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Die letzte Fahrt des Tramp Steamer

Die letzte Fahrt des Tramp Steamer

Titel: Die letzte Fahrt des Tramp Steamer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Álvaro Mutis
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Ethik deckten. Wir trafen uns in einem indonesischen Hafenrestaurant, wo ich lustlos eins dieser orientalischen Gerichte verzehrte, die einzig dazu taugen, einem den Appetit zu nehmen. Im selben Augenblick protestierten wir, sie und ich, wegen irgendeiner Schlamperei bei der Bedienung, und schließlich gingen wir gemeinsam in ein bescheidenes Bistro, um das allergewöhnlichste, reichhaltigste belgische Gericht zu essen. Dort nahm mein Leben eine Wendung, die ich nie geahnt hätte.«
    »Aber wie war das möglich? Ich verstehe nicht, wie bei jemandem Ihres Charakters solche Wendungen geschehen können. Das entspricht nicht der Wesensart Ihrer Landsleute. Sie sind rebellisch, gewiss, und in keiner Weise konformistisch, aber sie pflegen nach ihren Prinzipien zu sterben, in ihrem Geburtsdorf und bei der Ausübung des Berufs, den sie als junge Menschen gelernt haben.«
    »Glauben Sie das nicht. Man muss immer auf solche Überraschungen gefasst sein; sie reifen und brechen dann hervor, ohne dass wir ihr Heranwachsen wahrgenommen haben. Das sind Dinge, deren Ursprung weit zurückliegt. Jedenfalls wurde ich, ein Mann, der es sich zur starren Regel gemacht hatte, immer auf mehr oder weniger bekannten Schifffahrtsrouten zu arbeiten und jede Art von Experimenten und eigenmächtigen Abenteuern zu meiden, auf einmal Teilhaber und Kapitän eines Tramp Steamer, der aussah, als würde er von einem Moment auf den andern untergehen. Einen solchen Kasten hatte ich noch nie gesehen.«
    Sogleich wurde in meiner Erinnerung etwas aufgewühlt, sodass ich meinen Freund mit einer Neugier, die ihn misstrauisch machte, fragte: »Das Schiff lag in Antwerpen vor Anker, und dort stachen Sie mit ihm in See? Sie kennen ja die Regeln des Hafens, was diese abenteuerlichen Frachter betrifft, und den Wartungszustand, der dort verlangt wird, damit man an seinen Molen anlegen kann.«
    »Nein, natürlich nicht. Er lag nicht in Antwerpen«, antwortete er und lächelte über meine nautischen Kenntnisse, die übrigens nicht sehr viel weiter reichten. »Er wurde mir in der Adria übergeben, in Pola, um genau zu sein. Sie hätten ihn sehen sollen. Sein ruinöser Zustand war schon ein sehenswerter Anblick. Sein Name war nicht weniger fantastisch und übertrieben. Er hieß wie der mythische Vogel, der sein Nest mitten auf dem Meer baut. Oder, anders gesagt, wie die Frau, die mit ihrem Mann glücklicher sein wollte als Zeus und Hera und wo dann beide in Eisvögel verwandelt wurden.«
    Ein leichter Schauer lief mir über den Rücken. Es gibt Koinzidenzen, die jede mögliche Vorsicht zunichte machen und dadurch unerträglich werden können, da sie eine Welt offenbaren, wo Gesetze gelten, die uns weder bekannt sind noch zu unserer gewöhnlichen Ordnung gehören. Mit einer Stimme, die meine Verwirrung verriet, konnte ich nur fragen: »Alción?«
    »Ja.« Iturri sah mich misstrauisch an.
    »Ich fürchte, hier schließt sich für mich ein rätselhafter Kreis, der mich über alle Maßen beschäftigt und nicht nur viele wache Stunden, sondern auch einen großen Teil meiner Träume beherrscht hat.«
    »Wie denn das? Ich verstehe Sie nicht ganz.« Iturris Brauen zogen sich über seinen grauen Augen zusammen, als wäre er eine Katze, nicht drohend, aber wachsam und unruhig.
    In einer knappen Zusammenfassung schilderte ich ihm meine Begegnungen mit der Alción und was sie für mich bedeuteten, wie auch die inbrünstige Solidarität, die sie schließlich in mir geweckt hatte, und unsere letzte Begegnung an der Orinoko-Mündung. Danach sagte Iturri lange Zeit kein Wort. Auch ich hatte keinerlei Verlangen, irgendeine Bemerkung zu machen. Jeder musste von seinem Blickwinkel aus die Elemente unserer noch jungen Beziehung und den Schwindel erregenden Verkehr von Geistern neu ordnen, die durch einen fast unfasslichen Zufall geweckt worden waren. Als ich schon annahm, an diesem Abend würde das Gespräch keine Fortsetzung mehr finden, hörte ich ihn leise sagen: » Anzoátegui – das Küstenwachschiff hieß Anzoátegui. Mein Gott, was für Wege das Leben geht! Und wir meinen, wir könnten sie steuern. Wie naiv wir doch sind. Immer tappen wir im Dunkeln. Na ja. Ist ja egal.« Mit quevedoscher Noblesse half ihm Resignation aus der Not. In natürlicherem Ton und als versuchte er alles auf den Weg der Normalität zurückzuführen, die es erträglicher machen sollte, bemerkte er:
    »So wurde also der arme Tramp Steamer, der mehrere Jahre lang nicht einmal einen vollständigen Namen am

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