Die letzte Eskorte: Roman
hielten sich von einem Fass fern, das man in die Mitte des Decks gezogen hatte. Der Geruch von Öl und Fett stieg Hayden in die Nase.
»Die Laternen löschen!«, befahl er. »Männer an den Leitern positionieren. Niemand kommt mir mit offenem Licht unter Deck! Keine Waffe abfeuern, unter keinen Umständen.«
Die Männer befolgten die Befehle und bliesen die Laternen aus, aber bevor es dunkel wurde, hatte Hayden noch einen Blick erhascht auf ein zerrissenes und getränktes Segeltuch und Zunderstücke in dem Fass.
»Auf dem Deck liegt Pulver, Sir!«, rief einer der Männer.
»Kapitän Hayden?« Es war der Mann, den Hawthorne geschickt hatte. »Mr Hawthorne ist unten im Laderaum.«
»Gehen Sie voraus.« Hayden hatte geglaubt, dass man ihn wegen des präparierten Fasses unter Deck gerufen hatte. »Männer, werft dieses Fass über Bord. Löscht alle Lichter an Deck, bis das Pulver entfernt wurde. Macht die Planken nass.«
Hayden kletterte tiefer in den dunklen Rumpf und hatte mit einem Mal Bedenken, dass sich irgendwo in den Schatten noch Franzosen aufhalten könnten. Weiter vorn entdeckte er den Schein einer Laterne. Hawthorne und einige Matrosen schoben mit aller Kraft ein Proviantfass zur Seite. Ein anderer Matrose war auf allen vieren in der Bilge und tastete in dem Wasser, das fast kniehoch stand.
»Vielleicht haben sie eine Decknaht aufgemacht, Mr Hawthorne«, sagte der Mann. Seine Stimme hallte im Laderaum wider.
»Eine Decknaht!«, höhnte einer der Toppgasten. »Was für ein Quatsch wäre das?« Auch dieser Mann sprang nun ins Wasser in der Bilge.
»Dringt viel Wasser ein, Mr Hawthorne?«
Der Leutnant der Seesoldaten schaute auf, als Hayden auf die Fässer sprang.
»Aye, Sir. In den letzten Minuten ist das Wasser bestimmt um einen Fuß gestiegen.«
Hayden fluchte.
Einer der Männer in der Bilge schlug mit der Faust gegen ein Fass. »Das hier muss weg.«
Ein großer Hammer war rasch zur Hand, der Deckel wurde zerschlagen. Salzlake und gepökelte Fleischstücke schwappten heraus und schwammen im Bilgewasser. Hayden stieg nun selbst ins Wasser und half den Männern, das leere Fass wegzurollen.
Der Matrose tastete weiter den Kiel ab, das Wasser ging ihm bis zum Kinn. »Ich bin mir nicht sicher, Kapitän, wo das Wasser eindringt. Sehen Sie, wie schnell es steigt! Die Decknähte und die Planken der Wegerung sind stellenweise weggeschlagen. Vielleicht haben die Franzmänner Löcher hineingebohrt und dann die Fässer darüber gerollt, damit wir die Lecks nicht finden.«
Das Wasser drang nun so schnell ein, dass Hayden die Veränderung des Pegelstands mit eigenen Augen sehen konnte. Einige Matrosen tauchten auf der Plattform auf und schauten hinab in die Bilge. »Mr Dryden? Sind Sie das?«
»Ja, Kapitän.«
»Wir müssen das Leck abdichten, sobald wir es finden. Haben Sie Erfahrung mit so etwas?«
»Habe ich, Sir.« Ohne weitere Befehle abzuwarten, kletterte Dryden die Leiter wieder nach oben.
Hayden berührte einen der Männer am Arm – da immer noch alle schwarz im Gesicht waren, wusste er nicht, wen genau er vor sich hatte. »Holen Sie Männer für die Lenzpumpen. Wir verlieren noch unsere Prise, wenn wir das Wasser nicht abpumpen können.«
»Aye, Sir.« Der Mann kletterte aus dem Wasser, und Augenblicke später hallte das Knarren der Pumpenschwengel von den Laderaumwänden wider.
Hayden sah, wie seine Leute verzweifelt versuchten, in dem beständig steigenden Wasser nach den undichten Stellen zu tasten. »Haben Sie das Leck gefunden?«
Doch Hayden gab die Hoffnung auf, sah er doch, dass der Wasserstand inzwischen zu hoch war, um irgendwelche Reparaturen vorzunehmen, selbst wenn man jetzt das Leck fände.
»Machen Sie vorerst weiter«, sagte er zu Hawthorne, kletterte dann auf die Fässer und stieg auf die Plattform. Die Leiter stand schon im Wasser, als er hinaufkletterte. Auf dem Batteriedeck rackerten sich die Männer an den Lenzpumpen ab und rangen nach Luft. Sie wollten dieses Schiff noch nicht aufgeben, denn schließlich war es eine Prise, doch Hayden ahnte, dass die Männer dieses Tempo beim Pumpen nicht lange durchhalten würden.
Kaum zurück in der kühlen Nachtluft, zuckte Hayden beim Anblick der brennenden Fortunée zusammen. Die Flammen schossen bereits die Takelage hinauf und setzten Teile der Segel in Brand. Aus den Tiefen des Rumpfes quoll eine Rauchsäule in die Nacht und verdeckte die Sterne. Die Schwaden breiteten sich über der Bucht aus.
»Errette uns«, murmelte Hayden.
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