Die letzte Eskorte: Roman
den Backbordlaufsteg schlich. Ohne eine Waffe zu erheben, eilte er weiter nach vorn, in der Hoffnung, dass sein marineblauer Mantel ihn im Mondlicht nicht verriet. Zudem war es nicht ungewöhnlich, dass ein Offizier, gefolgt von seinen Männern, über das Deck eilte. Aber er brauchte sich ohnehin keine Sorgen zu machen. Denn die französische Crew war so sehr damit beschäftigt, die englischen Boote zu vertreiben, dass niemand einen Blick über die eigene Schulter warf.
Hayden mochte noch ungefähr zwölf Schritte von den Gegnern entfernt sein, als sich ein französischer Matrose zufällig umdrehte. Der Mann stutzte einen Moment, bevor er die Situation erfasste.
»Sie greifen uns an!«, schrie er auf Französisch. »Die Engländer kommen!«
Hayden stürmte nach vorn, doch Hawthorne kam ihm zuvor und stieß dem Mann das Entermesser durch die Brust. Mit seinem ersten Stich in die Masse der Männer traf Hayden zunächst auf Knochen, und die Klinge glitt ab, doch schon bei dem zweiten Hieb bohrte sich der Stahl tief in den Körper eines Gegners.
Augenblicke später fand Hayden sich inmitten eines wahren Getümmels wieder. Pistolen wurden abgefeuert, Klingen wurden gekreuzt, Säbel sausten durch die Luft, trafen oder wurden pariert.
Ein hünenhafter Franzose warf mit Kanonenkugeln um sich und traf einen Mann der Themis tödlich am Kopf. Hayden hatte die zweite Pistole gezogen und schoss dem Riesen aus zehn Schritt Entfernung in die Brust. Der Franzose ließ zwar die Kugel sinken, die er zu werfen gedachte, starrte dann jedoch auf den Blutfleck auf seinem Hemd, schaute wieder zu Hayden auf und stürzte sich, die Kugel über den Kopf schwenkend, mit wildem Gebrüll auf den Gegner. Hayden wich instinktiv zurück, riss dann aber den Säbel hoch, da er ahnte, dass sich der Hüne nicht aufhalten lassen würde.
In diesem Moment trat Gould entschlossen vor und schoss auf den Mann, aber auch die zweite Kugel brachte den Franzosen nicht zu Fall. Hayden duckte sich im richtigen Augenblick und spürte, wie die Kugel an seinem Kopf vorbeirauschte. Eine riesige Faust traf ihn an der Schulter, sodass er hart auf den Planken landete und den Säbel nicht mehr festhalten konnte, der scheppernd über das Deck rutschte. Nun stürzte sich der wutentbrannte Riese vollends auf ihn und holte zu einem weiteren Faustschlag aus, bis er mit einem Mal innehielt und verwirrt dreinblickte. Schwer sackte er auf die linke Hüfte und fiel beinahe mit seinem ganzen Gewicht auf Hayden. Eine Klinge steckte in seinem Nacken und schaute auf der anderen Seite heraus, eine zweite Klinge hatte ihm jemand ins Herz gerammt.
Hayden schaute auf und erkannte, dass Wickham und Gould gleichzeitig auf den Hünen eingestochen hatten. Gould ließ nun das Entermesser los, riss die Pistole aus seinem Gürtel, zielte auf die Schläfe des Franzosen und feuerte aus sechs Zoll Entfernung. Der Hüne sank reglos auf die Planken, das Haar angesengt. Gould und Wickham zogen Hayden wieder auf die Füße, während ihm ein anderer den Säbel in die Hand drückte.
»Sind Sie verletzt, Kapitän?«, schrie Gould über den Lärm hinweg mit hochroten Wangen. Der Hut war ihm vom Kopf geflogen.
»Nein ...« Aber stimmte das? Seine linke Schulter war taub. »Nein, ich glaube nicht.«
Wickham und Gould zogen ihre Klingen aus dem Körper des toten Franzosen und waren Sekunden später, Seite an Seite mit ihrem Kapitän, erneut in Zweikämpfe verwickelt.
Hayden hatte den Überblick verloren, er vermochte nicht mehr zu sagen, ob sie den Sieg davontragen oder untergehen würden. Es war ein verzweifelt geführtes Gefecht, die Planken waren rutschig vom Blut. Ringsherum fielen Männer, und schon bald suchten Hayden und seine Midshipmen im Kampf Halt auf den reglosen Körpern.
Aus den Augenwinkeln gewahrte Hayden, dass auch hinter ihm ein heftiger Kampf tobte, und fragte sich, woher all diese Franzosen gekommen sein mochten.
Ein Gegner versuchte zweimal, Hayden mit einer Pike zu treffen, doch beide Male konnte Hayden ausweichen. Danach zielte der Mann nach Haydens Kopf, aber auch diesem Vorstoß wich Hayden aus, doch die Spitze der Pike durchstieß den Stoff seiner Uniform und ritzte seine Haut. Diesen Moment nutzte Hayden seinerseits zu einem Ausfallschritt, stieß zu und rammte dem Franzosen den Säbel in die Brust.
Hayden trat einen Schritt zurück und tastete seinen Bauch ab, rechnete er doch damit, seine Gedärme zu spüren. Er blutete, so viel stand fest, aber die Pike hatte ihn
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