer können stolz auf sich sein.«
    »Ebenso wie Sie, Sir.« Jinks nickte Moore zu. »Oberst.«
    »Die Männer sollen sich ausruhen, ehe sie die Trosse wieder nach unten tragen, Mr Jinks. Dann nehmen wir uns den zweiten Achtzehnpfünder vor. Noch vor Mitternacht. Und morgen, wenn die Lafetten und die Haubitze auch hier oben stehen, haben die Männer frei und dürfen machen, was sie wollen.«
    »Aye, Sir.«
    Eine Fadenlänge der Trosse, so schätzte Hayden, wog bis zu vierzig Pfund – im trockenen Zustand – und eine Kabellänge hatte einhundert Faden, mehr oder weniger. Da man mehrere Trossen der Länge nach gespleißt hatte, ergab sich ein beachtliches Gewicht. Auf diesem unebenen Boden brauchte man einen Mann pro Fadenlänge, um die Trosse bewegen zu können, und Hayden hatte nicht genug Leute, obwohl er bereits die korsische Miliz zum Dienst gepresst hatte. Und dennoch, nie würde er die Armee um Hilfe ersuchen, denn Kochler und einige andere hatten so viel Geringschätzung erkennen lassen, dass Hayden sich geschworen hatte, kein Soldat der Armee solle sich rühmen, zu dem Erfolg

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