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Die letzte Eskorte: Roman

Die letzte Eskorte: Roman

Titel: Die letzte Eskorte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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gehöriges Glück gehabt. Ich habe mich noch gar nicht dafür bedankt, dass Sie mir das Leben gerettet haben – Sie und Mr Wickham.«
    Gould blickte zunächst verwirrt drein, dann überrascht. »War mir eine Ehre, Sir ...«
    Beide schwiegen einen Augenblick lang.
    »Wir haben eine ganze Anzahl Männer verloren, Kapitän Hayden. Und von denen, die ich in die Boote schickte ...«, er hielt inne und schien nicht weitersprechen zu können, »... werden womöglich nicht viele überleben.«
    »Mr Gould, Sie haben in nur wenigen Wochen die harte Seite der Royal Navy kennengelernt. Hätte auch ich zu Beginn meiner Laufbahn so viel Schlimmes erlebt, ich weiß nicht, wie ich mich dann gefühlt hätte.«
    »Ich bin mir nicht mehr so sicher, ob ich für diesen Beruf geschaffen bin, Kapitän«, bekannte Gould und wandte sich ein wenig ab – um sein Gesicht zu verbergen.
    Hayden wusste nicht recht, was er dem jungen Mann sagen sollte. »Die Brutalität bei den Einsätzen, das Töten ...« Er vermochte nicht einzuschätzen, in welche Richtung seine Antwort gehen würde. »Nicht jeder kann sich mit diesen Erfahrungen leicht abfinden. Selbst ich weiß nicht, ob ich alles verarbeitet habe, und dabei habe ich schon viel erlebt und gesehen.«
    »Es ist schwer – Sir«, erwiderte der Junge und bemühte sich, das Zittern in seiner Stimme zu beherrschen. »Ein Mensch, den ich nie zuvor getroffen habe, ist darauf aus, mich zu töten – und ich spüre, dass ich genauso erpicht darauf bin, ihn umzubringen. Dabei hat dieser Mensch mir nichts getan und ich ihm auch nicht.« Er unterbrach sich, da sein Mund ganz trocken war. »Das erscheint mir – irrsinnig.«
    Hayden konnte ihm nur beipflichten. Manchmal kam auch ihm all das wie grenzenloser Irrsinn vor: Ein wildfremder Mensch könnte seinem Leben ein Ende bereiten, und die Gründe für diese Tat blieben dann unverständlich.
    »Wenn ich Sie bitten dürfte, Kapitän ...«, kam eine Stimme aus dem Dunkeln.
    Hayden drehte sich um und sah einen Matrosen, der keine zwei Schritt von der Reling entfernt stand.
    »Einer der Franzmänner, Sir. Seine Wunde ist aufgeplatzt, und jetzt hat er die Besinnung verloren.«
    Hayden setzte zur Antwort an, doch Gould kam ihm zuvor.
    »Ich kümmere mich um ihn.« Zu Hayden gewandt, sagte er: »Wenn Sie mich nicht anderweitig eingeteilt haben, Sir.«
    Das Mondlicht schien nun heller aufs Deck, und Hayden konnte die Verzweiflung in Goulds Miene sehen. »Gehen Sie, kümmern Sie sich um den Mann, Mr Gould.«
    Wickham tauchte aus dem Niedergang auf, schaute sich an Deck um und eilte dann zum Quarterdeck.
    »Ich denke, sie liegt sicher auf Grund, Sir. Es dringt kein neues Wasser ein.«
    »Da dürften Sie recht haben, Mr Wickham. Spüren Sie nicht die Veränderung in der Bewegung? Besser gesagt, sie bewegt sich überhaupt nicht mehr.«
    Wickham schwieg und schloss für einen Moment die Augen.
    »Nun, die Bucht ist sehr ruhig, Sir.«
    »Ja, aber das Deck neigt sich nun nach vorn, was Sie zweifellos bei Tageslicht sehen werden. Wir haben einige verletzte Franzosen, die sich Dr. Griffiths einmal ansehen sollte. Und wir sollten Leinen zum Großtopp spannen. Bringen Sie einen Warpanker nach steuerbord aus und ein Seil backbord zum Ufer. Ich glaube zwar nicht, dass sie krängen wird, aber bei diesem Untergrund weiß man nie. Ich will nichts riskieren.«
    »Aye, Sir. Kann ich Mr Drydens Hilfe in Anspruch nehmen? Er ist bereits in einem der Boote.«
    »Ja, sicher.« Bei der nächsten Frage zögerte Hayden. »Haben wir schon die Liste der Toten, Mr Wickham?«
    »Fünfzehn Tote, Sir«, erwiderte er leise. »Und viele Verletzte. Zweiundzwanzig, wenn ich richtig gezählt habe.«
    »Mehr als ich befürchtete«, kam es im Flüsterton von Hayden.
    »Wir sind besser davongekommen als die Männer der Foxhound, Sir.« Er holte tief Luft. »Ich möchte lieber nicht wissen, wie viele von ihnen getötet oder verstümmelt wurden.«
    »Ja, ich weiß auch nicht, was die so dicht bei der Fortunée zu suchen hatten, ehe wir die Minerve erreichten.«

K APITEL NEUNZEHN
    Hayden unternahm einen zweiten Versuch, sein Halstuch vorzeigbar zu binden, als es an seine Kajütentür klopfte. Der wachhabende Seesoldat meldete Mr Hawthorne.
    »Ah, Mr Hawthorne, kann ich Ihnen behilflich sein?«
    Der Leutnant der Seesoldaten hatte ein verschwörerisches Lächeln aufgesetzt. »Nein, Kapitän. Ich bin nur gekommen, um Ihnen viel Glück zu wünschen.«
    »Mir war gar nicht bewusst, dass ich auf Glück

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